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Jahresschluss-Collegium am 04. Dezember 2014 im Alten Rathaus zu Bremen

Jahresschluss-Collegium am 04. Dezember 2014 im Alten Rathaus zu Bremen

Sprecher des Collegiums

Dr. Patrick Wendisch

Vortrag in der Collegiumsrunde

Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup

Thema

„WER HAT, DEM WIRD GEGEBEN – Die neue Verteilungsdebatte:
Anspruch und Wirklichkeit“

Jahresschluss-Collegium am 04. Dezember 2014 im Alten Rathaus zu Bremen

Begrüßung – Dr. Patrick Wendisch

Sehr geehrte Herren,

willkommen im Bremer Rathaus zum Tabak-Collegium. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir das Jahresschluss-Collegium, hier in unserem Rathaus der Freien Hansestadt Bremen, einem Weltkulturerbe, begehen – aber es ist schön!

Um etwas gleichwertig Schönes auch in einer alten Stadtrepublik zu finden, habe ich mich zur Vorbereitung auf dieses Tabak-Collegium nach Siena in die Toskana begeben. Siena war neben Florenz auch eine sehr reiche, stolze Stadtrepublik und Handelsstadt.
Es hat aber im Gegensatz zu Bremen diesen Status verloren – bereits im Jahre 1559. Es war durch die ewige Streiterei mit Florenz so sehr geschwächt, dass es seine Eigenständigkeit nicht weiter behaupten konnte. Florenz hatte dies aber auch nicht viel genützt, denn es ereilte diese Stadt das gleiche Schicksal. Was lernen wir daraus? Erstens: Man soll sich nicht mit seinem Nachbarn streiten und zweitens: Es ist eben Bremen in Europa überlassen, heute als die älteste Stadtrepublik unserer Zeit zu gelten.

Sie werden sich nun fragen, was Siena mit dem Bremer Tabak Collegium zu tun hat.
Nun, in Siena war der Tabak-Genuss im Mittelalter privilegiert. Es musste extra eine Lizenz zum Tabakrauchen erworben werden. Wer ohne Lizenz rauchte und erwischt wurde, der musste eine Woche mit einer Büßerkette um den Hals herumlaufen, die mit überdimensionierten Pfeifen bestückt war. Das war nicht nur peinlich, sondern auch sehr unhandlich. Diesen mittelalterliche Vorläufer des Rauchverbotes – eben ohne Lizenz – habe ich in Siena im Foltermuseum aufgeschnappt. Damals haben die mit Gesetzesbrechern noch ganz andere Sachen angestellt. Wenn es diese Folterstrafen noch gäbe, könnte man vollständig auf den Ankauf von Steuer CD’s verzichten.
Wir haben uns daher heute fest vorgenommen, Sie von derlei Ungemach freizuhalten, obwohl es ohne Mittelwächter aus dem Zinnlöffel und ohne der obligatorischen Tonpfeife wohl nicht gehen wird. Beides dürfen Sie am Ende auch mitnehmen. Sie müssen es nur nicht als Kette um den Hals tragen, denn die Lizenz zum Rauchen – James Bond lässt grüßen – haben Sie durch Ihre ehrenvolle Einladung zum Tabak-Collegium bereits erworben.

Dass wir in diesem Hause rauchen dürfen, verdanken wir der unermesslichen Großherzigkeit des Bremer Senats, der sich – wie wir – unseren alten Sitten und Gebräuchen traditionell verpflichtet fühlt. Stellvertretend für den Senat der Freien Hansestadt Bremen begrüße ich zu unserer großen Freude und als gern gesehenen Gast unseren Wirtschafts- und Justizsenator Martin Günthner.

Sie werden staunen, wie viele bedeutende Parallelen es zwischen Siena und unserer Hansestadt gibt.

Im Dom Santa Maria Assunta ist der Fußboden ein einzigartiges Kunstwerk aus Marmorintarsienarbeiten, die 56 Darstellungen aus dem Alten Testament zeigen. Der Fußboden ist nur an zwei Monaten im Jahre zum Schutz der Oberfläche geöffnet. Die Arbeiten wurden 1369 begonnen und dauerten 200 Jahre bis zur Fertigstellung. Dagegen sind die Bauwerke in Bremen mit ähnlichen kulturhistorischer Dimensionen ein Klacks. Die Ringautobahn A 281 wurde 1992 im ersten Teilabschnitt begonnen. Demnach hätten wir immer noch locker 178 Jahre Zeit bis zur Fertigstellung. Wo also – meine Herren – ist das Problem?
Wahrscheinlich werden wir die Autobahn dann aber auch, wie in Siena, zum Schutz der Oberfläche nur zwei Monate im Jahr den Unbillen des Straßenverkehrs preisgeben.

Ernst beiseite: Dafür haben wir unser herrliches Rathaus von 1405 bis 1410 in nur fünf Jahren erbaut und die Häfen und Containerkajen in Rekordzeit hochgezogen. Die Bremer können es also doch.

Macht und Größe haben von jeher auch nach baulichem Ausdruck verlangt und die stolze Hansestadt hat mindestens mit diesem wunderschönen Rathaus geliefert.

Das Tabak-Collegium steht ja in der Tradition der Preußenkönige, deren Tugend es war unter anderem als besonders sparsam zu gelten. Das sind wir in Bremen – da mögen Sie möglicherweise drüber lachen – auch. Der Schuldenbremse ist es zu verdanken, dass in öffentlichen Haushalten die Reduktion von neuen Verschuldensspielräumen bereits als Sparen definiert wird. Dann kann man also mit Fug und Recht behaupten, dass Bremen einer der sparsamsten Gliedstaaten der Bundesrepublik Deutschland ist.

Aber im Ernst: Ich kann Ihnen dies nicht ersparen. Die öffentliche Verschuldung dieses kleinen Bundeslandes ist im Wesentlichen durch eine völlig schiefe Finanzverteilung seit 1969 verursacht. Schätzungen gehen von einem Steuerverlust durch Pendler allein von 500 Millionen Euro jährlich aus, natürlich sind das zumeist diejenigen Steuerzahler, die die großen und soliden Tickets abführen.

Finanzwissenschaftlich gelten wir zugleich als reich, – meine Herren –, was wir der saldenmechanischen Theorie unseres heutigen Gästeredners Herrn Prof. Dr. Bert Rürup, den ich an dieser Stelle ausdrücklich und herzlich begrüßen möchte, verdanken, die da lautet: „Jedem Schuldner steht in gleicher Höhe ein Gläubiger gegenüber.“ Insofern ist öffentliche Verschuldung gleichbedeutend mit privatem Reichtum und – meine Herren – diese Erkenntnis bedeutet, machen wir uns nichts vor, sprechen wir es aus, dann haben wir es leichter, sie befinden sich in einer sehr, sehr reichen Stadt.

Das war zwar nicht die eleganteste Überleitung zu unserem heutigen Ehrengast und auch nicht die einzige, aber es war die naheliegenste. Eine solche Verbindung zwanglos herzustellen ist üblicherweise nicht ganz einfach, aber für den geübten Begrüßungsredner doch ein Kinderspiel.

Eine weitere Verbindung Bremens zu Prof. Rürup ergibt sich locker aus dessen Geburtsort – Essen. Das ist bekanntlich die Heimatstadt des Fußballvereins Rot- Weiss Essen.

Bei Rot-Weiss Essen spielte damals nicht nur Ente Lippens, sondern auch Otto Rehhagel, der unseren heißgeliebten Fußballclub Werder Bremen bis zur Meisterschaft führte und hier als Trainer zu Höchstform auflief. Später wurde er sogar mit den Griechen – wer hätte das gedacht – Europameister.

Prof. Rürup lehrte an der Technischen Universität Darmstadt, in der er die Königsdisziplin der Nationalökonomen, die der Finanzwissenschaft, virtuos beherrschte. Der Urvater der modernen Nationalökonomie ist bekanntlich Adam Smith, der in Edinburgh in Schottland sein berühmtes Werk „Der Wohlstand der Nationen“ geschrieben hat.
Er meinte übrigens den Wohlstand aller Bürger einer Nation.

Wenn man sich jetzt also fragt, warum wir in Bremen ausgerechnet dieses bedeutende volkswirtschaftliche Thema, nämlich das Wohlstandgefälle zwischen Armen und Reichen thematisieren, dann ergibt sich das rein geographisch schon aus folgender Achse.
Wenn man jetzt nämlich eine gerade Linie von Griechenland, mit dem Otto Rehhagel Europameister wurde, über Darmstadt, der Wirkstätte von Herrn Prof. Rürup, bis nach Edinburgh zur Universität von Adam Smith, dem Urvater der modernen Nationalökonomie zieht, dann geht diese Achse genau durch Bremen, meine Herren, und zwar durch dieses Rathaus, indem wir alle heute in so freudiger Erwartung auf die Rede von Prof. Rürup stehen. Jetzt suchen Sie vor Ihrem geistigen Auge die Seite im Diercke Weltatlas. Damit ist die Latte für dessen Rede durch diesen schicksalhaften Zufall der Geographie natürlich recht hoch gelegt.

Rot-Weiss sind auch die Farben der bremischen Staatsflagge, von der man sagt, dass sie Pate standen für die US-Flagge Stars and Stripes. Nur die Sterne haben wir nicht, dafür sind wir in Bremen am Rand kleinkariert. Diese Farben gehen auf Carl Schurz zurück, ein Bremer, der als General in der Unabhängigkeitsarmee von George Washington diente und den Sieg über die britische Kolonialarmee errungen hatte. Die amerikanische Unabhängigkeit ist daher, das kann man mit Fug und Recht feststellen, einem Bremer zu verdanken.

Uncle Sam hat sich dann auch nicht lumpen lassen und hat sich nach dem Krieg aus Dankbarkeit Bremen und Bremerhaven als Enklave in der englischen Zone ausgesucht, ein Umstand, dem wir die Weitergeltung unserer bremischen Selbstständigkeit zu verdanken haben.

Das war damals nicht selbstverständlich, denn es gab genug Versuche aus Hannover Bremen innerhalb des neugeschaffenen Bundeslandes Niedersachsen als Stadt einzugemeinden. Eine Schlüsselstellung nahm damals die Stadt Wesermünde, das heutige Bremerhaven, ein.

Zwar wurde sie von der englischen Militärregierung verwaltet, doch die Häfen gehörten den Amerikanern. Der damalige Oberpräsident der Provinz Hannover versuchte natürlich daraus Kapital zu schlagen. Was er nicht bedachte, die Bezirksregierung in Stade war nicht gewillt, Wesermünde finanziell zu unterstützen. Sie empfahl, sich gefälligst an Bremen zu halten. Was wir Bremer dann bezahlen, wollen wir auch behalten. So gehörte Bremerhaven wieder zu Bremen.

Doch Bremen musste sich auch nach Westen arrangieren.

Oldenburgs Ministerpräsident Tantzen wollte auch nicht unter die Regierung von Hannover schlüpfen, weshalb er versuchte, sich mit Bremen zusammen zu tun. Er meinte allerdings eher eingemeinden. Unser berühmter Nachkriegsbürgermeister Wilhelm Kaisen konnte ihm nur versichern, dass er keine Neigung hätte, mit den Oldenburgern gegen Hannover anzutreten. Dieses Mal ging es um Oldenburg selbst und die darauf folgenden Ereignisse bestätigten mit dem Beschluss der britischen Militärregierung eine Verordnung zur Konstituierung Niedersachsens, worin Oldenburg ein Teil von Niedersachsen wurde. Die Engländer stehen dem Haus Hannover eben doch irgendwie näher als Oldenburg.
Von Bremen war da Gott sei Dank nicht mehr die Rede und die Oldenburger standen fortan unter dem Kuratel der Hannoveraner, was dieses freiheitsliebende Volk gar nicht so witzig fand. Das haben die auch bis heute nicht vergessen. Dafür geben die Bremer und die Oldenburger sich heute gegenseitig Flankenschutz mit der gemeinsamen Metropolregion. Ich möchte sagen, es sind Freunde geworden. Bei so vielen Oldenburgern an diesem Abend wäre es – allein aus Selbstschutz – töricht, etwas anderes zu behaupten.

Nachdem ich somit geschichtlich nachweisen konnte, dass die amerikanische Unabhängigkeit den Bremern zu verdanken ist und die heutige bremische Unabhängigkeit den Amerikanern, können wir uns nun der Frage zuwenden: Ist das Bremer Rathaus der richtige Ort für epochale Wirtschafts- und Währungspolitik? Ich meine: Ja. Dieses wunderschöne Rathaus!
Der Dichter Rudolf Alexander Schröder nannte es „das Heiligtum bremischen Bürgerstolzes“. Hier weht mit Recht der Atem der Geschichte und zwar die Geschichte der europäischen Währungsunion.

Im Kaminzimmer, neben dem Festsaal, in dem wir gleich ein bescheidenes Bremer Abendbrot einnehmen werden, haben Valéry Giscard d’Estaing und Helmut Schmidt 1978 beim europäischen Gipfel in Bremen die Verabredung einer gemeinsamen Währung getroffen, was später durch Helmut Kohl und Francois Mitterrand vollendet wurde.

Ich persönlich hatte das große Glück, bei einer kleinen Jubiläumsfeier im Kaminsaal des Bremer Rathauses 25 Jahre nach diesem denkwürdigen Treffen wiederum mit Giscard d’Estaing und Schmidt dabei zu sein.

Damals wie heute galt es, wohlbegründete volkswirtschaftliche Überlegungen anzustellen und die ewigen Reichsbedenkenträger, die insbesondere vor den Inflationsgefahren einer gemeinsamen Währung gewarnt hatten, in ihre Schranken zu weisen. Inflationsgefahr ist das geringste Problem, das durch den Euro bisher drohte. Das bestätigt auch die Forschung des Ökonomienobelpreisträgers Robert Mundell über Währungsunionen, der – Sie ahnen es schon – heute in Siena lebt.

Kommen Sie jedoch bitte nicht auf die Idee, die im gemeinsamen Euroraum gegebenen staatlichen Bürgschaften der EZB, zu der Deutschland als wirtschaftliches Schwergewicht maßgeblich beiträgt, auf Bremen zu schieben, weil hier ja schließlich der ganze Schlamassel eingefädelt wurde. Bremen ist zwar, wie ich wissenschaftlich fundiert nachgewiesen hatte, sehr reich, aber die Gewährträgerhaftung für den Euro können wir doch nicht ganz alleine übernehmen.

Noch dazu, wenn uns heute Abend Prof. Rürup möglicherweise in Aussicht stellt, dass wir zur Sicherung der volkswirtschaftlichen Stabilität des Kapitalismus auf unser Schönstes, nämlich das Geld, zu einem noch größeren Teil verzichten sollen.

Meine Herren, den Spruch: „Geben ist seeliger denn nehmen“ lassen wir als Christen gelten, völlig widerspruchslos vor allem beim Boxen, aber als wirtschaftspolitische Handlungsempfehlung an die Politik geht es dann doch ein bisschen zu weit.

Das ist harter Tobak, den man dann wirklich – meine Herren – nur mit ausreichend Schnaps ertragen kann. Womit ich beim Höhepunkt der Begrüßungsansprache wäre. Dem Löffeltrunk, den ich sodann das Vergnügen habe, mit meinem Senator zu zelebrieren. Dazu gebe ich Ihnen die von mir bekannten und schon traditionellen „Hinweise und Richtlinien zum Löffeltrunk“.
Sie müssen übrigens nach dem Löffeltrunk selbigen nicht abgeben. Ihr Überleben ist also vorerst gesichert.

Auch wollen wir Sie nicht über den Löffel barbieren.

Dieser Ausdruck stammte aus der Zeit, als es keinen Zahnersatz gab und die Barbiere die eingefallenen Wangenknochen mittels eines in die Mundhöhle geschobenen, umgedrehten Löffels, der nach den Anwendungen nicht gereinigt wurde, nach außen so ausbeulten, dass eine glatte Rasur der äußeren Wangen gelang. Aber auch die übertragene Bedeutung dieses Satzes liegt uns fern, denn schließlich sind Sie zu allem eingeladen.
Sie bekommen bei uns auch keinen „hinter die Löffel“. Die Wirkung dieses Satzes kennen Sie ja bestimmt noch aus Ihrer Jugend.

Wie Sie sehen, bietet so ein Löffel allerhand Anknüpfungspunkte für eine launige Begrüßung. Doch einer seiner besten Verwendungen ist, wie ich finde, ihn als Werkzeug zum Löffeltrunk zu verwenden, zu dem ich nun komme. Deshalb für alle hier die unerbittliche und finale Trinkanleitung.

Sie stehen also Ihrem Nachbarn, den Sie völlig wahllos aus Ihrer Umgebung auswählen, gegenüber.

Sie brauchen nicht viel über Ihren Nachbarn zu wissen, sollten allerdings spüren, dass er zu jenen gehört, die von der Hast und Betriebsamkeit unserer Zeit eher unberührt geblieben ist und mit Maß und Grenzen allen menschlichen Lebens vertraut die Dinge mit ruhiger Besonnenheit betrachtet.
Sofern Sie ein bremischer Gastgeber oder im Löffeltrunk-Trinkspruch bewandert sind, übernehmen Sie die Initiative und schauen Ihrem Gegenüber in die Augen, was ich dem Gegenüberstehenden seinem Gegenüber, also Ihnen, die ich zuerst angesprochen hatte, auch empfehle.
Sie dürfen dabei natürlich nichts verschütten, was leicht passiert, wenn Sie den bis an den Rand mit Schnaps gefüllten Löffel nicht waagerecht ausgerichtet halten.

Nunmehr, beide mit einem mit Schnaps befüllten und waagerecht ausgerichteten Löffel bewaffnet, eröffnen Sie frohen Mutes das Wort an Ihren besagten Gegenüber und sprechen mit sicherer, tragender Stimme:

„Ik seh Di.“
Darauf antwortet Ihr Gegenüber: „Dat freut mi.“
Daraufhin erwidern Sie: „Ik drink di to.“

Antwort – und bitte sprechen Sie sicher, tragend, ohne große Verzögerung oder womöglich Zittern in der Stimme, in der sich selbst Mut machenden Antwort: „Dat doo.“ An dieser Stelle darf man auch ein schnelles: „Prost“ einwerfen und sich mit Augenkontakt zunicken.

Der Augenkontakt beim Trinken ist ein uraltes und damals notwendiges Ritual. Weil man, wenn man trank, eine Hand nicht zum eigenen Schutz an der Waffe haben konnte, wurde durch den Augenkontakt darauf geachtet, dass beim Zutrinken beide Partner Ihre Hand am Glas und nicht an der Waffe hatten. Das Zuprosten war also so eine Art Lebensversicherung zur damaligen Zeit.

Hiernach wird der Löffel an Ihre eigene Unterlippe gesetzt und mit einem schnellen Abkippen des Nackens nach hinten ergießt sich, übrigens in dieser Haltung völlig kleckerfrei, der Löffelinhalt seiner Bestimmung – sofern Sie mittlerweile die Lippen auch leicht geöffnet haben. Wenn Sie stattdessen den Löffel, wie bei einer Suppe, in den Mund führen oder versuchen, diesen selbst mit senkrecht gehaltenem Kopf in den Mund zu kippen, wird es allein schon aufgrund der äußeren kreisrunden Kalottenform des Löffels schwierig, den vollständigen Inhalt seiner Bestimmung auf angenehme und schnelle Weise zu übergeben. Sie wollen ja schließlich auch nicht schlürfen.
Diese Prozedur, Sie werden es sehen, geht natürlich in der Praxis viel schneller, als ich das hier in extenso beschreibe. Sozusagen eine taylorisierte Zerlegung der Trinkarbeit in Einzelschritte.
Anschließend strahlen Sie Ihren Gegenüber im fröhlichen Bewusstsein des feinbrotigen Schnapsgeschmackes und der sich langsam wärmenden Speiseröhre, also ihren neugewonnenen „Trinkkumpanen“, könnte man fast jetzt schon sagen, an und sagen:

„Ik heff di tosapen.“ Er antwortet ebenso fröhlich wie Sie:

„Hest den Rechten drapen.“

Was übrigens nicht heißt „Sie haben den richtigen Tropfen“, sondern es heißt im übertragenen Sinne „Sie haben mich als einen ebenso netten und feinen Kerl richtigerweise zum Zuprosten ausgewählt“.

Wenn Sie diese kleine Kurzanleitung beachten mögen, werden Sie zu den perfektesten Löffeltrunkprostern zählen, die jemals an einem Bremer Tabak-Collegium teilgenommen haben. Auf geht’s!

Herr Senator treten Sie hinzu:

Ick seh di (Ich sehe Dich)
Ick drink di to (Ich trinke Dir zu)
Dat freut mi (Das freut mich)
Dat do (Das tu)
– Prost! –
Ick heb di tosapen
(Ich hab` Dir zugetrunken)
Hest´n Rechten drapen
(Hast den Rechten getroffen)

Ich möchte Sie nun bitten, sich gemeinsam in den Festsaal zum Bremer Abendbrot zu begeben.

Jahresschluss-Collegium am 04. Dezember 2014 im Alten Rathaus zu Bremen

1. Tischrede – Dr. Patrick Wendisch

Meine Herren,

im Bremer Tabak-Collegium galt für den Sprecher früher die Regel, bei Tisch nichts oder so wenig wie möglich zu sagen, am besten nur “Guten Appetit“. Das war eine Disziplin des Schweigens, über die sich stundenlang reden ließe. Als Kompromiss wurde dem Sprecher dann angesonnen, sowohl den jeweiligen Ort der Zusammenkunft, als auch die Bedeutsamkeit des Themas der Rede in der Collegiumsrunde zu preisen. Nicht, ohne den Gastredner entsprechend zu würdigen. Zwar kurz, aber erschöpfend.

Die Kürze des letzteren könnte heute Abend allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen, weshalb wir Ihnen beim Tabak-Collegium sinnfälligerweise zum Essen nur das auftischen, was nicht kalt werden kann. Denn ich hätte über Herrn Prof. Rürup so einiges zu erzählen, zum einen die Veröffentlichungen, die Beratungsfunktion der EU, der Bundesregierung, die Zeit als Vorsitzenden des Sachverständigenrates, der Vater des Einstieges in die kapitalgedeckte, gesetzliche Altersversorgung, bekannt als Rürup-Rente und natürlich nicht zu vergessen, die überragenden Doktorarbeiten, die unter seiner Betreuung entstanden. Das kennen Sie ja alles bereits. Zum anderen wäre da noch eine persönliche Verbindung. Wir kennen uns seit 1976, ich habe bei ihm studiert und promoviert. Das verbindet und schafft Redestoff für Stunden.

Lieber Bert, ich muss gestehen, wir hingen damals an Deinen Lippen im Seminar. Die Vorlesungen waren so nachhaltig, dass wir später vieles schon fast mitsprechen konnten. Ob es profunde Kenntnisse zur Renten-, Währungs-, oder Haushaltspolitik waren. Es waren herrliche Zitate, aus denen man eigentlich eine Aphorismensammlung machen müsste.

Wenn ich später im Fernsehen Interviews oder Talkrunden mit Deiner Teilnahme sehen und hören durfte, gelang es mir zur Verblüffung meiner Frau und meiner Kinder häufig, die Antwort, die Du zumindest mit einer Metapher verständlich für die Normaldenkenden machtest, vorwegzunehmen. Einige Kostproben: Als vorgeschlagen wurde, dass Alterungsproblem der gesetzlichen Rentenversicherung durch Zuzug von jüngeren Ausländern zu lösen, genügte zur ultimativen Desavouierung dieses Ansinnens Dein Satz: „ Auch Ausländer haben einen entscheidenden Nachteil. Sie werden älter.“ Damit war das Thema tot.

Als es um die Einführung der D-Mark in Ostdeutschland ging und viele eine graduelle und sukzessive Währungsumstellung befürworteten, gab es die kategorische Erkenntnis „Man kann auch nicht vom Linksverkehr auf den Rechtsverkehr umstellen und dann zunächst mit den Lastwagen anfangen.“

Das heutige Thema: „Wer hat, dem wird gegeben“ ist nicht nur brandaktuell, sondern auch – wie könnte es anders sein, wenn es womöglich um das eigene Geld geht – höchst widersprüchlich. Die Aktualität zeigt schon unser heutiges Datum 04.12.2014.

Vor nicht einmal 4 Wochen war der neue „Star“ der Umverteilungsökonomie, der französische Wissenschaftler Thomas Piketty bei Sigmar Gabriel und stellte seine Thesen offiziell im Wirtschaftsministerium vor. Die Kurzformel lautet: r>g. Also die Kapitalverzinsung ist immer größer als das Wachstum. Sinnfälligerweise findet Herr Gabriel die Politikberatung von Herrn Piketty willkommen, die des eigenen Sachverständigenrates eher nicht. Hat etwa der gute alte Sachverständigenrat ausgedient?

Ist es nur zu verlockend, wenn die Politik endlich mit akademischem Segen von Herrn Piketty freudig in fremde Taschen greifen kann und sich nicht ständig vom Sachverständigenrat anhören muss, wie instringent die eigene Politik ist. Die Überschrift des diesjährigen Sachverständigenrat Gutachtens spricht Bände. „Mehr Vertrauen in Marktprozesse.“ Und damit meint der Sachverständigenrat keinesfalls den Markt von strukturierten Finanzprodukten, die keiner versteht.

Bisher ist die Wirtschaftspolitik den Empfehlungen des Sachverständigenrates in der Nach-Rürup-Ära konsequent nicht gefolgt.

Entweder lag das an der Beratungsqualität von Prof. Rürup, denn in der Tat hat eine Umfrage der ‚Financial Times‘ ergeben, dass Prof. Rürup unter den wirtschaftspolitischen Beratern als derjenige mit dem größten Einfluss galt, oder später auch der Beratungsresistenz der Bundesregierung in entscheidenden Wirtschaftsfragen, die ja zugleich Finanz- und Wohlfahrtsfragen sind.
Denn ohne eine starke technologie- und exportorientierte Industrie und Wirtschaft kann sich die Bundesregierung auch jegliches außenpolitisches Gewicht „von der Backe putzen“.

Wie Gerhard Schröder schon sagte: „Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts.“ Womöglich ist die Krise des Kapitalismus eine Krise der richtigen Politikberatung. In der Naturwissenschaft, gilt der Satz: „Die Nachfrage der Politik nach gesichertem Wissen zwingt die Wissenschaft zu Aussagen, die immer stärker durch Nichtwissen gekennzeichnet sind.“ In der wirtschaftspolitischen Politikberatung gilt das Gegenteil.
„Das Angebot an die Politik von ökonomisch gesichertem Wissen ist immer stärker durch Verweigerung der Nachfrage geprägt.“

So kanzelte die Kanzlerin den Sachverständigenrat unter anderem mit dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit ab.

Zu diesem Vorwurf greift man immer dann, wenn man wissenschaftlich nicht dagegen halten kann, zumal „unwissenschaftlich“ einen Wissenschaftler unter der Gürtellinie trifft.

Der US-Ökonom und Präsidentenberater Jared Bernstein sagte einmal:
„Politiker nutzen wissenschaftliche Erkenntnisse wie Betrunkene einen Laternenpfahl: Sie suchen Halt, nicht Licht.“ Sie wollen bestätigt werden, nicht erleuchtet, geschweige denn Kritik hören.

Das hat auch nichts mit der politischen Farbenlehre zu tun. Für Gerhard Schröder gab es keine linke oder rechte Wirtschaftspolitik, sondern nur richtige oder falsche. Der Erfolg der Agenda-Politik wird nur noch von Oscar Lafontaine bestritten, heute aber wieder von der Bundesregierung in vollen Zügen konterkariert.

Bisher fand ein beherztes Drehen an der Steuerschraube auf Einkommen und Vermögen seine Begrenzung in der Leistungsverweigerung und den internationalen Ausweichmöglichkeiten (damit ist ausdrücklich nicht der Gestaltungsmissbrauch gemeint) wie auch dem Mehrheitswillen der Steuerzahler. Vergleichbar einem Pareto-optimalen Zustand.

Deshalb waren Umverteilungsdebatten, also eine noch stärkere Umverteilung als bisher, niemals populär und haben Heerscharen von Volkswirten, Statistikern und Lobbygruppen auf den Plan gerufen. Das ist mit der heutigen Debatte anders. Oder bestätigt sich die Erkenntnis des italienischen Nationalökonomen Vilfredo Pareto, dass es nämlich für die Regierenden weniger eine Rolle spielt, ob eine Theorie richtig oder falsch ist, sondern vielmehr, ob sie ihnen nützt?

Ich vertrete bekanntermaßen die nüchterne ökonomische Nutzentheorie der Politik, die da lautet: „Das vorherrschende Interesse der Politik ist, wieder gewählt zu werden.“
Und wie geht das? Indem man sich der Gunst der großen Wählergruppen der Bevölkerung versichert.

Die Politik ist ein Meister darin geworden, Musik zu bestellen, die die anderen bezahlen, und dem vermeintlichen Wählerwillen hinterherzulaufen. Um es mit Talleyrand zu sagen: „Dort geht mein Volk, ich muss ihm hinterher, ich bin sein Führer.“ Was meinen Sie daher, was passiert, wenn die Anzahl der Wähler, die netto vom Staat mehr herausbekommen, größer wird als die Zahl derer, die netto einzahlen.

Dann geht es, egal ob links oder rechts, nicht mehr primär um die Lösung gesellschaftlicher Probleme und Missstände, oder womöglich um Wachstums-, Infrastruktur- und Technologiepolitik, sondern um ein Geschäftsmodell zur Optimierung der Wählerzustimmung unter dem moralischen Gerechtigkeitsanspruch. Das habe ich mir nicht ausgedacht. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat einmal auf ein Argument eines massenhaft umverteilenden Sozialhaushaltes gesagt: „Wir lassen uns doch nicht unser Geschäftsmodell kaputt machen“. Dummerweise honorieren die Wähler Wahlgeschenke nicht, was man an den Umfragewerten nach der Rente mit 63 sieht.
Piketty liefert jetzt etwas anderes, nämlich das ökonomische theoretische und empirische Rüstzeug, dass eine starke Umverteilung nicht nur als notweniges Übel zu begreifen ist, sondern bewusst und aktiv als Heilsinstrument zur Lösung von „kapitalistischen“ Wachstumsschwächen und Gefahren aus hochverschuldeten Staatshaushalten. Natürlich rief Piketty den Widerspruch der klassischen Nationalökonomenzunft auf den Plan mit unterschiedlichen Nuancen. Und wie Sie wissen, ist ja der Widerspruch das Ferment einer jeglichen wissenschaftlichen Auseinandersetzung.

Die einen griffen sofort die Datenbasis an, die anderen widersprachen seinem ökonomischen Modell oder der These, dass Kapital sich tatsächlich besser verzinst als Arbeit. Gegenwärtig ist es einzeln und global anders und unterschiedlich.

Die Aktualität der Debatte zeigt, dass auch und gerade die so nüchternen Nationalökonomen emotional an die Sache herangehen. Kein Wunder, es geht ums Geld, genauer gesagt, um Ihr Geld meine Herren Gäste des Bremer Tabak-Collegiums und da hörte von jeher der Spaß auf.

Zeitlos im Wandeln der Zeit zu sein und hin und wieder auch zeitgeistige Themen zum Gegenstand der Collegiumsrunde zu machen, ist das Markenzeichen des Tabak-Collegiums.
Ich hoffe, durch diese Einstimmung ist Ihnen nicht allzu flau im Magen geworden. Dagegen hilft bekanntlich das Bremer Abendbrot. Wenn Ihnen allerdings der Appetit vergangen ist, um wieder an den Anfang meiner Rede zurückzukehren, reicht auch nur der Mittelwächter oder der Chateau Bernateau als Trost. Prost!

Jahresschluss-Collegium am 04. Dezember 2014 im Alten Rathaus zu Bremen

2. Tischrede – Senator Martin Günthner

Lieber Patrick Wendisch,
sehr geehrter Herr Professor Rürup,
meine Herren,

es ist mir eine ganz besondere Freude für den Bremer Senat Ihnen die besten Grüße und Wünsche zu diesem Jahresschluss-Collegium des Bremer Tabak-Collegiums zu überbringen. Ich mache das stellvertretend für Herrn Bürgermeister Böhrnsen, der Sie herzlich grüßen lässt. Ich bin also heute hier für diesen Abend der Hausherr und darf Sie als Hausherr in unserem wunderschönen Bremer Rathaus, dass seit 2004 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört und damit in so eindrucksvoller Weise für die Tradition dieser Stadt, für die hanseatischen Tugenden, für 1.000 Jahre Kaufleute, für 800 Jahre Hafen, für 600 Jahre Unabhängigkeit steht, begrüßen.

Ich mache das insbesondere auch ausgesprochen gerne, weil ich bei den letzten Zusammenkünften in Wien und Krakau das Tabak-Collegium in ganz besonderer Weise genießen konnte. Die Geselligkeit, die guten Gespräche, die wir auch bei Tisch führen, die interessanten Vorträge – das Tabak-Collegium ist Botschafter für Bremen. Ich finde, das auf sehr eindrucksvolle Weise, weil es eben nicht nur gutes Essen, sondern eben auch kritischen – ich nehme an, Herr Professor Rürup, gleich durchaus auch offenen Dialog und offene Diskussionen über Fragestellungen, die uns interessieren, die wichtig sind für diese Stadt, zusammenbringen.

Ich will aber auch – und ich weiß, der Bürgermeister hat das in den vergangenen Jahren auch immer gemacht – darauf hinweisen, dass es übrigens nicht so gewesen ist, dass der Senat dafür gesorgt hat, dass hier bei den Bremischen Traditionsveranstaltungen, lieber Patrick, hier geraucht werden darf, sondern der weise Gesetzgeber war das, die Bremische Bürgerschaft, und da einige Abgeordnete hier auch im Raum sind, will ich das durchaus erwähnen. Und natürlich gehört Tabak in Bremen auch dazu.

1622 ist ein Buch über die Gesundheit und die besondere positive Wirkung von Tabak von einem Bremer geschrieben worden. Das erste Buch dieser Art. Und Bremischer Tabak, den kann man übrigens auf die eine oder andere Art auch heute noch genießen.

Ich habe im Rahmen einer meiner Delegationsreisen vor einigen Wochen die Gelegenheit gehabt, Wolfgang Köhne, der auch heute Abend hier ist, in Jember auf Java zu besuchen und zu lernen, dass das, was der eine oder andere hier im Raum in seinem Garten wahrscheinlich vom Gärtner wegschneiden lassen würde, nämlich das, was ganz unten an den Pflanzen ist, das Sandblatt – also für die, die nachher nicht zur Tonpfeife greifen, sondern die zur Zigarre greifen, dass, was Sie als erstes an den Lippen spüren, das ist das Sandblatt, das ist das Beste an der Tabak- Pflanze und das ist, was die Tabak-Pflanze auch in ganz besonderer Weise edel macht und in ganz besonderer Weise auch nutzbar macht und auch das gehört zu dieser Stadt dazu, dass wir stolz darauf sind, diesen Tabak zu handeln und damit auch wirtschaftlich zum Geschehen und Gelingen dieser Stadt beitragen.

Ich will aber auch darauf hinweisen, weil natürlich der ein oder andere Gast von außerhalb unter uns ist: Bremern als zehntgrößte Stadt, als fünfgrößter Industriestandtort– wir haben eben schon am Tisch darüber gefrotzelt: der Airbus-Chef erzählt immer die Geschichte, wenn man die Kabine des Airbus baut, dann ist das ein Bus, wenn man die Flügel an die Kabine baut, dann ist es ein Bus mit Flügeln aber erst mit den Hochauftriebssystemen, die in Bremen im Werk gebaut werden, wird daraus am Ende des Tages ein Airbus.

Wenn Sie sich anschauen, was Bremen an Ritterschlag in dieser Woche und auch in den vergangenen Wochen erhalten hat, durch die Großaufträge im Bereich der Raumfahrt, was bei Airbus Space and Defence läuft, das was bei OHB gemacht wird, was an Satelliten- und Raumfahrttechnologie diese Stadt stark macht, ist das ein Ritterschlag für Technologie made in Bremen.

Und es zeigt übrigens auch an vielen Stellen die eindrucksvolle Verknüpfung zwischen Wirtschaft und Industrie auf der einen Seite und Wissenschaft, Forschung und Entwicklung auf der anderen Seite. Das ist ein Stück weit das Geheimnis, warum Industrie und Wirtschaft in den vergangenen Jahren sich so stark entwickelt haben. Dass es uns gelungen ist, diese Stärken zusammen zu bringen und damit dazu beizutragen, dass Bremen auch wirtschaftlich gut performen kann.

Und das ist übrigens möglichweise eine spannende Aufgabe für Sie, lieber Herr Rürup, herauszufinden, wie es eigentlich sein kann, dass eine Stadt wie Bremen, mit 25 Milliarden BIP im Jahr, mit Stärken bei Mercedes, im Hafen, bei Lürssen, CTS Eventim, bei vielen Unternehmen, die ja auch heute hier vertreten sind, wie es sein kann, dass sie auf der einen Seite diesen wirtschaftlichen Erfolg, diese wirtschaftliche Exzellenz, diese wirtschaftliche Stärke haben und auf der anderen Seite Arbeitslosigkeit, Armut, finanzielle Probleme in den Kassen. Normalerweise kann es ja nicht zusammenpassen, dass man wirtschaftlich stark ist und gelichzeitig auf der anderen Seite diese Probleme hat.

Deswegen ist das die große Herausforderung, vor der wir alle miteinander stehen, dazu beizutragen, dass diese wirtschaftliche Stärke auf der einen Seite weiterentwickelt werden kann und auf der anderen Seite dazu beizutragen, dass – und ich finde, das ist das zentrale Thema, das wir miteinander haben – Aufstiegsperspektiven für Menschen in dieser Gesellschaft eröffnen. Und diese Aufstiegsperspektiven laufen über Bildung, die laufen über Ausbildung und Arbeit und ich bin der festen Überzeugung, die beste Möglichkeit Arbeitslosigkeit und Armut zu bekämpfen besteht darin, dass wir Menschen in Arbeit bringen. Das können wir nur an einem starken Wirtschaftsstandort, wie Bremen, wenn wir dazu beitragen, dass diese Stadt sich wirtschaftlich weiter stark entwickeln kann. Dass wir nicht mit dem Bettelstab durch das Land laufen, dass wir nicht im Büßergewand durch das Land laufen, dass wir selbstbewusst auftreten, Stolz auf die lange Tradition, die wir haben, sind, stolz sind auf die wirtschaftliche Stärke, die wir haben, und insofern gehört auch das Tabak-Collegium als Botschafter Bremens, der diese Botschaft in die Welt hinaus trägt, dazu. Insofern noch einmal die besten Grüße des Bremer Senats und ich freue mich hoffentlich jetzt auf eine schöne Zigarre von Wolfgang Köhne.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Jahresschluss-Collegium am 04. Dezember 2014 im Alten Rathaus zu Bremen

Vortrag: Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup

„WER HAT , DEM WIRD GEGEBEN –
Die neue Verteilungsdebatte: Anspruch und Wirklichkeit“

Meine Herren,

wer hat, dem wird gegeben ist die Verkürzung des Satzes aus dem Matthäusevangelium (Mt 25,29):
„Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat“. (Gleichnis der anvertrauten Talente)

Diese Lebensweisheit gibt es auch in volkstümlichen Varianten:
− „Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen“ (Autor unbekannt)
− „The winner takes it all“ (Abba)

Heute gilt diese Metapher, um eine zunehmende Ungleichheit der Einkommensoder Vermögensverteilung zu charakterisieren.

Anfang des Jahres hat der französische Ökonom Thomas Piketty ein Buch heraus gebracht: „Das Kapital im 21. Jahrhundert“.

Der 43-jährige Piketty, der bereits mit 22 Jahren Assistenzprofessor am MIT wurde und heute an der Paris School of Economics arbeitet, gilt in Fachkreisen seit Längerem als einer der führenden Verteilungsforscher.

Die Nähe des Titels dieses Werks zum knapp 150 Jahre früher erschienenen „Das Kapital – Kritik der politische Ökonomie“ von Karl Marx ist sicher kein Zufall. Genau wie Marx ist Piketty der festen Überzeugung, ein, wenn nicht das Entwicklungsgesetz des Kapitalismus gefunden zu haben. Während Marx einen tendenziellen Fall der Profitrate voraussah, glaubt Piketty aufgrund seiner umfangreichen empirischen Forschungsarbeiten, einen strukturellen Vorsprung der Gewinne vor der Lohnentwicklung herausgefunden zu haben – und damit eine allen marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen innewohnende Tendenz zu einer wachsenden Einkommens- und Vermögensungleichheit.

Damit stehen seine Forschungen nicht nur in diametralem Gegensatz zu den Voraussagen von Karl Marx, sondern auch zu den Arbeiten von Simon Kuznets. Kuznets, der in den 1930er Jahren das Konzept des Bruttoinlandsprodukts entwickelt hatte, wurde im Jahr 1971 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet – unter anderem dafür, herausgefunden zu haben, dass ab einem bestimmten Entwicklungsstand die Ungleichheit in einer Volkswirtschaft wieder abnimmt.

Pikettys monumentales Buch ist eine Mischung aus ungeheurem Fleiß und einer stupenden Gelehrsamkeit – was viele Passagen namentlich die methodischen Teile auch für gelernte Ökonomen nur mit Mühen lesbar macht.

Allerdings gibt es auch viele Seiten mit stilistisch brillanten Formulierungen, die sogar einen heftigen Kritiker Pikettys, den liberalen Karl-Heinz Paqué, an die unnachahmlichen Beschreibungen der sozialen Strukturen des 19. Jahrhunderts durch Honoré de Balzac, Jane Austen oder Henri James erinnern. Originalton Paqué:
„Hier schreibt kein angestaubter Gelehrter, sondern ein leidenschaftlicher Intellektueller der Linken aus Frankreichs Metropole, und man spürt bei ihm die rabiatradikale Tradition, die spätestens seit Voltaire den gesellschaftlichen Diskurs seines Landes durchzieht. Das macht die Lektüre anregend, wenn auch nicht wirklich unterhaltsam“.

Nun zur Resonanz in der Ökonomenszene und der Presse.
Der bekannte US-amerikanische Ökonom Paul Krugman attestierte Piketty eine nobelpreiswürdige Leistung. Krugmans deutsches Pendant, der gewerkschaftsnahe Wirtschaftsweise Peter Bofinger, meint dagegen:“Piketty stellt eine Theorie auf – widerlegt sie aber mit den eigenen Zahlen. Damit hat er sich selbst ins Knie geschossen.“

Und Deutschlands amtierender ökonomischer Großkritiker Hans Werner Sinn bemerkt in gesetzten Worten, dass Piketty wie Marx zwar eine Sehnsucht der Bevölkerung bedienen – doch zu seinen Politikempfehlungen mit einer Weltformel komme, die gar nicht das implizieren würde, was er behauptet.

Der Rezensent der Süddeutschen Zeitung sprach von einem „brillanten Buch mit einzigartiger Tiefenschärfe“.

Demgegenüber konnte man in der „Die Zeit“ lesen, dass selten ein Buch so überschätzt worden sei und in diesem neuen Marx „genau so viel Murks stecke, wie im alten Karl“. Das mag stimmen. Aber leider vergaß der kritische Zeitredakteur zu erwähnen, dass kein Ökonom mit einer falschen Theorie und ohne belastbare Zahlen die ökonomische Realität in so vielen Staaten so umgekrempelt hat wie Karl Marx. Und er vergaß auch zu sagen, dass viele – damals utopisch anmutende – Forderungen des kommunistischen Manifests aus dem Jahre 1847/48 – wie angemessene Löhne, eine progressive Einkommenssteuer, Grund- und Erbschaftssteuern, unentgeltliche Schulen und ein freies Studium, Anspruch auf medizinische Versorgung, arbeitsfreier Sonntag und ein Anspruch auf bezahlten Urlaub – vom lernfähigen Kapitalismus erfüllt wurden, auch damit sich Marxens spätere Voraussagen nicht erfüllen.

Die Reaktionen auf dieses Buch konnten also widersprüchlicher kaum sein. Ungeachtet dessen ist „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ in meinen Augen ein sehr wichtiges Buch und wird keine Eintagsfliege sein. Denn es hat das Potenzial, unsere Gesellschaft zu verändern, weil es begründete wie unbegründete Ängste von weiten Bevölkerungskreisen anspricht.

Bevor ich auf diese Vermutung näher eingehe, möchte ich aber zunächst Pikettys Arbeitsweise und Thesen sowie seine politischen Schlussfolgerungen vorstellen – wie auch die daran geübte Kritik.

Danach trage ich Ihnen meine Gründe vor, warum diese Thesen – trotz ihrer Ungereimtheiten – die Welt und damit auch Deutschland verändern könnten. Ich befürchte, nicht alle meine Argumente werden auf Ihre ungeteilte Zustimmung stoßen.

Als erstes drei Definitionen:
Das Volksvermögen steht für den Marktwert aller handelbaren Vermögenswerte eines Landes, sowohl der privaten Haushalte wie des Staates abzüglich der Schulden von Haushalten, Unternehmen und der öffentlichen Hände.

Das Volkseinkommen ist die Summe aller in einem Land erzielten Einkommen aus Erwerbsarbeit und Vermögen.

Die Vermögens-/Einkommensquote – die zentrale Größe – entspricht dem Gesamtwert des Volksvermögens abzüglich der Schulden in Relation zum Volkseinkommen eines Jahres.
Wenn zum Beispiel das Volksvermögen bei 1000 und das Volkseinkommen bei 200 liegen, ist die Vermögensquote 5 bzw. 500 Prozent.

Über alle betrachteten acht „ kapitalistischen“ Länder hinweg – dies waren USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland Italien, Japan, Kanada und Australien – schwankte nach den Auswertungen der verfügbaren Datenquellen durch Piketty und seinem Team die Vermögensquote im untersuchten Zeitraum von 1700 bis 2010 zwischen dem 2,5-fachen und dem 7-fachen des Volkseinkommens.

Die Zuwachsraten der Bruttoinlandsprodukte und auch der Löhne in den untersuchten Industriestaaten lagen in den jeweils betrachteten Zeiträumen in „normalen“ Zeiten bei durchschnittlich 0,2 bis knapp 2,0 Prozent.

Die Verzinsung des Vermögens an Grund und Boden, Maschinen, Immobilien und Aktien belief sich dagegen auf 4 bis 5 Prozent.

Über alle Länder hinweg gerechnet könne man in „normalen“ Zeiten, d.h. in Zeiten ohne Kriege und schwere Krisen, von einer Wachstumsrate der gesamtwirtschaftlichen Produktion und damit der Lohnsumme (g) von 1,5 v.H. und einer Rendite des Vermögens (r) von 4,5 v.H. ausgehen.

Wenn g = 1,5 und r = 4,5 sind, dann braucht – und dies ist das zentrale Argument
– ein Vermögensbesitzer nur ein Drittel seines Kapitaleinkommens zu sparen, damit sich sein Vermögen im Gleichschritt mit den Löhnen der abhängig Beschäftigten erhöht.

Ergo: Wenn die Kapitalisten ihre laufenden Zinseinkommen zu großen Teilen wieder anlegen, werden sie immer reicher.

Es sei denn, Kriege oder Weltrezessionen setzen das „Gesetz des Kapitalismus“, nach dem die Rendite (r) stets größer ist als die Wachstumsrate (g) des Bruttoinlandsprodukts und damit der Lohnsumme außer Kraft.

Allerdings weist Piketty darauf hin, dass im vergangenen Jahrhundert immense Vermögenswerte vernichtet wurden, und er zeigt, wie sich in der Phase des Wiederaufbaus nach dem zweiten Weltkrieg eine Zeit lang „nivellierte Mittelstandsgesellschaften“ herausgebildet haben.

Aber eben nur vorübergehend.

Und genau hierin liegt – für Europäer im Allgemeinen und Deutsche im Besonderen – etwas Irritierendes: Denn das, was als „soziale Marktwirtschaft“ erdacht und auch etabliert wurde, wäre dann nur eine zeitlich begrenzte Ausnahme von der kapitalistischen Norm und das Credo von der ausgleichenden Funktion eines funktionierenden Wettbewerbs hätte nur eine Alibifunktion.

Oder wenn man es in diesem Kreis höflicher formulieren möchte:
Produktivitätsgetriebenes Wirtschaftswachstum, bessere Bildung, mehr Innovationen können das prinzipielle Auseinanderlaufen der Entwicklung der Vermögenseinkommen und der Löhne bestenfalls verringern, aber das „Gesetz des Kapitalismus“ – r größer g – nicht wirklich außer Kraft setzen. Wen dem wirklich so wäre, würde ich dies sehr bedauern. Denn der inklusive Kapitalismus in Form einer sozialen Marktwirtschaft ist in meinen Augen die erstrebenswerteste Wirtschaftsordnung.

Im Verlauf der vergangenen fast 250 Jahre sieht – nach Piketty – die Entwicklung wie eine U-förmige Kurve aus: Die 125 Jahre des Manchesterkapitalismus von 1789 bis 1914 waren von einer extremen Konzentration des Einkommens und des Vermögens beim obersten Prozent der Bevölkerung geprägt. Danach folgten Jahrzehnte mit einer starken Abnahme der Ungleichheit – angefangen vom Ersten Weltkrieg über die Weltwirtschaftskrise von 1929 und den Zweiten Weltkrieg – bis 1970. Danach soll wieder eine bis heute anhaltende Phase einer wiederansteigenden Ungleichheit angebrochen sein.

Peter Bofinger bemerkte zu diesem U-förmigen Verlauf trocken, dass Pikettys Weltformel offensichtlich im gesamten letzten Jahrhundert nicht gegolten habe.

Hinzu kommt, dass in dieser Zeitlängsschnittbetrachtung so getan wird, als mache es keinen Unterschied im Jahre 1810, 1910 oder in 2010 zu den 10 Prozent Ärmsten gehört zu haben.

Nun, so imponierend der Fleiß und der empirische Aufwand und so eindrucksvoll die präsentierten Befunde sind, so heftig wurde Piketty nicht für seine statistischen Befunde, wohl aber für deren Interpretation kritisiert.

Hier die Hauptkritikpunkte:
Zunächst zur Verteilung der Einkommen, die dem Wesen des Kapitalismus angeblich immer ungleicher werden.

Für Deutschland gilt dies nicht – und das sagt Piketty selbst.

Denn in Deutschland entfällt auf das oberste Prozent der Haushalte der Einkommensskala heute nicht mehr vom Gesamteinkommen wie 1950 – nämlich elf Prozent.

Und auch das oberste 0,1 Prozent, die Spitzen-Verdiener, bezieht nicht mehr als vor 60 Jahren.

Deutschland war und ist – wie auch Österreich und die Schweiz – offensichtlich eine Art Puppenstube des Kapitalismus.

Dennoch hält Piketty an seinem universellen Gesetz der wachsenden Einkommensungleichheit fest. Recht hat er allerdings, was die Entwicklung in den angelsächsischen Ländern, insbesondere in den USA angeht.

Wenn Piketty ein Gesetz des Kapitalismus hinsichtlich der Verteilung der Einkommen gefunden haben will, dann allenfalls eines für den Kapitalismus US-amerikanischer Provenienz.

Die von Piketty vorgelegten Zahlen wurden dennoch von vielen als Beleg gewertet, dass alle kapitalistischen Gesellschaften auseinanderdriften und er deshalb zu Recht drastische neue Steuern fordert, etwa einen Einkommen-Spitzensteuersatz von 80 Prozent.

Als er allerdings gefragt wurde, was er von der Idee des französischen Ministerpräsidenten Hollande halte, Einkommen ab einer Million Euro mit 75 Prozent zu besteuern antwortete Piketty :“Nichts“. Und auf die Frage warum sagte er :“Es gibt in Frankreich viel weniger Menschen, die über eine Million verdienen als in den USA.“

Hinzu kommt, dass die von ihm genannten Zahlen stets die Einkommen vor Steuern zeigen. Damit wird so getan, als ob es keinerlei staatliche Umverteilung durch progressive Steuern und Sozialabgaben gäbe – um dann mit Blick auf diese Marktbzw. Bruttoeinkommen umverteilende Steuern zu fordern. Denn es ist insofern bemerkenswert, da sich nirgendwo eine Grafik findet, die zeigt, dass auch die tatsächlich verfügbaren Einkommen auseinanderdriften. Dabei wäre das die entscheidende Information für progressivere Einkommensteuern.

Da Piketty aber der festen Überzeugung ist, dass sich eine Kapitalakkumulation bei Wenigen im 19. Jahrhundert wie im gerade angebrochenen 21. Jahrhundert wiederholen und damit die „leistungsorientierten Werte auf denen unsere Gesellschaften basieren aushöhlen“ werde, plädiert er vor allem für eine globale, sprich weltweite progressive Vermögenssteuer. Von 300.000 Euro bis 1 Million Euro schlägt er einen Steuersatz von 0,5 Prozent und über 1 Million von 1 Prozent vor. Es seien aber auch andere Grenzen denkbar.

Auf jeden Fall – so Pikettys Erwartung – würde solch eine weltweite und auf Dauer erhobene Vermögensabgabe die soziale Mobilität erhöhen.

Die Beschreibungen der Vermögensverhältnisse sind insofern etwas „eigenwillig“, da man den Eindruck gewinnen muss, dass durch seine Recherchen eine nahezu kontinuierliche weltweit ausgeprägte Tendenz zur Vermögenskonzentration belegt wird. Denn – und darauf zielte Bofingers zitierte Kritik ab – mit Ausnahme der USA verfügte in allen untersuchten Ländern das reichste Prozent der Bevölkerung im Jahr 2010 über keinen größeren, sondern eher einen kleineren Anteil des gesamten Vermögensreichtums als vor 100 Jahren oder sogar vor 50 Jahren.
D.h. wenn Pikettys Gesetz gilt, dann in den USA.

Eine Weltformel der kapitalistischen Welt war und ist g = 1,5 v.H.; r = 4,5 v.H. deshalb nicht.

Kurt Tucholsky schrieb im Jahr 1931 in seiner Besprechung von Hans Falladas Roman „Bauern, Bonzen und Bomben“ einen simplen aber von einer tiefen Wahrheit durchdrungenen Satz:
„Das Volk versteht das meiste falsch, aber es fühlt das meiste richtig.“

Und der Erfolg wie die potenzielle politische Sprengkraft Pikettys Buch sind – meiner Überzeugung nach – darin begründet, dass Piketty das langfristig politisch sicher wirkmächtige Bauchgefühl vieler Menschen auch in unserem Land anspricht.
Und damit bin ich beim eigentlichen Hauptteil meines Vortrages.

− Wozu dienen unsere Sinnesorgane?
Unsere Sinnesorgane wie zum Beispiele unsere Augen und Ohren dienen nicht dazu, unsere Umwelt korrekt abzubilden. Unsere Sinnesorgane sind eine Art Filter, um aus der unendlichen Vielfalt der elektromagnetischen oder akustischen Wellen nur das winzige Spektrum herauszufiltern, was für unseren Metabolismus wichtig ist. Tiere zum Beispiel nehmen die gleiche Welt völlig anders wahr. Wir sollten daher nicht glauben, dass das, was wir sehen, hören fühlen, riechen oder schmecken die gesamte Realität ist.

− Jeder Wissenschaftler, der Ökonom, der Soziologe, der Historiker und auch der Astronom und Physiker, hat eine Brille auf der Nase und damit vor seinen Augen: Sein Paradigma, das Vorverständnis seiner Theorie. Und diese Brille der Theorie dient ebenfalls – wie unsere Augen – nicht dazu, die Komplexität der Realität richtig zu sehen, sondern dazu, das besonders scharf zu erkennen, worauf sein – paradigmatisch geprägtes – Erkenntnisinteresse gerichtet ist.
Beispiel: In der aktuellen Wirtschaftskrise in Frankreich wird der Keynesianer vor allem die durch kreditfinanzierte Investitionsprogramme zu schließenden Outputlücken sehen, also die Differenz zwischen dem tatsächlichen Bruttoinlandsprodukt und dem darüber liegenden Produktionspotenzial. Ein der neoklassischen Position verpflichteter Ökonom wird dagegen vor allen das geringe Potenzialwachstum sehen, welches es durch Strukturreformen zu erhöhen gilt.

Und ähnlich unterschiedlich und damit selektiv nehmen viele Zeitgenossen – ebenso Sie und ich – die soziale Befindlichkeit in unserem Lande wahr.

Während die Sozialverbände in Deutschland regelmäßig ein Land sehen, in dem sich die Armut ölfleckartig ausbreitet, sehen andere in diesem Land „Europe´s Engine“, einen Staat, der – je nach Nationalität und politischer Ausrichtung – die Eurozone aus ihrer Krise herausziehen kann, es muss oder es tun sollte. Beide Sichtweisen können gleichzeitig zumindest nicht ganz richtig sein.

Der Elitenforscher Michael Hartmann hat vor kurzem ein Buch heraus gebracht „Soziale Ungleichheit – Kein Thema für die Eliten?“
Unter anderem hat er sich darin mit der subjektiven Wahrnehmung und dem objektiven Wissen von Wohlhabenden und Reichen auseinander gesetzt. Als „reich“ definiert Hartmann Menschen, die ein jährliches Kapitaleinkommen von über 100.000 Euro beziehen und daher zumindest über etwa 4 Millionen disponibles Kapital verfügen.

Nach dieser Definition müssten hier und heute viele Reiche zusammen gekommen sein.
Die meisten dieser Vermögensinhaber – insbesondere die, die deutlich mehr als die vier Millionen Vermögen haben – sagen von sich, dass nicht nur sie, sondern auch ihre Eltern und Großeltern hart gearbeitet haben aber auch ein bisschen Glück hatten. Dies trifft durchweg zu, denn Reiche sind in der Regel sehr fleißig. Soweit stimmen Wahrnehmung und Realität überein. Die selektive Wahrnehmung der Realität beginnt allerdings dann, wenn Wohlhabende und Gutverdienende danach gefragt werden, wo sie glauben, bei welchem Einkommen die Armutsgrenze und das Durchschnittseinkommen liegen. Hierzu zitiert Hartmann eine repräsentativen Umfrage unter Bankern in Großbritannien. Von diesen befragten leitenden Bankangestellten wurde diese Armutsschwelle beim tatsächlichen Durchschnittseinkommen verortet und das Durchschnittseinkommen der Bevölkerung dort, wo das Einkommen des obersten Zehntels der Einkommenspyramide beginnt.

Allerdings gibt es auch Untersuchungen, die zeigen, dass ein sehr großer Teil der deutschen Bevölkerung den Anteil der Armen und Armutsgefährdeten deutlich höher einschätzt als er tatsächlich ist.

Sie sehen die Brille der Befragten.
Ich bin mir aber sicher, dass das für die Anwesenden nicht gilt und Sie alle wissen, dass
– die Armutsgrenze eines Singles in Bremen bei etwas über 700 Euro im Monat liegt,
– das Nettoarbeitsentgelt eines vollzeitig Beschäftigten über alle Branchen gerechnet in Deutschland bei gut 2.100 Euro im Monat liegt und
– fast 7,5 Millionen Personen – das sind etwa 9,5 Prozent der Wohnbevölkerung auf staatliche Fürsorgeleistungen angewiesen sind.

Test: Erinnern Sie sich noch an den ersten Wall-Street-Film aus dem Jahr 1987 von Oliver Stone und mit Michael Douglas in der Hauptrolle des Gordon Gekko. Damals, vor weniger als dreißig Jahren, galten die in diesem Film gezahlten Jahresgehälter von Bankmanagern von zwei Millionen Dollar als unanständig hoch und damit gesellschaftlich nicht akzeptabel.

Heute bekommen selbst deutsche Manager – sogar der Old Economy, sprich der Industrie – durchaus bis zum 10-Fachen und Top-Hedgefonds-Managern in den USA wird sogar über eine Milliarde, sprich 1000 Millionen US-Dollar gezahlt.

Und damit komme ich zum zentralen Punkt, warum ich glaube und erwarte, dass Piketty wirklich eine Art Marx des 21. Jahrhundert werden könnte.

Dazu ist ein kleiner wissenschaftstheoretischer Exkurs erforderlich. Charakteristisch für alle Wissenschaften ist das systematische Streben nach neuen Erkenntnissen.

Bei den Formalwissenschaften wie der Logik, der Mathematik oder Informatik, also Disziplinen, deren Objekte in der Realität nicht existieren, lässt sich die Wahrheit oder Gültigkeit einer Aussage nur mit Gesetzen der Logik überprüfen, und der Erkenntnisstand lässt sich nur durch logische Verknüpfungen vorantreiben.

Bei den Realwissenschaften, den Naturwissenschaften wie den Kultur- und Sozialwissenschaften, handelt es sich dagegen um Aussagensysteme, deren Gegenstände und Erkenntnisobjekte real existierende raumzeitliche Systeme oder Phänomene sind. Bei diesen Wissenschaften kommt zur logischen Stimmigkeit der Aussagen die empirische Überprüfung, der sogenannte Falsifikationstest, hinzu.

Neben dieser Gemeinsamkeit aller Realwissenschaften, nämlich der Überprüfung von Hypothesen an der Realität, besteht allerdings zwischen den Naturwissenschaften und den Sozialwissenschaften, namentlich der Ökonomie, ein wichtiger Unterschied.

Dieser Unterschied ist der, dass bei einer naturwissenschaftlichen Disziplin das Erkenntnisobjekt zwar in der Lage ist, das konzeptionelle Vorverständnis eines Wissenschaftlers und seine Theorie ins Wanken zu bringen und auch zu verändern, wenn es sich dessen Erklärungsversuchen entzieht.

So fand sich in den Feldgleichungen Albert Einsteins zu seiner Allgemeinen Relativitätstheorie zunächst eine kosmologische Konstante, die gewährleistete, dass das Universum bei einer nur minimalen Abweichung in der Massenverteilung weder kollabiert noch permanent expandiert. Nachdem Edwin Hubble im Jahr 1929 die Rotverschiebung und damit eine „Fluchtbewegung“ entfernter Galaxien entdeckt hatte, soll Einstein seine Kosmologische Konstante zunächst nur gestrichen haben, um diese, seinem damaligen Weltbild entsprechende Harmoniekonstante später allerdings als „größte Eselei seine Lebens“ zu bezeichnen.

Das Erkenntnisobjekt oder die Phänomene selbst, die ein Naturwissenschaftler erklären will, kann aber niemals vom Weltbild des Forschers z.B. des Chemikers, Physikers oder Astronomen beeinflusst werden.

Der Lauf der Gestirne wird dadurch nicht verändert, ob der analysierende Beobachter dem kopernikanischen, newtonschen oder einsteinschen Weltbild anhängt. Genau das aber, die Veränderung des Erkenntnisobjekts durch ein wissenschaftliches Paradigma – präziser dessen gesellschaftliche Wirkmächtigkeit – ist namentlich durch die Ökonomie möglich und oft zu beobachten.

Nachdem sich im 19. Jahrhundert die Laissez-faire-Ideen von Adam Smith oder Jean Baptiste Say in den Köpfen der Politik durchgesetzt hatten und dadurch die institutionellen Rahmenbedingungen des Wirtschaftens liberalisiert worden waren, funktionierte die Wirtschaft nicht mehr nach den Regeln des Merkantilismus, sondern nach den Gesetzen des freien Marktes.
Ein wissenschaftliches Paradigma hatte die wirtschaftliche Realität verändert.

Die dem Börsenkrach von 1929 nachfolgende Weltwirtschaftskrise brachte dann das damals herrschende marktliberale Paradigma ins Wanken.

Der nach Großbritannien emigrierte österreichische Ökonom Friedrich von Hayek, der intellektuelle Führer eines marktliberalen Denkens, empfahl Sparen und Lohnkürzungen als Antwort auf die Krise. Sein Gegenspieler John Maynard Keynes widersprach fundamental und empfahl auf der Basis seiner „General Theory“ das genaue Gegenteil des marktliberalen Konzepts – nämlich Steuersenkungen, schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme, keine Lohnkürzungen und den Ausbau sozialstaatlicher Leistungen. Sein Konzept setzte sich durch, die Politik und damit die Welt wurden keynesianisch.

In Deutschland trat an die Stelle die Ludwig Erhard´schen Philosophie des „Maßhaltens“ im Jahr 1967, das Stabilitätsgesetz, das die antizyklische Konjunkturpolitik zur staatspolitischen Norm und eine Schuldenfinanzierung quasi zur Regel machte.

Das keynesianische Paradigma versagte – nicht nur bei uns – bei der Bekämpfung der angebotsseitigen Schocks durch die Ölkrisen der 1970er Jahre. Die Realität legte eine neue Sichtweise und eine neue Wirtschaftspolitik nahe.

Die keynesianische Doktrin wurde – weniger in Westeuropa aber dafür umso deutlicher – in den angelsächsischen Ländern abgelöst durch das federführend von Milton Friedman entwickelte und propagierte – neoliberale Paradigma der Chicagoer Schule.

Dieses Paradigma setzte sich auch in den institutionellen Regeln des Wirtschaftens durch. Die Folgen: Die Finanzmärkte wurden liberalisiert, die Arbeitsmärkte flexibilisiert und hohe sozialstaatliche Standards wurden ebenso wie die Einkommensund Vermögenssteuern im Interesse wachstumsfreundlicher Rahmenbedingungen gesenkt.

Das heißt, die wirtschaftliche Realität änderte sich mit der Verbreitung dieser auf Liberalisierung und Deregulierung setzenden wirtschaftswissenschaftlichen Sichtweise, dem Neoliberalismus US-amerikanischer Provenienz.

N.B. Auch das, was wir als „soziale Marktwirtschaft“ kennen und nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen der alten Industriestaaten Westeuropas etabliert wurde, ist ein neoliberales Konzept.

Der fundamentale Unterschied zwischen den beiden Konzepten ist der folgende: Das angelsächsische Konzept des Neoliberalismus wie das liberale Konzept des 19. Jahrhunderts betrachteten den Markt als einen Vollautomaten, der – lässt man ihn nur ungestört funktionieren – Wachstum, Vollbeschäftigung und allgemeinen Wohlstand garantiert. Deregulierungen, verstanden als die Beseitigung von Markthemmnissen bzw. die Rücknahme marktverzerrender staatlicher Vorschriften, haben daher a priori Wohlstand steigernde Wirkungen. Wirtschaftliche Effizienzgewinne sind dieser Konzeption zufolge immer auch ein gesamtgesellschaftlicher Fortschritt.

Die kontinentaleuropäische oder ordoliberale Variante – oder wie man in Frankreich sagt der „rheinische Kapitalismus“ – die sich seit dem Ende der 1940er Jahre des vergangenen Jahrhunderts heraus gebildet und die wirtschaftliche Entwicklung in Westeuropa nach dem zweiten Weltkrieg geprägt hat, sieht im Markt einen Halbautomatismus, der, um nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich effizient zu sein, staatlicher Korrekturen, d.h. politischer Eingriffe bei Marktversagen bedarf, vor allem im Hinblick auf die Einkommensverteilung, die makroökonomische Stabilität und die Umwelt. Und zudem wird eine aktive Wettbewerbspolitik als unabdingbar angesehen, da ein unkon¬trollierter Wettbewerb zur Unternehmenskonzentration und damit letztlich zur Selbstzerstörung des Wettbewerbs führt.

Nun, die auf eine Deregulierung möglichst aller Märkte setzende Variante des USamerikanischen Neoliberalismus zerbrach dann – zumindest intellektuell – in der Finanzkrise des Jahres 2007/8.

Im Herbst 2008 gestand der vom August 1987 bis Ende Januar 2006 amtierende legendäre und von den Finanzmarktakteuren bewunderte Chef der FED, Alan Greenspan, öffentlich, dass die Theorien, aufgrund derer er alle seine Entscheidungen gefällt hätte, nichts getaugt hätten.

Die herrschende Makroökonomie und vor allem die Finanzmarkttheorie mit ihrenStandardmodellen, die auf der Theorie effizienter Kapitalmärkte und der Annahme basieren, dass alle Marktteilnehmer immer alle verfügbaren Informationen rational verarbeiten würden und es so etwas wie ein Marktversagen nicht geben könnte, wurden durch diese globale Finanzkrise widerlegt – wenngleich dies noch nicht durchgängig akzeptiert wird.

Die Folgen: Ein Aufleben neokeynesianischer Ideen, eine zunehmende Regulierung zumindest der Finanzmärkte und ein intensives, bislang freilich wenig erfolgreiches Suchen nach neuen ökonomischen und wirtschaftspolitischen Paradigmen unter den Stichworten „Nudging“ oder „Animal Spirits“.

Die Wirklichkeit ändert sich, weil sich die wissenschaftliche Sicht auf die Realität geändert hat.

„Die Gedanken der Ökonomen und Staatsphilosophen, sowohl wenn sie im Recht, als auch wenn sie im Unrecht sind, sind einflussreicher als gemeinhin angenommen. Die Welt wird in der Tat durch nicht viel anderes beherrscht. Politiker, die sich ganz frei von intellektuellen Einflüssen glauben, sind gewöhnlich die Sklaven irgendeines verblichenen Ökonomen“, das sagte Keynes 1936.

Und einer seiner Gegenspieler, der liberale Österreicher Ludwig von Mises, schrieb 1940: „Die Auseinandersetzung über die Probleme der Gesellschaftsordnung wurde und wird nie anders geführt als mit dem Gedankengut nationalökonomischer Theorien“.

Und weil beide Denker, deren paradigmatischen Ansätze unterschiedlicher nicht sein konnten, in diesem Punkt der gleichen Überzeugung waren, glaube ich, dass Pikettys Buch mittelfristig nicht ohne politische Folgen bleiben wird.

Aber nicht, weil die Verteilungen der Einkommen und Vermögen sich grotesk verschoben hätten oder verschieben werden, sondern weil seit geraumer Zeit in unserem Lande das schwindet, was Soziologen als Sozialkapital bezeichnen.

Die Entwicklungsfähigkeiten einer Gesellschaft, einer Nation werden bestimmt vom
− Humankapital, sprich den Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Bevölkerung, dem
− Realkapital, sprich der Angemessenheit und Modernität der öffentlichen Infrastruktur wie der Investition der Privatwirtschaft, aber gleichermaßen vom
− Sozialkapital, sprich der Fähigkeit einer Gesellschaft zur Kooperation, Integration und Inklusion.

Und genau wegen seines hohen Sozialkapitals ist der „inklusive Kapitalismus“, d.h. eine Marktwirtschaft mit einer hohen sozialen Durchlässigkeit und Aufstiegsmobilität, die chancengerechteste und dynamischste Wirtschaftsordnung. Historische Beispiele für Inklusionsschübe:

Die Einführung der Gewerbefreiheit in Preußen im Rahmen der Stein-Hardenbergschen Reformen 1807/10 befreite das Handwerk aus den Zwängen des Zunftwesens. Die Auswirkungen dieser Liberalisierung betrafen dabei weniger die Weiterentwicklung der Technik und Produktionsweise, sondern bewirkten eine Weckung des „kapitalistischen Geistes“ für einen großen Teil der Bevölkerung. Nicht mehr die „gerechte Nahrung“ oder der „gerechte Lohn“, sondern das Gewinnstreben rückte in den Mittelpunkt.

Das Wachstum der Betriebe wurde nicht länger durch das ungeschriebene aber wirkmächtige Gesetz, wonach im Regelfall nur zwei Gesellen erlaubt waren, beschränkt. Der Zugang zum Handwerk, insbesondere zu den Meisterstellen, war nicht mehr reguliert. Die neuen Lebenschancen erzeugten eine wirtschaftliche und soziale Aufbruchsstimmung.

Die zeitgleich stattfindenden Agrarreformen, die unter dem Namen Bauernbefreiung bekannt sind, brachen das herrschende Feudalsystem auf. Durch die Regulierungen und Ablösungen erhielten die bisher grundherrschaftlich gebundenen Bauern nicht nur ihre persönliche Freiheit, sondern auch die Eigentums- und Verfügungsrechte an dem von ihnen bewirtschafteten Boden – freilich gegen Entschädigung in Land oder Geld. Auch wenn die Lasten nach wie vor drückend waren, arbeiteten die Bauern nicht mehr länger für die Grundherren, sondern für sich selbst. Perspektivisch war abzusehen, dass der Hof innerhalb einer Generation entschuldet war. Der Arbeitseifer stieg sprunghaft an.

Die Industrialisierung in Deutschland im 19. Jahrhundert ist ohne die Befreiung von Gewerbe und Landwirtschaft aus den Zwängen der vormodernen Gesellschaft nicht vorstellbar. Damit verbunden war die Aussicht auf sozialen Aufstieg für einen größer werdenden Teil der Bevölkerung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Deutschland trotz vieler Kontinuitätslinien zahlreiche Brüche, die das bestehende Sozialgefüge durcheinander wirbelten und ökonomische Dynamik generierten.

Man denke nur an die 12 Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen. Selbst wenn es die kolportierte „Stunde null“ nicht gab und die Währungsreform von 1948 keineswegs – wie oft behauptet – als großer Gleichmacher wirkte, da die Eigentümer von Sachkapital privilegiert waren, existierte so etwas wie eine Aufbruchsstimmung.

Wohlstand war weniger von der sozialen Herkunft, als mehr von den eigenen Fähigkeiten abhängig. Es gab deutlich weniger soziale Abschließungstendenzen als in den Zeiten davor. Dies war sicher auch eine oft unterschätzte Ursache für die Wirtschaftswunderjahre bis Ende der 1960er Jahre.

Wie sieht es heute bei uns aus?

Es hat in der jüngeren Vergangenheit eine ganze Reihe von Jahren mit Realeinkommensverlusten für die sogenannte Mittelschicht gegeben. Aber die in den Medien kolportierte Erosion dieser Mittelschicht hat es nicht gegeben. Seit fünfundzwanzig Jahren beziehen etwa 60 Prozent der deutschen Haushalte ein Einkommen zwischen 70 und 150 Prozent des mittleren Einkommens. Das mittlere Einkommen ist das Einkommen, bei dem genau die eine Hälfte der Einkommensbezieher ein höheres und die andere Hälfte ein niedriges Einkommen bezieht.

Wenngleich sich die Einkommensschere zwischen Arm und Reich bei uns seit Anfang der 1990er Jahre bis zum Jahr 2005 geöffnet hat, um sich dann bis 2010 leicht zu schließen und dann wieder zu öffnen, zählt Deutschland innerhalb der OECD-Staaten immer noch zu den Industrieländer mit einer halbwegs ausgewogenen Einkommensverteilung.

Was aber bei uns merklich abgenommen hat – und das ist etwas Schlechtes – ist die Einkommensmobilität.
Einkommensmobilität beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person oder ein Haushalt innerhalb eines bestimmten Zeitraumes – seien es eins, drei oder fünf Jahre
– seine Position innerhalb der Pyramide der Einkommensbezieher verändern kann.

Für gering oder unterdurchschnittlich Verdienende beschreibt diese Mobilitätskennziffer die Chance eines Aufstiegs.

Eine hohe Einkommensmobilität ist so etwas wie das Lebensblut in den Adern einer dynamischen Marktwirtschaft.

Ungleichheit wird regelmäßig akzeptiert, wenn der sprichwörtliche Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär kein exotischer Einzelfall ist. Dies könnte auch ein Grund dafür sein, dass sozialistische Ideen in den USA selbst in den wildesten Jahren des roaring capitalism 1870 bis 1920 nicht auf einen fruchtbaren Boden fallen konnten.

Bei uns in Deutschland ist diese Einkommensmobilität zwar noch nicht zum Erliegen gekommen, aber sie ist in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Es ist deshalb vielleicht überspitzt formuliert aber sicher nicht falsch, in der damit verbundenen Verfestigung von Einkommens- und Statusposition so etwas wie eine Refeudalisierung unserer Gesellschaft zu sehen.

Und feudale Staaten und zünftisch organisierte Gesellschaften mit einer ausgeprägten Ungleichheit von Einkommen und Vermögen waren immer auch wachstumsschwach. Und das gilt auch für marktwirtschaftliche Ökonomien. Denn in einem im Februar diesen Jahres erschienen sehr aufwändigen Vergleich aller 34 OECD-Staaten mit einem repräsentativen Panel von Nicht-OECD-Ländern durch drei Ökonomen des IWF wurde gezeigt, dass
– eine zunehmende Ungleichheit mit leicht rückläufigen Wachstumsraten einher geht und dass es
– keinen negativen Zusammenhang zwischen einer moderaten Erhöhung der Umverteilungsintensität und dem Wirtschaftswachstum gibt.

Und in einer demnächst zur Veröffentlichung anstehenden Studie der OECD wird eine für stärkere Umverteilung zugunsten der Ärmeren plädiert, da das Auseinanderdriften der Einkommensverteilung in faktisch allen Mitgliedsländern dieser Organisation durchgängig mit Wachstumsverlusten verbunden war.

Eine Tendenz zu einer meines Erachtens bedenklichen Entsolidarisierung und Refeudalisierung auch bei uns mache ich an drei Beobachtungen fest:

Erstens: Es gilt inzwischen als normal, dass sich Leistungs- und Sympathieträger, ob sie nun Beckenbauer, Beckers, Schumacher, Vettel, Schreinemakers oder Friesinger heißen, unserer im internationalen Vergleich nicht besonders hohen Einkommensbesteuerung durch die Verlagerung des Wohnsitzes entziehen, als Deutsche in Steueroasen leben und dort besteuert werden, wenn sie sich nicht mehr als180 Tage im Jahr in Deutschland aufhalten. Dies ist individuell verständlich. Unverständlich ist es allerdings, wenn diese Persönlichkeiten von der Politik bei internationalen Events oder bei Bewerbungen und auf Road Shows oft und gerne als Botschafter eines neuen Deutschland eingesetzt werden.

Zweitens: Für besser verdienende Eltern – und dazu gehören auch Politiker aller Parteien und Gewerkschaftsführer – ist es fast zu einer Selbstverständlichkeit geworden, ihre Kinder auf Privatschulen zu schicken – nicht selten im Ausland. Der Grund: Die öffentlichen Schulen bei uns werden als nicht gut genug angesehen. Es ist unstrittig, dass von privaten Schulen Modernisierungsimpulse auf das öffentliche Schulsystem ausgehen können. Aber es ist belegt , dass private Schulen eine Spaltung der Gesellschaft vertiefen und sie in der Summe keineswegs besser sind als die öffentlichen Schulen. Dennoch wäre diese Entscheidungen der Eltern zu akzeptieren, wenn sie bereit wären, die gesamten Kosten dieser Privatausbildung zu übernehmen und sich zumindest für ein besseres, den Kindern aus allen Einkommens- und Gesellschaftsschichten offenstehendes staatliches Schulsystem einsetzen oder sich für eine Überwindung unseres Patchworks an 16 Schulsystemen stark machen würden. Aber stattdessen fordern diese Eltern sehr oft eine bessere Bezuschussung dieser Privatschulen aus Steuermitteln – zulasten des unterfinanzierten öffentlichen Schulsystems.

Drittens: Seit einiger Zeit ist ein Rückgang der Bildungsrenditen zu beobachten.
Die Bildungsrenditen bemessen sich am durchschnittlichen Lebenseinkommen eines Akademikers im Vergleich zu jemandem, der nach dem Abitur ins Berufsleben einsteigt. Der Grund für diesen Rückgang ist eine Entwertung mittel bis hoch qualifizierter Arbeit unter den Stichworten Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Industrie 4.0.

Beispiel: Das US-amerikanische und auch britische Recht sind auf Präzedenzfällen basierende Case-Law-Recht-Systeme. Die Suche nach den in einem Verfahren einschlägigen Präzedenzfällen wurde bisher von recht gut verdienenden Juristen durchgeführt. Seit einigen Jahren gibt es in den USA eine Computersoftware, die es erlaubt, in der gesamten US-amerikanischen Rechtsprechung nach den jeweils einschlägigen Präzedenzfällen zu suchen. Durch diesen informationstechnologischen Quantensprung verschlechterten sich die Berufsperspektiven für eine ganze Generation von jungen Juristen in den USA.

Wie gesagt: Das Volk versteht das meiste falsch, aber es fühlt das meiste richtig.

Lassen Sie mich deshalb mit einer Prognose schließen:
Die Umverteilungsintensität unseres Steuersystems wird sich – unabhängig vom Farbspiel der Bundesregierung – in den nächsten Jahren erhöhen – sei es über eine Reintegration der Kapitaleinkommen in die Einkommensteuer oder eine erhöhende Anpassung der im Verdacht der Grundgesetzwidrigkeit stehenden derzeitigen Erbschaftssteuer.

Das Wirtschaftswachstum würde dadurch sicher nicht beeinträchtigt.

Und beides wären bessere Alternativen als die Wiedererhebung einer jährlich in den Vermögensaufbauprozess eingreifenden Vermögensteuer, die im Übrigen nicht abgeschafft wurde, sondern seit 1997 nur nicht mehr erhoben wird.

Ich bedanke mich für Ihre geduldige Aufmerksamkeit und bitte um Nachsicht für etwaige Provokationen.

Georg Abegg
Bremen
ehem. Vorsitzer Kunstverein Bremen

Prof. Thomas Albert
Intendant
Musikfest Bremen

Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jürgen Appelrath
Vorstand
OFFIS e.V., Oldenburg

Johann Robert Basedow
Doktorant
London School of Economics (LSE), London

Nikolaus Behr

Mitglied des Vorstandes
EWE AG, Oldenburg

Stefan Bellinger

Geschäftsführender Gesellschafter
Carbox GmbH & Co.KG, Achim bei Bremen

Jürgen Bentlage
Bremen
ehem. Mitglied des Vorstandes
Deutsche Schiffsbank

Willem René Bezemer
Generalbevollmächtigter
Bankhaus Carl F. Plump & CO AG, Bremen

Jens Bieniek
Mitglied des Vorstandes
BLG Logistics Group AG & Co. KG, Bremen

Martin Billhardt
Vorsitzender des Vorstandes
PNE Wind AG, Cuxhaven

Ludwig Blomeyer-Bartenstein
Mitglied der Geschäftsleitung
Deutsche Bank AG, Bremen
Vorsitzender des Bankenverbandes Bremen

Wilhelm von Boddien

Geschäftsführer
Förderverein Berliner Schloß e.V., Hamburg
Mitglied ‚Kleines Gremium‘, Bremer Tabak-Collegium

Honorarkonsul Hylke Huibert Boerstra
Geschäftsführender Gesellschafter
Carl Büttner GmbH & Co.KG, Bremen
Honorarkonsul Königreich der Niederlande

Peter Braun

Geschäftsführender Gesellschafter
Peter Braun Personalberatung GmbH, Bremen

Mathias K. Brauner
Geschäftsführender Gesellschafter
Certuss Dampfautomaten GmbH & Co. KG, Krefeld

Dipl.-Ing. Wilke Briese
Geschäftsführung
Briese Schiffahrts GmbH & Co. KG, Leer

Dr. Thomas Brinkmann, LL.M. (Tulane)
Rechtsanwalt und Notar
Dr. Schackow & Partner – Rechtsanwälte und Notare, Bremen
Sprecher ‚Kleines Gremium‘, Bremer Tabak-Collegium

Marko Broschinski
Vorstand
Bankhaus Carl F. Plump & CO AG, Bremen

Matthias Brückmann
stv. Vorsitzender des Vorstandes
EWE AG, Oldenburg
Mitglied des Vorstandes
swb AG, Bremen

Dr. Guido Brune
Mitglied des Vorstandes
Bremer Landesbank, Bremen

Jan-Dieter Bruns

Geschäftsführender Gesellschafter
Bruns-Pflanzen-Export GmbH & Co. KG, Bad Zwischenahn-Dreibergen

Jürgen Bula
Geschäftsführer
Flughafen Bremen GmbH, Bremen
Präsident des Marketing-Clubs Bremen

S.H. Dr. Moritz
Freiherr von Campenhausen

Berater
Egon Zehnder International GmbH, Hamburg

Dr. Albert Christmann
Persönlich haftender Gesellschafter
Dr. August Oetker AG, Bielefeld

Jörg Conrad
Geschäftsführender Gesellschafter
Lexzau, Scharbau GmbH & Co., Bremen

Gunnar Cynybulk
Geschäftsführer
Aufbau-Verlag Berlin

Gustav Deiters
Geschäftsführender Gesellschafter
Crespel & Deiters GmbH & Co. KG, Ibbenbüren

Anders Doevigen
Unternehmer
Wiesbaden

Joachim Döpp
Mitglied des Vorstandes
Die Sparkasse Bremen AG

Dipl.-Oec. Frank Dreyer
Geschäftsführung
Briese Schiffahrts GmbH & Co. KG, Ihlow-Simonswolde

Konsul Eduard Dubbers-Albrecht
Geschäftsführender Gesellschafter
Ipsen Group GmbH & Co. KG, Bremen
Königlich Dänischer Konsul a.h.

Dr. Hermann Eibach
Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde,
Bremen

Prof. Dr. Konrad Elmshäuser
Leitender Direktor
Staatsarchiv Bremen

Hans-Christoph Enge
Geschäftsführender Gesellschafter
Lampe & Schwartze KG, Bremen

Heinrich Engelken
stv.Vorsitzender des Vorstandes
Bremer Landesbank, Oldenburg

Dipl.-Kfm. Patrick Engels

Geschäftsführender Gesellschafter
Pöschl Tobacco Group, Geisenhausen

Gerhard Fiand
Vorsitzender des Vorstandes
Landessparkasse zu Oldenburg

Dipl.-Kfm. Bodo Finger
Geschäftsführer
Chemnitzer Zahnradfabrik GmbH & Co. KG,
Chemnitz
Präsident der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft (VSW)

Dr. Matthias Fonger
Hauptgeschäftsführer und I. Syndikus
Handelskammer Bremen

Prof. Dr. Stephan M. Freys
Chefarzt
DIAKO-Darmzentrum Bremen

Michael Friedrich
Leiter der Niederlassung Weser-Ems
Daimler AG, Bremen

Stephan M. Friedrich
Geschäftsführer
Lürssen Industrie Beteiligungen GmbH & Co. KG, Bremen

Dr. Hans-Georg Friedrichs
Rechtsanwalt und Notar
Dr. Schackow & Partner – Rechtsanwälte und Notare, Bremen

Dr. Wolfram von Fritsch
Vorsitzender des Vorstandes
Deutsche Messe AG, Hannover

Tom Fülles
Geschäftsführer
Gollücke & Rothfos GmbH, Bremen

Thomas Fürst
Mitglied des Vorstandes
Die Sparkasse Bremen AG

Landrat a.D. Dirk Gaerte
Sigmaringendorf

Erich Gebhardt
Bremen
Mitglied des Aussichtsrates
Greiner Holding AG, Kremsmünster

Peter Gerber
Vorsitzender des Vorstandes
Lufthansa Cargo AG, Butzbach

Prof. Dr. Lüder Gerken
Vorsitzender des Vorstandes
Stiftung Ordnungspolitik, Freiburg i. Br.

Dr. Ralph Geuther
Geschäftsführender Gesellschafter
Karl Geuther & Co. Holding GmbH & Co. KG, Bremen

Wolfgang Glöckler
Wiesbaden
ehem. Geschäftsführer des Sachverständigenrates

Dipl.-Ing. Lutz Goebel

Geschäftsführender Gesellschafter
Henkelhausen GmbH & Co. KG, Krefeld
Präsident „Die Familienunternehmer-ASU“

Martin Grapentin
ehem. Vorsitzender des Vorstandes
Landessparkasse zu Oldenburg

Achim Griese
Geschäftsführer
Achim Griese Treuhandgesellschaft, Hamburg

André Grobien
Geschäftsführender Gesellschafter
Lampe & Schwartze KG, Bremen
Ältester, Compagnie der Schwarzen Häupter aus Riga

Werner J. Groos

Hamburg

Senator Martin Günthner
Senator für Wirtschaft und Häfen
Bremen

Prof. Dr. Herwig Guratzsch
Hamburg
ehem. Direktor Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen, Schleswig
Mitglied ‚Kleines Gremium‘, Bremer Tabak-Collegium

Gerhard Harder
Vorsitzender des Aussichtsrates
Die Sparkasse Bremen AG
Vorsitzender der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS)

Hendrik Harms
Sprecher der Geschäftsführung
Deutsche Factoring Bank, Bremen

Dr. Martin Harren
CFO
Harren & Partner-Gruppe, Bremen

Dr. Arie Hartog
Direktor
Gerhard-Marcks-Haus, Bremen

Dr. Peter Haßkamp
Bremen
ehem. Vorsitzender des Vorstandes der Bremer Landesbank, Bremen
Mitglied des Beirates, Signa Holding GmbH, Wien
ehem. Mitglied ‚Kleines Gremium‘, Bremer Tabak-Collegium

Thomas Haukje
Geschäftsführender Gesellschafter
Lampe & Schwartze KG, Bremen

Dr. Peter Haverbeck

Hannover
ehem. Vorstand Continental AG

Paul Heinen
Geschäftsführer
Tobaccoland Automatengesellschaft mbH & Co.KG, Mönchengladbach

Robert Hempel
Geschäftsführender Gesellschafter
Hanseatische Waren Handelsgesellschaft mbH & Co.KG, Bremen

Heinz-Werner Hempel
Geschäftsführender Gesellschafter
Hanseatische Waren Handelsgesellschaft mbH & Co. KG, Bremen

Volkmar Herr

Geschäftsführer
Handelskammer Bremen

Joachim Hoepp
Geschäftsführer
Nanu-Nana Einkaufs- und Verwaltungsgesellschaft mbH, Oldenburg

Dr. Rüdiger Hoffmann
Geschäftsführender Gesellschafter
media projects public relations GmbH, Bremen
Vorsitzender Der Club zu Bremen e.V.

Carsten Hofmeister
Vorstand
Seghorn AG, Bremen

Oliver Hoins
Geschäftsführender Gesellschafter
Hoins Intermusik GmbH, Bremen

Kai-Uwe Hollweg
Persönlich haftender Gesellschafter
Cordes & Graefe KG, Bremen

Dipl.-Kfm. Fritz Hollweg
Persönlich haftender Gesellschafter
Gottschall & Sohn KG, Grevenbroich

Christoph Holtkemper
Mitglied des Aufsichtsrates
Seghorn AG, Bremen

Martin Holzhüter
Logistik Direktor
Anheuser-Busch InBev Germany Holding GmbH, Bremen

Prof. Dr. Dieter Kurt Hossfeld
Hamburg
ehem. Direktor der Onkologie des UKE, Hamburg

Dipl.-Ing. Stephan Hupertz
Architekt
Hamburg

Luc Hyvernat
General Manager Deutschland und Schweiz
Imperial Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH, Hamburg

Staatssekretär a.D. Thomas Ilka
Geschäftsführer Europa/Internationale Beziehungen
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., Berlin

Michael Jänichen
Direktor
Berliner Sparkasse – Niederlassung der Landesbank Berlin AG

Gerhard Jochum
Vorsitzender der Aufsichtsrates
GASAG Berliner Gaswerke AG, Berlin

Michael Kaib
Sales Director Germany
Imperial Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH, Hamburg

Prof. Dr. Hans Kaminski
Institutsdirektor u. Geschäftsführer
Institut für Ökonomische Bildung gemeinnützige GmbH (IÖB), Oldenburg

Carl Kau, MdBB
Niederlassungsleiter
Oldenburgische Landesbank AG, Bremen

Dr. Stephan-Andreas Kaulvers
Vorsitzender des Vorstandes
Bremer Landesbank, Bremen

Senatsdirektor a.D. Ulrich Keller
Rechtsanwalt
Bremen

Dr. Martin Klinkhammer
Mitglied der Geschäftsleitung
Deutsche Bank AG, Bremen

Peter Klose
Vorstand
Bankhaus Carl F. Plump & CO AG, Bremen

Dr. Christoph Klosterkemper
Mitglied der Geschäftsführung
Atermann König & Pavenstedt GmbH & Co. KG, Bremen

Ralf J. Koch
Gesellschafter
Kaefer Isoliertechnik GmbH & Co., Bremen

Wolfgang G. Köhne
Geschäftsführender Gesellschafter
Hellmering, Köhne GmbH & Co., Bremen

Dr. Torsten Köhne
Vorsitzender des Vorstandes
swb Aktiengesellschaft, Bremen
Mitglied des Vorstandes
EWE AG, Oldenburg

Bert E. König
Geschäftsführer
König Connex e.K., Hamburg

Oberst Claus Körbi
Der Kommandeur Landeskommando Bremen
Scharnhorst-Kaserne, Bremen

Hans Jörg Kossmann
Geschäftsführer
Paul Kossmann GmbH & Co. KG, Bremen

Dipl.-Oec. Andreas Kottisch, MdBB

Vorstand
ePhilos AG, Bremen

Karl Heinz Krebs
Geschäftsführender Gesellschafter
Wirtschaftswerbung Krebs, Bremen

Matthias Kues
Sprecher der Geschäftsführung
Nord Holding Unternehmensbeteiligungsgesellschaft mbH, Hannover

Stephan Kulenkampff
Rechtsanwalt und Notar
Sozietät Blaum – Dettmers – Rabstein, Bremen

Otto Lamotte
Geschäftsführender Gesellschafter
Henry Lamotte Oils GmbH, Bremen

Henry Lamotte
Geschäftsführender Gesellschafter
Henry Lamotte Food GmbH, Bremen

Hans-Dieter Lampe
Geschäftsführender Gesellschafter
Handelsgesellschaft Frantz Kragh GmbH, Bremen
Generalbevollmächtigter und Mitglied ‚Kleines Gremium‘, Bremer Tabak-Collegium

Christoph Lampert
Geschäftsführender Gesellschafter
HollyHedge Consult GmbH, London

Thomas Lemke
Rechtsanwalt
Sozietät Kramer – Lemke – Wilken, Oldenburg

Martin Lepper
Senior Consult
ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG, Hamburg

Dr. Jörg Lichter
Head of Research
Handelsblatt Research Institute, Leverkusen

Dietmar Lillig
Chairman
Formia Airline Ltd. Honkong, Bremen

Joachim Linnemann
Geschäftsführender Gesellschafter
Justus Grosse GmbH, Bremen
Präsident Bremer Bürgerparkverein e.V.

S.D. Ferdinand
Prinz zur Lippe-Weißenfeld, M.A.

Rechtsanwalt
SLB Kloepper Rechtsanwälte, München

Ulf Lipske
Director
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Bremen

Franz-Wilhelm Löbe
Leiter der Niederlassung
Siemens AG Siemens Deutschland Region Nord, Bremen

Jens Lüpke
Direktor
Katholisches Forum Niedersachsen, Hannover

Peter Lürßen
Geschäftsführender Gesellschafter
Fr. Lürssen Werft GmbH & Co. KG, Bremen

Dipl.-Kfm. Jens Lütjen
Geschäftsführender Gesellschafter
Robert C. Spies KG, Bremen

Robert Mahn
Mitglied des Vorstandes
Minerva Versicherungs-AG, Bremen

Franz Peter Marx
Hauptgeschäftsführer und Rechtsanwalt
Verband der deutschen Rauchtabakindustrie, Bonn

Wolf-Christian Maßner
Mitglied des Vorstandes
Bankhaus Neelmeyer AG, Bremen

Dr. Klaus Meier
Vorsitzender des Aufsichtsrates
wpd AG, Bremen

Johann Christoph Meier
Geschäftsführer
Eggers & Franke GmbH & Co. KG, Bremen

Prof. Dr. h.c. Rudolf Mellinghoff
Präsident
Bundesfinanzhof, München
Mitglied ‚Kleines Gremium‘, Bremer Tabak-Collegium

Friedrich von Metzler
Persönlich haftende Gesellschafter
B. Metzler seel. Sohn & Co. KGaA, Frankfurt am Main

Gerrit Meyer
Privatier
Bremen

Dr. Hartwig Meyer
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
Gräwe & Partner GmbH, Bremen

Senator E.h. Dr. Eduard Möhlmann
Vorstand
Eriksen-Grensing-Stiftung, Oldenburg

Pastor Jens Motschmann
Bremen

George C. Muhle
Mitglied der Geschäftsführung
Atermann König & Pavenstedt GmbH & Co. KG, Bremen

Uwe Müller
Mitglied der Geschäftsführung
Deutsche Factoring Bank, Bremen

Götz-Michael Müller
Mitglied des Verwaltungsrates
Arysta AG Zürich, Bremen

Jörg Müller-Arnecke
Geschäftsführer
Beilken-Sails GmbH, Lemwerder

Maximilian Müllner
Vorstand
Deutsche Kinemathek, Berlin

Dipl.-Ing. Jochen Münnich
Hamburg
ehem. Geschäftsführer der Hermann-Reemtsma-Stiftung

Dr. Tim Nesemann
Vorsitzender des Vorstandes
Die Sparkasse Bremen AG, Bremen
Staatsminister a.D.

Prof. Dr. h.c. Bernd Neumann

Vorsitzender des Verwaltungsrates
FFA – Filmförderungsanstalt, Berlin

Achim Neuse
Geschäftsführer
Galerie Neuse Kunsthandel GmbH, Bremen

John H. Niemann
Präsident
Wilhelmshavener Hafenwirtschaftsvereinigung e.V.

Dipl.-Kfm. Andreas Niemeyer
Geschäftsführer
Dettmer Group KG, Bremen

Karl Niggemeier
Mitglied der Geschäftsleitung
Commerzbank AG, Bremen

Andreas Noodt
Gesellschafter, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
FIDES Treuhand GmbH & Co. KG, Bremen

Senator Dr. Ulrich Nußbaum
Senator für Finanzen
Berlin

Dr. Boris Oberheitmann
Geschäftsführer
Q-Bioanalytic GmbH, Bremerhaven

Dr. Dr. h.c. mult. Manfred Osten
Bonn
ehem. Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung
Mitglied ‚Kleines Gremium‘, Bremer Tabak-Collegium

Minister a.D.
Prof. Dr. Dr. h.c. Karl-Heinz Paqué

Lehrstuhl für Internationale Wirtschaft –
Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft
Otto-von Guericke-Universität Magdeburg
Mitglied ‚Kleines Gremium‘, Bremer Tabak-Collegium

Lutz H. Peper
Geschäftsführender Gesellschafter
Peper & Söhne GmbH, Bremen

Bernd Petrat
Geschäftsführender Gesellschafter
Nordwest Industrie Group GmbH, Frankfurt am Main

Dr. Dirk Plump
Geschäftsführender Gesellschafter
W. Tiemann GmbH & Co. KG, Bremen

Christian Plump
Persönlich haftender Gesellschafter
Plump KG, Wien

Timo Poppe
Mitglied des Vorstands
swb AG, Bremen
Generalbevollmächtigter Infrastruktur
EWE AG, Oldenburg

Dr. Detlev Rahmsdorf
Leiter Konzernstrategie Kommunikation
Deutsche Bank AG, Hofheim/Ts.

Dr. med. Hubertus Riedel
Facharzt für Innere Medizin, Bremen

Guenter Roese
Vorsitzender der Vorstände
Verein der Freunde und Förderer des
Kunstmuseums Ahrenshoop e.V
Stiftung des Kunstmuseums Ahrenshoop e.V.

Kim Martin Roether
Vorsitzender des Vorstandes
INTERSPORT Deutschland eG, Heilbronn

Jürgen Roggemann
Geschäftsführender Gesellschafter
Enno Roggemann GmbH & Co., Bremen

Wolfgang von Rohden
Vorsitzender des Aufsichtsrates
Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG, Berlin

Erik Roßbander
Schauspieler
Shakespeare Company, Bremen

Bürgermeister a.D.
Thomas Röwekamp, MdBB
Vorsitzender u. Rechtsanwalt
CDU-Fraktion der Bremischen Bürgerschaft, Bremen

Alexander Ruddat
Geschäftsführender Gesellschafter
Ruddat Grundbesitz GmbH & Co. KG, Bremen

Alexander Ruoff
Vorstand Vertrieb (COO)
CTS EVENTIM AG & Co. KGaA, Bremen

Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup
Präsident
Handelsblatt Research Institut, Düsseldorf

Prof. Dr. Dominic Sachsenmaier
Professor
Jacobs University Bremen

S.K.H. Michael Prinz von
Sachsen-Weimar-Eisenach
Mannheim

Senator a.D. Peter Sakuth
Geschäftsführer
Gebr. Rausch Wohnbau GmbH & Co. KG, Bremen

Senator E.h. Prof.
Dr. h.c. mult. Klaus Gerhard Saur

ehem. Geschäftsführender Gesellschafter Walter de
Gruyter GmbH, Berlin
Mitglied ‚Kleines Gremium‘, Bremer Tabak-Collegium

Nikolaus Schadeck
Partner
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Bremen

Stephan Schalk
Geschäftsführender Gesellschafter
Barth & Könenkamp Seiden GmbH & Co. KG, Bremen

Dr. Frank Schlaberg
Mitglied des Vorstandes
Bankhaus Neelmeyer AG, Bremen

Bernd Schmielau

persönlich haftender Gesellschafter
H. Siedentopf (GmbH & Co. KG), Bremen

Hans-Joachim Schnitger
Geschäftsführender Gesellschafter
Karl Geuther & Co. Holding GmbH & Co. KG, Bremen

Dr. Christian Schnülle

Geschäftsführender Gesellschafter
HTU Management und Sales Consulting, Rastede

Dr. Martin Schomaker
Propst
Katholische Gemeinde St. Johann zu Bremen

Wolfgang Schönecker
Vorstand
Schönecker AG, Bremen

Klaus-Peter Schulenberg
Vorsitzender des Vorstandes
CTS EVENTIM AG & Co. KGaA, Bremen

Dr. Jürgen Schumacher
Bremen

Senator Otto A. Schwimmbeck
Vorstand
OAS AG, Bremen

Heiko Seekamp
Geschäftsführender Gesellschafter
Seekamp Werbung GmbH & Co., Bremen

Caspar Seemann
Partner
Hartz Regehr & Partner GmbH Vermögensverwaltung, München

Dipl.-Kfm. Hans-Christoph Seewald
Wirtschaftsprüfer/Steuerberater
CT Lloyd GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Bremen
Präsident IHK Bremerhaven

Prof. Dr. Georg Skalecki
Landeskonservator
Landesamt für Denkmalpflege, Bremen

Johann G. Smidt
Geschäftsführer
Joh. Gottfr. Schütte GmbH & Co. KG, Bremen

Dr. Josef Sommer
Steuerberater
Dr. H. Kessler & Partner, Bremen

Rolf Specht
Geschäftsführender Gesellschafter
Residenz-Gruppe Bremen, Bremen

Michael Stark
Hauptgeschäftsführer
Industrie- und Handelskammer Bremerhaven

Prof. Dr. Heiko Staroßom

Mitglied des Vorstands
Die Sparkasse Bremen AG, Bremen

Max F. Stegemann
Mitglied des Vorstandes
Minerva Versicherungs-AG, Bremen

Dipl.-Kfm. Carl-Ulfert Stegmann
Vorstand
Reederei Norden-Frisia AG, Norden

Georg Strangemann
Geschäftsführender Gesellschafter
MLC Firmengruppe, Bremen

Christian Strenger
Mitglied des Aufsichtsrates
DWS Investment GmbH, Frankfurt am Main

Ralf Tabbert
Geschäftsführer
Nordwest Assekuranzmakler GmbH & Co. KG, Bremen

Chawkat Takla
Geschäftsführender Gesellschafter
Miditec Datensysteme GmbH, Bremen

Patrick Tessmann
Mitglied des Vorstandes
Oldenburgische Landesbank AG, Oldenburg

Michael Thanheiser
Mitglied des Vorstandes
Landessparkasse zu Oldenburg

Senator h.c. Günter Thomas
Geschäftsführer
GT Trendhouse 42 GmbH, Hattingen

Prof. Dr. Stephan L. Thomsen
Direktor
Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., Hannover

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Joachim Treusch
President Emeritus
Jacobs University Bremen
Vorstandsvorsitzender Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung
Mitglied ‚Kleines Gremium‘, Bremer Tabak-Collegium

Dr. Peter Ulrich
Domprediger
St. Petri Domgemeinde, Bremen

Dipl.-Oec. Bülent Uzuner
Geschäftsführender Gesellschafter
Uzuner Consulting GmbH, Bremen

Hans Georg Vassmer
Geschäftsführer
Hellmering, Köhne & Co. GmbH & Co. KG, Bremen

Rolf Weber
Geschäftsführender Gesellschafter
Paul Jakobs GmbH, Düsseldorf

André Wedemeyer
Persönlich haftender Gesellschafter
Cordes & Graefe KG, Bremen

Christoph Weiss
Geschäftsführender Gesellschafter
BEGO Bremer Goldschlägerei Wilh. Herbst GmbH & Co. KG, Bremen
Präses Handelskammer Bremen

Dr. Patrick Wendisch
Geschäftsführender Gesellschafter
Lampe & Schwartze KG, Bremen
Präsident der Eiswette von 1829
Mitglied ‚Kleines Gremium‘, Bremer Tabak-Collegium

Generalmajor Hans-Werner Wiermann
Kommandeur
Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr, Berlin

Heino Wiese
Geschäftsführender Gesellschafter
Wiese Consulting GmbH, Berlin

Dr. Matthias Zimmermann
Geschäftsführender Gesellschafter
Weser-Wohnbau GmbH & Co. KG, Bremen