Vortrag
S.H. Philipp Franz Freiherr von und zu Guttenberg
„Unser Wald – zwischen Wunsch und Wirklichkeit“
Sehr verehrter General Wieker,
lieber Hausherr,
sehr geehrte Mitglieder des „Kleinen Gremiums“,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Freunde,
zunächst herzlichen Dank für die vielen freundlichen Worte.
Es ist mir eine sehr große Freude und Ehre, heute bei Ihnen sein zu dürfen und mit Ihnen einige Gedanken auszutauschen.
Wie Sie wissen, quält uns in Süddeutschland oft eine eher arrogante Hybris gegenüber allen Gebräuchen aus dem hohen Norden – speziell, wenn sie von einem Preußen kommen.
Und natürlich auch in diesem Fall: das war ein trockenes Schwarzbrot, ein Katenschinken und ein schnödes Pfeifenrauchen. Wie kann sich das mit der kulturellen Erhabenheit von bierseligem Fingerhakeln, einem Obazda oder auch einem Schuhplattler messen lassen?
Ich habe mit mir gezaudert – ich gebe aber zu, dass sich – vor allem nach den letzten Stunden – meine anfängliche Skepsis, wie so oft, in eine tiefe Demut gewandelt hat. Ich bin Ihnen außerordentlich dankbar, meine sehr verehrten Mitglieder des „Kleinen Gremiums“, für die große Ehre dieser Einladung.
Ich habe festgestellt, wir dürfen nicht rauchen. Auch dafür bin ich dankbar. Ich habe vor exakt 16 Kilo damit aufgehört – hätte aber heute wahrscheinlich wieder damit angefangen.
Sie wollen heute also etwas über den deutschen Wald wissen. Das freut mich natürlich, denn dann muss ich nicht mit Halbwissen prahlen.
Aber auf den zweiten Blick verwundert es einen.
Wir haben im Osten Europas einen furchtbaren Krieg. Das erste Mal wieder Krieg vor unserer Haustür seit 27 Jahren.
Nur dieses Mal (im Gegensatz zu Bosnien) können wir es uns nicht erlauben einfach wegzusehen. Es geht uns alle an. Tatsächlich eine Zeitenwende.
Und doch: heute Wald statt Krieg.
Dann schwindet vor unseren Augen unser Wohlstand durch Inflation, wir müssen dringend unsere globalen Businessmodelle und Lieferketten neu denken und ordnen, nationale Versorgungssicherheit und Rohstoffverfügbarkeit werden neu buchstabiert, Welthunger, Energiekrise, China, Artensterben und die immer bedrohlichere Klimakrise werden weiter unsere Headlines bestimmen.
Bei einem kurzen Blick alleine in das „Kleine Gremium“ oder zu den hier anwesenden Gästen, möchte man annehmen, dass es einige unter Ihnen gibt, die uns zu den soeben genannten Herausforderungen die dringend gesuchten Antworten oder zumindest Guidance geben könnten.
Und doch: heute lieber Wald statt Kopfweh?
Ich nehme jetzt meine Conclusio voraus:
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu all den angerissenen Themen – nur leider nicht gegen diesen entsetzlichen Krieg – bietet unser deutscher Wald echte und wichtige (Teil)-Lösungen.
Unser Wald in Deutschland ist tatsächlich die wichtigste und intelligenteste Ressource, die wir in unserem Land haben.
Wenn wir uns der Realität widmen und uns nicht Wünschen, Märchen und deren Onkeln hingeben.
Gestatten Sie mir am Anfang, Ihnen unseren Wald erst einmal mit schnöden Fakten vorzustellen.
Sie wünschen sich wahrscheinlich keine Zahlen, aber nur diese bilden die Brücke von manchem Wunsch zur Wirklichkeit.
Deutschland ist zu einem Drittel mit Wald bedeckt. So weit so gut. Aber hier kommt schon der erste erstaunliche Fakt: Wir haben in Summe mehr Holz als Norwegen, Schweden oder Finnland.
Das möchte man fast nicht glauben.
Beim Holzvorrat pro Hektar rangiert Deutschland auf Platz 9 der Weltrangliste und, meine Damen und Herren, mein persönliches Geschenk an alle Berufsapokalyptiker, die uns ständigen Raubbau und Plünderung vorwerfen:
Den weltweit ersten Platz mit rund 450 Kubikmeter pro Hektar besetzt der bayerische Privatwald. Vor Neuseeland, Guadeloupe oder Französisch-Guyana.
Was haben wir denn noch?
68% unserer Waldfläche unterliegt bereits einer Schutzkategorie.
Schutz warum?
Nicht etwa, weil man mit der traditionellen Bewirtschaftungsweise nicht einverstanden war, oder weil man dort Gefahr in Verzug vermutet.
Nein, weil dort Schutzgüter erhalten wurden oder man die Ergebnisse der nachhaltigen Bewirtschaftung als schützenswert empfindet.
Auf den ersten Blick eine große Auszeichnung, auf den zweiten ein echtes Danaergeschenk, wie sich später herausstellte…
Die neueste Bundeswaldinventur (also nackte Zahlen, nicht Wunsch und Bauchgefühl) belegt, dass seit dem Beginn der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft (also seit über 300 Jahren) unsere Wälder noch nie so alt, ihre Bäume noch nie so stark, ihre Totholzvorräte noch nie so hoch und ihre Artenausstattung noch nie so vielfältig war.
Wir also ökologisch nicht nur kein Problem, sondern unsere Hausaufgaben gemacht haben und immer noch besser werden!
Und trotzdem, meine Damen und Herren, wurde ich vor einigen Jahren stellvertretend für diese kulturelle und ökologische Höchstleistung der deutschen Waldeigentümer mit dem Dinosaurier, dem Umwelt-Negativpreis des NABU, ausgezeichnet.
Selten haben wir so gelacht und die Naturschutzindustrie sich so blamiert. Ich bin übrigens nach wie vor sehr stolz auf diese Auszeichnung!
So viel zur ökologischen Betrachtung. Was ist denn mit der Wirtschaft und den sozialen Aspekten?
Knapp die Hälfte unseres Waldes ist Privatwald und befindet sich in den guten Händen von rund 2 Millionen Eigentümern. 2 Millionen Klein- und Kleinstwaldbesitzern.
Lediglich 33% des Waldes sind in staatlicher Hand.
Dazu kommt, dass unsere Produktionsstätten für jedermann jederzeit offen sind. Ein absolut gläsernes Wirtschaftsgut.
Diese übergroße Yogamatte beschäftigt 1,2 Millionen Menschen. Das sind fast doppelt so viele wie in der Automobilindustrie, und wir erwirtschaften in der Wertschöpfungskette einen jährlichen Umsatz von 180 Milliarden Euro.
Der Cluster Forst und Holz ist damit einer der größten und potentesten Cluster in Deutschland.
Bei uns ist alles abhängig vom sprichwörtlichem „Holz vor der Hütte“. Rohstoff und Wertschöpfung vor Ort – im besten Sinne unserer sozialen Marktwirtschaft!
Unser Wald kann dabei Klima, er kann Biodiversität, Erholung, Rohstoff, Arbeitsplätze, Einkommen, Stabilität und Wertschöpfung im ländlichen Raum, Wasser, Luft, Leben, und vieles mehr.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Metathemen wie Klimaschutz, Bioökonomie, Dekarbonisierung der Wirtschaft, Arbeitsplatzsicherung im ländlichen Raum, Rohstoffsicherung und -autonomie, etc., können wir nur mit Hilfe unseres Waldes in Deutschland angehen.
Aber nur – und das ist der Knackpunkt – wenn wir ihn nicht verrotten lassen, sondern er aktiv bewirtschaftet wird.
Der deutsche Wald ist mit Verlaub systemrelevanter als die Deutsche Bank!
Gestatten Sie mir noch einen Blick zurück. Wo kommen wir eigentlich her?
Vor etwa 5.000 Jahren wurden die Deutschen sesshaft und um Nahrungsmittel anzubauen, rodeten sie Wälder. Wieder und immer wieder.
Dieser ungezügelte Raubbau ging über Jahrtausende und gipfelte um das Jahr 1700 tatsächlich in einer lebensraumgefährdenden Waldvernichtung.
Der deutsche Wald war vor über 300 Jahren an seinem Tiefpunkt angelangt, dem so genannten „großen historischen Waldsterben“.
Ich zitiere aus einem Inspektionsbericht aus dem Harz um das Jahr 1690. Dort heißt es:
„Nach vierwöchigem Beritte, war kaum mehr ein Baum zu finden, dick genug, um einen Förster daran aufzuknüpfen“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese völlig geplünderten Waldreste bedeckten vor 300 Jahren mit ein paar Restbäumchen nur noch 15 % der heutigen Fläche.
So viel zum Mythos und Wunschbild deutscher Urwald und Wildnis! Den gibt es seit vielen Jahrhunderten nicht mehr!
Wer Ihnen was anderes erzählt, hat schlichtweg keine Ahnung oder erzählt Ihnen schöne Märchen!
Und in dieser Situation der absoluten Waldverwüstung kam der Reformator der deutschen Forstwirtschaft: Hans-Carl von Carlowitz, der Erfinder der Nachhaltigkeit!!
Sein größter Verdienst war damals das Ende des „großen historischen Waldsterbens“.
Heute ist es die Verdoppelung der Waldfläche, weitestgehend naturnahe Waldbestände und eine nachhaltige Forstwirtschaft, um die uns die gesamte Welt beneidet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere heutigen Wälder sind das Ergebnis einer kulturellen und wirtschaftlichen Höchstleistung. Ein echtes Weltkulturerbe!
Einzigartig und – Überraschung – kein Verdienst der Grünen!
Das war das eine, das heile Bild. Etwas worauf wir alle stolz sein können.
Nun kommen wir zum anderen Bild, was aber auch Teil unserer Wahrheit ist:
Seit einigen Jahrzehnten rufen wir in einem illustren Chor, bei dem wir nur als Aushilfe geduldet werden, laut das Wort „Klimawandel“ in die Wüste. Doch offensichtlich waren unsere Narrative und Evidenzen, die wir seit vielen Jahren in unseren Wäldern sahen und sammelten, nicht spektakulär genug. Es kümmerte keinen Menschen.
Dann überkam uns vor 4 Jahren die große Dürre auch in Deutschland. Für uns nicht wirklich eine Überraschung, die Auswirkung derselben dann aber doch.
Plötzlich sah das Resultat nun auch der verbohrteste Städter und wir einsamen Rufer in der Wüste wurden zum großen Konzert vor großem Publikum geladen.
Plötzlich war man als Waldmensch en vogue und unsere Rufe wurden gehört.
Der Klimawandel ist auch bei uns angekommen, und er ist sichtbar:
Im Harz, im Westerwald, im Sauerland, im Frankenwald, eigentlich in ganz Deutschland.
Allein in diesen zwei Jahren haben wir 500.000 Hektar Wald verloren.
500.000 Hektar. Das sind 5% unseres deutschen Waldes. Eine Riesenfläche, die nun wieder aufgeforstet werden muss.
Aber jetzt wird es spannend:
Erstens geht das klimabedingte Sterben weiter – auch bei mir im Wald werden schon wieder hektarweise die Bäume rot – und zweitens wissen wir in den meisten Fällen gar nicht, wie bzw. mit welchen Bäumen wir aufforsten bzw. unsere Wälder umbauen müssen.
Das Ziel ist klar: Wir brauchen klimaplastische Wälder, also gesunde und robuste Mischwälder, die den neuen Bedingungen trotzen können.
Klingt einfach, ist es aber nicht.
Denn alle unsere heimischen, erprobten Baumarten haben mit dem plötzlich verordneten Strandurlaub ein Problem und fallen uns fast ausnahmslos aus. Nicht nur die vermeintlich böse Fichte und Kiefer. Ulme und Esche haben sich verabschiedet, unsere Buche kann mit längeren Dürren nicht umgehen und stirbt großflächig ab, der Ahorn hat sich einen tödlichen Pilz eingefangen, an der Eiche nagt alles, was Flügel hat und Wärme liebt, die Erle liegt auf dem Krankenbett, usw.
Die Liste ist lang und traurig.
Sogar die Naturschutzindustrie, die seit Jahrzehnten nur heimisches, deutsches Baummaterial im deutschen Wald duldet, ist verstummt.
Wir wissen schlicht nicht, welches Klima und damit welche Baumart in 80 Jahren vorherrscht und überlebt.
Um hier vorzubeugen, brauchen wir jetzt und heute die größtmögliche Flexibilität, eine möglichst breite Baumartenpalette– auch mit Neuzugängen aus anderen Ländern, einen großen Genpool, neue waldbauliche Konzepte, große Forschungsvorhaben, usw.
Der Waldumbau ist und wird eine Herkulesaufgabe bleiben. Er wird uns auch sehr viel Geld kosten! Leider wurden in den letzten 50 Jahren die meisten Forschungsgelder aus dem Forst abgezogen und in den Umweltbereich gesteckt.
Auch hier muss es ein ganz schnelles Umdenken geben. Denn nachhaltige Forstwirtschaft ist – entgegen manchem Wunschdenken – aktiver Natur- und Umweltschutz.
Dazu kommt: Die ökologische Verantwortung und das finanzielle Risiko trägt nach wie vor der Eigentümer. Will man das eine von dem anderen trennen, fahren wir sofort an die Wand.
Aber das kenne Sie ja auch aus Ihren Betrieben.
Das war der Ausflug in die Realität.
Einerseits, unsere nachhaltige Forstwirtschaft als Garant für den wichtigsten Rohstoff in Deutschland und Teillösung für die anstehenden, großen Herausforderungen und andererseits, ein vom Klimawandel schwer gezeichneter Wald, den es aktiv umzubauen gilt, damit all seine Funktionen für die Gesellschaft erhalten werden können.
Jetzt kommen wir zum Wunsch. Und zwar anscheinend auch zu einem gänzlich anderen Ort, als den soeben beschriebenen.
Falls Sie es selber noch nicht gemerkt haben sollten, ich habe Sie in den letzten Minuten ausschließlich über hässliche Kahlschlagsflächen und in dunkle Monokulturen geführt.
Statt Vogelgezwitscher nur ohrenbetäubender Lärm der Motorsäge und des Bäume fressenden Harvesters. Beißender Dieselgestank.
Ein fürchterlicher Ort der Naturvernichtung, der Wirtschaft und der Profitgier!
Ganz anders der Wald, der Ihnen in der Waldpolitik der Naturschutzindustrie und ihren Legislativorganen suggeriert wird:
Hier schweben Sie glücklich und entspannt auf einem Moospolster zwischen Urwaldriesen im sonnendurchflutenden Hain, lauschen andächtig dem sanften Klopfen des Spechtes, erhaschen einen flüchtigen Blick auf einen geschäftigen Dachs und erahnen die fürsorgliche Kommunikation zwischen Buchen-Mama und Buchen-Tochter.
Ein Ort des Wohllebens – pardon, Wohlfühlens und der Harmonie.
Sie merken, der Wald ist nicht einheitlich grün, sondern wird vor allem von den Grünen schwarz oder weiß gemalt. Hier gut, dort schlecht!
Wir bewegen uns also auch im Wald ganz leicht mit affenartiger Geschwindigkeit von unseren Realitäten weg, auf eine esoterisch verklärte, auf eine postfaktische Wunschwelt zu.
Diese Wunsch- oder Scheinwelt ist aber leider nichts zum wohl-leben, sondern eine Welt, die uns, unserer Heimat und unseren Kindern schadet.
Meine Damen und Herren, das so genannte Schnitzelsyndrom ist längst im Wald angekommen. Und es macht mir Angst.
Also genau wie das Schnitzel in der Wahrnehmung vieler im Supermarktregal gewachsen ist (weil sie gar keinen Bauernhof mehr kennen), so wächst der klimafreundliche Holztisch und der eichene Bodenbelag gefühlt direkt bei Ikea:
Kein Schwein, schon gar kein Kälbchen, darf mehr für das köstliche Schnitzel, keine heilige Buche oder Eiche mehr für den schönen Tisch sterben.
Brummt die erste Motorsäge im Wald, kettet sich schon der erste Aktivist an den nächsten Baum, Claudia Roth weint. Bäume, als persönliche Freunde und Seelenverwandte.
In vielen Gegenden verbringen Waldeigentümer bei normalen Pflegeeingriffen ihre Zeit nicht mehr im Wald, sondern auf der Wache, um die täglichen Anzeigen besorgter Bürger abzuwehren.
Der Spalt zwischen Stadt- und Landrealitäten, zwischen Anspruch, Wunsch und Wirklichkeit wird immer tiefer.
Und damit auch der Graben zu jenen, die Tag für Tag unsere Böden bewirtschaften. Die unsere Nahrungsmittel herstellen, Rohstoffe bereitstellen, unsere Heimat pflegen, die von und mit der Natur leben.
Ihnen gegenüber stehen die Anderen, die unsere Lebensgrundlage – also unseren Wald und unsere Flur – nur mehr als Kulisse für ihr persönliches Fitnessstudio, als esoterischen Rekonvaleszenz-Raum und Yogamatte oder als Dackel-Flaniermeile mit Abwurstgarantie sehen.
In seiner Zeit als Bundespräsident hat Christian Wulf einmal gesagt: „Seit der Romantik gilt uns Deutschen der Wald als Gegenstück zur menschlichen Zivilisation.“
Dieses verquere Abziehbild unserer Heimat – Zivilisation versus Wildnis – wird heute in der Stadt fröhlich kultiviert und als Wunschzettel wiederum der Politik mitgegeben.
Meine Damen und Herren: wenn wir so weitermachen wie jetzt, wird mir bang um meine Heimat, den ländlichen Raum, unsere Werte und unsere Zukunft.
Denn die bekannten Herausforderungen (Klimawandel, Dekarbonisierung der Wirtschaft, Wohlstandserhalt, Ressourcenverbrauch, usw.) bestehen seit Jahrzehnten. Das ist alles nicht neu.
Und doch leisten wir uns in vor allem in Deutschland beim Thema Wald einen ewigen Kampf, der die Nutzungskonflikte (also Wunsch gegen Wirklichkeit) in se zum Wirtschaftszweig erkoren hat, ohne sich auch nur ansatzweise um deren Befriedung oder Lösungen zu kümmern.
Alten Denkmustern treu, exportiert man zudem das deutsche Wesen auch fleißig in andere Länder, allen voran nach Brüssel.
Also konkret, wo prallen Wunsch und Wirklichkeit aufeinander?
Nur ein paar kleine Beispiele:
Im Koalitionsvertrag der Ampel hat man sich einerseits auf eine Reduzierung der Holznutzung verpflichtet (warum?) und ein paar Absätze weiter auf eine Steigerung und Förderung des Holzbaus geeinigt (an dieser Stelle dürfen Sie wirklich keinem verraten, dass man Holzhäuser aus Bäumen herstellt!)
Auf EU-Ebene überziehen wir im Zuge des Green-Deals das Land mit 30% Schutz und wollen 10% unseres Waldes stilllegen.
Hier gibt es gleich etliche Instrumente, die unsere Wälder mehr oder weniger ungenutzt erhalten wollen – z.B. auch als Kohlenstoffsenke, ohne die Speicherleistung langlebiger Holzprodukte oder den viel wichtigeren Substitutionseffekt auch nur zu erwähnen.
Oder für den Artenschutz, der davon aber nachweislich nicht profitiert.
Also 10% Stilllegung. Das sind in Deutschland übrigens 1 Million Hektar.
Gleichzeitig treibt die EU mit Vehemenz die Dekarbonisierung der Bauindustrie voran. Auch mit Recht, denn hier allein liegen etwa 20% der weltweiten CO2-Emmissionen.
Dazu kommen all die Forschungsmilliarden, die den viel effizienteren Substitutionseffekt von Holz in der stofflichen und energetischen Verwertung vorantreiben sollen.
Dieses europäische Spannungsverhältnis wird sogar im jüngsten IPCC-Report aufgegriffen, wo man die Problematik der Zielkonflikte für das Klima zumindest erkannt hat.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle noch einen anderen Aspekt zum EU-Green Deal und seinen Instrumenten:
Hier verkommt die vielgepriesene Subsidiarität zur Randnotiz.
Denn Brüssel holt sich die meisten Themen mittels Verordnungen und Richtlinien direkt in die Kommission.
Wenn wir als Europa mittelfristig Erfolg haben wollen – und da wären wir gut beraten – und wenn wir die nationalistischen Flügel in den Mitgliedstaaten einhegen wollen, dann müssen wir das Prinzip der Subsidiarität nicht nur buchstabieren können, sondern größtmöglichen Respekt zollen.
Eine Radikalisierung nach links oder nach rechts passiert dort, wo sich die Menschen abgehängt, nicht mitgenommen und alleine gelassen fühlen. Diese Botschaft hat die Kommission bis heute nicht verstanden.
Ein zweiter Aspekt aus der EU-Biodiv Strategie:
Hier soll bei Umweltdelikten Bürgern und NGOs der Zugang zu Gerichten vereinfacht und hoheitliche Aufgaben der Kontrolle auf den Bürger übertragen werden.
D.h. die Kommission sieht explizit die Zivilgesellschaft als Überwachungsinstanz vor.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier läuft es mir ehrlich gesagt kalt den Rücken hinunter.
Eine deutsche Kommissionspräsidentin ermöglicht und fördert qua lege eine bürgerliche Denunziantenkultur. Hatten wir das nicht schon zweimal?
Doch nun wieder zurück.
Die Liste an Spannungsverhältnissen ist ewig, ich darf es aber an dieser Stelle abkürzen.
Durch die jahrzehntelangen Grabenkämpfe zwischen Nutzer- und Schützerseite wurden die Konflikte so verfestigt, dass ein vernunftgetriebener Ausweg nicht offensichtlich erscheint.
Es bleibt dabei: Der Wunsch nach Stilllegung, nach urwaldähnlichen Zuständen, versus der Notwendigkeit einer nachhaltigen Intensivierung der Produktion.
Jetzt hätte ich ehrlich gesagt mit diesen Stilllegungsphantasien tatsächlich auch kein Problem, wenn man uns zu irgendeinem Zeitpunkt einen wissenschaftlichen Grund gegeben hätte, warum wir diese Flächen brauchen und dass großflächige Schutzgebiete einem integrativen Artenschutz- oder CO2-Minderungskonzept überlegen wären.
Bis heute steht diese Begründung aber aus.
Im Gegenteil: Unser Bundesumweltministerium, wie auch der ehrwürdige Sachverständigenrat für Umweltfragen, begründeten vor ein paar Jahren die Notwendigkeit von Wildnisflächen in Deutschland nicht einmal mehr mit dem fadenscheinigen Argument der internationalen Vorbildrolle, sondern mit der Sehnsucht der Stadtmenschen nach „unberührter Natur“ und einem spannendem „Thrill-Erlebnis“, der Gegenwelt.
Das können Sie in den Hochglanzbroschüren des Ministeriums nachlesen.
Meine Damen und Herren, zu einem so hochstehenden wissenschaftlichen Argument fällt mir wirklich nichts mehr ein!
Im Land der Dichter und Denker scheinen zumindest die Denker im Umweltbereich längst ausgewandert zu sein…
Bei all dem steht natürlich immer folgende Frage im Raum:
Cui bono? Wem nutzt das?
Dem Naturschutz? Dem Klimaschutz? Dem ländlichen Raum? Tourismus? Der nächsten Generation?
Der Wunsch nach unberührter Natur in Deutschland mit einem gleichzeitigen Wohlstandanspruch, der seinesgleichen sucht, ist an Zynismus kaum zu überbieten.
Hier entstehen die Konfliktherde, weil bei diesem monokausalen Ansatz viele Fragen völlig ausgeblendet werden.
Ich kann heute nicht alle Aspekte aufgreifen, obwohl ich das gerne wollte, und konzentriere mich auf zwei:
Der Klimaschutz und die sozioökonomischen Auswirkungen unseres Wohlstandswunschdenkens.
Ich gehe nicht einmal auf den Naturschutz ein.
Denn wir wissen durch unzählige Studien, dass der Natur und uns Menschen am allermeisten mit einem intelligenten, integrativen Ansatz geholfen ist.
Kein einziges Gegenargument konnte bislang überzeugen.
In Wahrheit hat man sich nicht einmal die Mühe gemacht, ein Gegenargument zu erfinden.
Hier ist Ihre Definition von Arroganz.
Auch gehe ich heute nicht darauf ein, dass wir mit einer unglaublichen Chuzpe unsere Umweltprobleme einfach ins Ausland exportieren und von dort wieder am nächsten Tag nicht nachhaltig produziertes Holz mit einem erheblich höheren Flächenverbrauch importieren.
Aber mit einem reinen Gewissen. Heiliger St. Florian bitte für uns!
Diesen modernen Ablasshandel sollte man noch einmal gründlich überdenken.
Fangen wir aber mit dem ersten Fragezeichen, dem ersten Konfliktherd, an: dem Klimawandel.
Über die Notwendigkeit zu handeln, brauchen wir uns (mittlerweile) nicht mehr zu unterhalten.
Und, meine Damen und Herren, wir wissen:
Unser Wald und unser Holz sind wohl die effektivste Teillösung, die wir hier und weltweit zur Verfügung haben.
Nennen Sie mir eine Technologie oder einen Rohstoff, der die 3 S (Senke, Speicher und Substitution) in dieser einzigartigen Weise verbinden?
Ich kenne keine.
Alle Simulationen bis 2100 zeigen, dass unser Wald u.a. wegen seiner Altersentwicklung und Schäden aufgrund des Klimawandels absehbar zur Co2-Quelle wird. Wenn wir nichts tun, wenn wir nicht aktiv dagegen steuern.
Bei unseren oh so weisen Schutzsoldaten geht es jedoch immer nur um die Senkenleistung – denn das bedeutet Stilllegung.
Doch im Gegensatz dazu erbringen wir durch den Substitutionseffekt effektive und dauerhafte Klimaschutzleistungen.
Das heißt die Gesamtklimaschutzleistung einer nachhaltigen Forstwirtschaft ist in allen Szenarien positiv.
Aber eben nur, wenn wir unsere Wälder bewirtschaften, sie aktiv umbauen und Holz als intelligenten Rohstoff auf den Markt bringen.
Die deutsche Forstwirtschaft puffert etwa 15% unserer nationalen Co2-Emmissionen.
Hätten wir nur Naturwälder, läge die CO2-Minderung bei nur einem Viertel davon.
Senke, Speicher und Substitution kann eben nur Wald und Holz. Und das fast zum Nulltarif.
Eine veröffentliche Studie aus NRW (damals noch unter Rot-Grün) hat gezeigt, dass 78 % der Treibhausgasreduktionen auf die Holznutzung zurückgehen. Nur 22 % auf die Senkenleistung des Waldes.
Das Ergebnis hatte den Jungs damals echt weh getan, sie aber nicht daran gehindert, weitere Wildnisflächen auszuweisen.
Hier steht der Wunsch der Wirklichkeit oft mit einem Beil gegenüber!
Beim Thema Stilllegung wird der Klimaschutz zum eindeutigen Verlierer! Und wenn wir das in großflächigen Totalreservaten, FFH-Gebieten und Totholz freigesetztem CO2 nicht kompensieren, leisten wir uns als typisches Allmendeproblem vermeintlichen Naturschutz auf Kosten der Weltbevölkerung.
Weitere Zahlen zum Klimaschutz spare ich mir heute.
Kommen wir zu den wirtschaftlichen Opportunitätskosten dieser Wunschpolitik.
Nun mag und kann man argumentieren, dass es in reichen Ländern wie den unsrigen über Kosten des Naturschutzes keine Diskussion geben dürfe.
Ja, meine Damen und Herren, darüber kann man sehr wohl streiten.
Ich behalte es mir aber sehr wohl vor, ohne Denkverbote über die Sinnhaftigkeit und Effizienz verschiedener Maßnahmen zu diskutieren, sie wissenschaftlich zu prüfen und die Opportunitätskosten auch öffentlich zu benennen.
Also Wunsch gegen Evidenz.
Betrachten wir den Wunsch nach Stilllegung versus einer nachhaltigen Intensivierung der Produktion und machen wir eine kurze Marginalanalyse:
Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht errechnet sich im bewirtschafteten Wald bezogen auf den Rohholzwert eine etwa zehnmal höhere Wertschöpfung.
Wenn wir also zusätzliche 100 Kubikmeter Holz nutzen, entsteht damit eine zusätzliche Wertschöpfung von circa 50.000 € und ein zusätzlicher Arbeitsplatz in Vollzeitäquivalent. Jede 100 Kubikmeter.
Der Steuereffekt für Bund, Länder und Gemeinden ist dabei 1 zu 4.
Für jeden Euro Holz, 4 Euro zusätzliche Steuereinnahmen.
Und einen wesentlichen Anteil daran haben die Sozialbeiträge.
So weit so gut.
Jetzt machen wir die Gegenrechnung auf:
Was kostet uns ein stillgelegter Hektar Wald?
Die gesellschaftlichen Kosten für einen Hektar Stilllegung belaufen sich nach neuesten Zahlen auf rund 19.000€. 19.000€/ha!
Was bedeutet das für uns in der Wertschöpfung?
Wir verzichten hier pro Hektar und Jahr (!) auf 4.160 €.
Bei den bereits stillgelegten 5% in Deutschland sind dies mehr als 2 Mrd. Euro und rund 40.000 Vollzeitarbeitsplätze. Bei 5%.
Bei den geforderten 10 Prozent (Green Deal), plus FFH, plus Totholz wird es noch viel interessanter.
Da sprechen wir von weit über 100.000 Arbeitsplätzen.
Meine Damen und Herren, wir haben doch in Wahrheit ein Luxusproblem! Ein Luxusproblem auf dem Rücken der kleinen Leute!
In den vergangenen Zeiten der ungezügelten Geldvermehrung, der Nullzinsphase und nahezu Vollbeschäftigung mochte das nicht weiter ins Gewicht fallen.
Aber wehe das Pendel schlägt um!
Fragen Sie mal die Menschen in den armen Regionen, wie das ist, wenn die regionale Produktionsgrundlage, ihr Arbeitgeber, einfach stillgelegt wird!
In Oberfranken, dem Harz, im Thüringer Wald, der Eifel, Rhön, usw.
Diese Menschen werden von unseren hypermoralistischen Schutztruppen nichts gehört und bleiben dann einfach auf der Strecke.
Wo bleibt hier die Moral, wo bleibt die Verantwortung?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei ökonomischen Fragen geht es immer auch um Würde und um Lebenschancen.
Dieser Aspekt geht in den urbanen, vermeintlich erhabenen Moral-Debatten völlig unter!
Mit der Stilllegung unserer Flächen bekommen wir qua Naturschutzgesetzgebung auch neue Zuständigkeiten und gefährliche Parallelstrukturen:
Auf der einen Seite der Eigentümer oder, wo noch möglich, der Bewirtschafter, auf der anderen Seite der „Ahnungslose-Ich weiß aber alles besser –Naturraummanager“.
Letzterer ist mit allen nötigen Entscheidungsbefugnissen ausgestattet, trägt aber keinerlei finanzielles Risiko.
Und damit, meine Damen und Herren, zerstören wir auf dem Land ein uraltes gesellschaftskulturelles Gerüst, auf dem auch unser freiheitliches Gemeinwesen aufbaut:
Die Verantwortung und Verantwortlichkeit!!
Wenn wir für’s Rumgschaftlen und Rumexperimentieren mit dem Sach anderer Leute nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden können, dann hat das mit unserer gegenwärtigen Gesellschaftsordnung nichts mehr zu tun.
Für hier und heute soll das genügen.
Aber weiter hinnehmen dürfen wir das nicht!
Also was ist zu tun?
Wie können wir das Ruder noch herumreißen und Wunsch mit der Wirklichkeit zusammenführen?
Was wir brauchen ist beherztes Handeln und Fehler aus der Vergangenheit vermeiden.
Was wir nicht brauchen ist politischer Aktionismus und starre Ordnungspolitik. Das wird weder der Komplexität des Ökosystems, seinen vielfältigen Leistungen, noch seiner komplizierten Eigentümerstruktur gerecht.
Wir brauchen schnell vernünftige Rahmenbedingungen für die Honorierung von Ökosystemleistungen.
Die kostenlose Erbringung aufwendigster Leistungen aus der Bewirtschaftung oder Stilllegung unserer Produktionsgrundlage zum Nulltarif wird es nicht mehr geben können.
Das vorherrschende, teils artifizielle Marktversagen muss dringend aufgebrochen werden.
Wir brauchen schnell neue Wege im Naturschutz:
Hier geht es um einen Switch vom maßnahmenorientierten Naturschutz zu einem zielorientierten Ansatz.
Also weg von der undifferenzierten Finanzierung oft sinnbefreiter Maßnahmen, hin zu einem unternehmerischen Ansatz:
Geld bekommt nur der, der ein vorab definiertes Ziel erreicht hat.
Das klingt für Sie wahrscheinlich völlig logisch, im Naturschutz wäre das vielerorts ein schmerzhaftes Novum.
Und wir brauchen (nicht nur für den Wald) ein kohärentes, integratives Instrument, das unseren Ressourcengebrauch und -verbrauch weltweit, in Europa und damit auch in Deutschland regelt.
Das wird die größte Herausforderung werden.
Ein Instrument, das unsere Partikularinteressen zusammenführt und echte Brücken zur Bewältigung unserer globalen Herausforderungen baut.
Denn eines hat uns Corona und der Ukrainekrieg gelehrt:
Wir müssen uns künftig wieder auf unsere nationalen Ressourcen besinnen und die Versorgungssicherheit, die regionale Wertschöpfung und den Klimaschutz zusammendenken.
Sie sehen, jetzt stehe ich mit meinem Wunschdenken mal auf der anderen Seite…
Und doch gäbe es einen Lösungsansatz:
Das vielgeforderte „Nachhaltige Wachstum“ will bislang mit keiner Methode gemessen werden. Denn intertemporale und ethische Zusammenhänge ließ man immer außen vor.
Wenn wir echtes nachhaltiges Wachstum berechnen wollen, müssen wir zum einen unsere nationalen Ressourcen als Grundlage wirtschaftlicher Produktion quantifizieren (also unseren Wald, die Bodenschätze, Wasser, Böden, usw.) und vor allem deren Veränderung über die Zeit. So bekommen Sie eine echte Aussage.
Das wäre im Übrigen auch der richtige Ansatz, um eine Reglobalisierung und Ressourcenautonomie neu denken zu können, wenn man denn so will.
Zum anderen und noch viel wichtiger bedarf es der ethischen Komponente. Alle derzeitigen Berechnungsmethoden unseres Wohlstandes und Wirtschaftlichkeit ignorieren künftige Generationen.
Das Wohlbefinden der nächsten Generation kann und muss als mathematischer Parameter in Wirtschaftlichkeitsrechnungen aufgenommen werden.
Solange unsere Ressourcen (und deren Veränderung über die Zeit) sowie das Wohlbefinden der nächsten Generation nicht in eine neue, globale wirtschaftliche Berechnungsgrundlage Eingang finden, gibt es auch keinerlei Anreiz, sich unseren großen Herausforderungen anzunehmen.
Wir leben nach wie vor mit Wirtschaftsparadigmen, die uns tatsächlich rechnerisch wie semantisch dazu anhalten, die Existenz der nächsten Generationen zu gefährden.
Das Rad brauchen wir dabei nicht neu zu erfinden. Die europäische Forstwirtschaft nutzt ihre Ressourcen, ohne sie zu verbrauchen – und das seit vielen Generationen.
Wir fordern aus der Forstwirtschaft heraus einen zwingenden Paradigmenwechsel im wirtschaftlichen System, um unseren globalen Bedrohungen gerecht zu werden.
Das ist mein persönlicher Wunschzettel für Nachhaltiges Wachstum, denn die Realität ist alles andere, aber nicht nachhaltig.
Mein letzter Punkt: nachhaltig. Was ist denn das?
Unbestritten das beliebteste Unwort des Jahrzehnts.
Aber trotzdem müssen wir darüber reden. Denn auch hier klaffen Wunsch und Wirklichkeit ganz weit auseinander.
In der Sache ist es für uns überlebenswichtig. Denn wenn sie mit Produktionszeiträumen von 100 Jahren hantieren, dann brauchen Sie neben guten Nerven auch eine solide Grundlage.
Im Wald ist die Nachhaltigkeit seit 300 Jahren nach wie vor unser wichtigstes Wirtschaftsprinzip.
Und wenn an dieses Prinzip die Axt angesetzt wird, fällt dieser Baum nicht nur uns auf den Kopf, sondern der gesamten Gesellschaft.
Dafür müssen wir aber auch wissen, von was wir sprechen.
Die einfachste und bis heute gültige Definition der Nachhaltigkeit ist:
Nie mehr zu entnehmen als nachwächst. Das gilt selbstverständlich für alle Bereiche des Lebens.
Ein Kühlschrank gibt Ihnen auch kein Bier, wenn keins mehr drinnen ist.
Nachhaltigkeit ist aber kein Kühlschrank, sondern vor allem ein ethischer Anspruch, der auf ganz festen Prämissen fußt:
Auf Familie, auf Eigentum, auf Freiheit und unseren Werten.
Wenn wir nachhaltig wirtschaften wollen, wenn wir in einer freien demokratischen Gesellschaft generationenübergreifend denken und handeln wollen, dann brauchen wir das Eigentum und die Freiheit als Fundament.
Ich kann mich noch lebhaft an ein Gespräch mit einem relativ hohen Kommissionsbeamten in Brüssel zum Thema N2000 erinnern.
Da hatte mir dieser gesagt: „Sie mit Ihren ständigen Eigentumsrechten. Das ist doch ein Relikt aus einer längst vergessenen Zeit. Heute zählen ganz andere Dinge.“ Zitat eines hohen europäischen Kommissionsbeamten.
Da bleibt einem erst einmal die Spucke weg!
Meine Damen und Herren: Das Recht auf Eigentum ist in unserer Gesellschaft nicht verhandelbar! Punkt!
Eigentum ist die wirtschaftliche Grundlage unserer Freiheit, die sich in unserer Gesellschaft auch damit rechtfertigt, dass aus der Leistung des Eigentums Gemeinwohlleistungen erwachsen.
Die Freiheit, Eigentum zu erwerben, zu halten und vor allem frei zu vererben, motiviert uns alle, nicht nur Bäume zu pflanzen, sondern Leistung, Engagement und einen nachhaltigen Lebensstil in unsere Gesellschaft zurückzubringen.
Gerade aus Gemeinwohlgründen sage ich daher: Hände weg von einer leistungsfeindlichen Erbschafts- und Vermögenssteuer!
Und damit wären wir beim Begriff „Gerechtigkeit“: Gerechtigkeit ist nicht die beliebte Gleichmacherei.
Mein Verständnis von Gerechtigkeit gründet auf dem Generationenvertrag im Sinne der christlichen Soziallehre.
Dazu brauchen wir die Eigenverantwortlichkeit, die Mitverantwortung gegenüber unserem Nächsten und wenn Sie wollen, die Verantwortung vor Gott.
Das ist doch das Wertefundament unserer Kultur, unser uraltes gesellschaftskulturelles Gerüst, auf dem unser freiheitliches Gemeinwesen aufbaut.
Lassen Sie uns das nicht vergessen und lassen wir uns das bitte auch nicht wegnehmen!
Und noch eins: Unsere Familien!
Gerade in Zeiten, wo scheinbar alles geht, steht die Institution der Familie für mich an zentraler Stelle.
Sie ermöglicht es, duldet es und erwartet es, tradierte Werte zu vermitteln und zu leben.
Ich frage mich oft:
Was gibt es für einen Anreiz, das zur Verfügung stehende Kapital nicht gleich zu verfrühstücken, (ob Geld, den Wald, oder ein Haus) wenn nicht die Sorge um die eigenen Kinder?
Altruismus ist zwar bewundernswert, er ist aber für eine Gesellschaft nicht systemstiftend.
Meine Damen und Herren, genau aus diesem Grund müssen wir uns auch für einen privilegierten Schutz der Institution „Familie“ in ihrer ursprünglichen Form einsetzen – bei allem Respekt und Toleranz für andere, buntere Formen des Zusammenlebens!
Der letzte Aspekt dazu:
Es ist nicht die Aufgabe des Staates, privatwirtschaftliches Handeln permanent zu kontrollieren und zu korrigieren.
Dazu fehlt ihm u.a. das überlegene Wissen, das ihm auch nicht demokratisch zuwächst.
Man sagt zwar gerne, wem Gott ein Amt gibt, gibt er auch einen Verstand, aber bekanntlich glaubt ja nicht jeder an Gott…
Um Eigentum, Freiheit und unsere Werte bewahren zu können, brauchen wir einen stabilen Staat.
Einen starken Rechtsstaat, der den rechtlichen Handlungsrahmen über eine Generation hinaus zumindest in Aussicht stellt.
Wie gesagt, unsere Produktionszeit dauert 100 Jahre.
Wenn das nicht ansatzweise gewährleistet ist, bin ich wieder beim „verfrühstücken“.
Wenn Sie aber heute z.B. die immer wiederkehrenden Forderungen mancher Parteien nach Vermögens- und Erbschaftssteuer, ideologischem Naturschutz, einer verqueren Bildungs-, Familien- und Finanzpolitik ansehen, werden Sie feststellen, dass die Motivation nachhaltigen Handelns, also der gelebte Generationenvertrag, nicht nur ausgehebelt, sondern am liebsten aktiv abgeschafft werden soll:
Nehmen wir z.B. die Vermögensteuer: nur eine 1-prozentige Besteuerung der vermeintlich reichen Waldeigentümer würden unsere Erträge zu 100% auffressen.
Damit wären viele von uns sofort zum Substanzverkauf gezwungen, weil die Rendite aus dem Wald keine Alternativen zuließ.
Was dann?
Ja, wenn dann unsere Wälder nicht von den Chinesen aufgekauft werden, käme es endgültig zur gewünschten Refeudalisierung des ländlichen Raums.
Der Traum von Herrn Trittin.
Nur, dass die modernen Lehnsherren nicht mehr Freiherrn und Fürsten, sondern eine erlauchte Kaste von links-grünen Ministerialräten wären.
Wehren wir den Anfängen!
Mit Kulissenschieben, Nationalparks und gegenderten Hinweistafeln werden wir den ländlichen Raum nicht retten, geschweige denn unsere Betriebe erhalten können.
Und, meine Damen und Herren, den psychologischen Schadfraß eines überdimensionierten Nanny-Staates, eines schleichenden Entmündigungsprozesses, für die Herausbildung und Pflege unserer Werte und einer Kultur eigenverantwortlicher Bürger dürfen wir nicht unterschätzen.
Ob man es will oder nicht: Eigentum – geistig wie dinglich – bleibt eine der tragenden Säulen der Nachhaltigkeit und eines freiheitlichen Gemeinwesens.
Und wo das Eigentum schwindet, da liegen die bürgerlichen Freiheiten in Trümmern.
Auch das, meine Damen und Herren, ist die Brücke zwischen dem Wald, Wunschdenken, der Nachhaltigkeit und Ihnen.
Der Angriff auf Eigentum und Freiheit, auf die Motivation generationenübergreifenden Denken und Handelns, findet heute oft im ländlichen Raum statt.
Still und leise, im grünen Gewand mit rotem Samtkragen.
Ich komme zum Schluss.
Wir stehen vor immensen Herausforderungen. Krieg, Dekarbonisierung, Re-regionalisierung, Versorgungssicherheit, Klimawandel, geo-strategische und -ökonomische Verwerfungen, usw.
In diesem Szenario, nein, in dieser Wirklichkeit, brauchen wir für den Bereich Wirtschaft, Ressourcen, Natur- und Klimaschutz ganz neue Denkmuster.
Denkmuster, die sich an Carl von Carlowitz orientieren, als er vor 300 Jahren das Prinzip der Nachhaltigkeit erfand.
Wir müssen den Jahrhundertkonflikt zwischen Ökologie und Ökonomie befrieden, indem wir Wald und Wall Street gemeinsam denken.
Und das ohne zu trödeln.
Denn wir müssen u.a. auch sicherstellen, dass wir im Westen vernünftig grün und nicht rot werden, wenn das Kohleland China uns nicht als fortschrittlich, sondern womöglich als naiv empfindet und unsere Transformation zur eigenen Expansion nutzt.
Uns – wie bislang üblich – auf eine Seite zu schlagen, wird es nicht mehr geben können.
Für meine Kinder ist die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit besonders an Weihnachten oft ernüchternd.
Das hat jedoch oft noch einen erzieherischen Mehrwert.
Die Überwindung dieser Diskrepanz bei den Themen Nachhaltigkeit, Freiheit und Eigentum steht für die Zukunft unserer Kinder für mich aber an erster Stelle:
Unser aller Aufgabe, nicht nur als Waldeigentümer, sondern auch als Unternehmer, als Verantwortlicher in Wirtschaft und Gesellschaft, wird es sein, sich zumindest im vorpolitischen Raum wieder viel stärker einzubringen.
Denn Freiheit und Eigentum verpflichten, aber eben auch in einem anderen Maße als in §14 Abs. 2 angegeben.
Es verpflichtet uns, immer wieder für unsere Werte einzustehen und diese zu thematisieren.
Auch Herrn Putin werden letztlich nicht Waffen, sondern unsere freiheitliche Grundordnung und Grundgesinnung in die Schranken weisen.
Um Nachhaltigkeit leben und Vertrauen in die Gesellschaft geben zu können, brauchen wir stabile Familien, wir brauchen Freiheit, einen stabilen Rechtsstaat und eine christliche Grundgesinnung.
Was wir nicht brauchen ist eine wünsch-Dir-was Gesellschaft mit esoterischen Märchenonkeln, Ideologen, oder populistischen, verantwortungslosen Rattenfängern. Weder von rechts noch von links.
Die haben wir alle schon einmal gehabt und das Ergebnis dieser Politik möchte ich meinen Kindern nicht wieder zumuten.
In diesem Sinne, herzlichen Dank für Ihre Einladung und Gottes Segen!