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194. Zusammenkunft am 29. September 2022 Yachting Heritage Centre in Flensburg

Sprecher des Collegiums

Dr. Patrick Wendisch

Vortrag in der Collegiumsrunde

Admiral Joachim Georg Rühle

Thema

„Krieg in der Ukraine und die NATO – vom Hirntod zum Rettungsanker“

194. Zusammenkunft am 29. September 2022 Yachting Heritage Centre in Flensburg

Begrüßung
Dr. Patrick Wendisch

Sehr geehrte Damen und Herren,
mit großer Freude begrüße ich Sie im Namen des ‚Kleinen Gremiums‘ des Bremer Tabak-Collegiums. Seit dem Jahre 2005 sind wir bereits zum dritten Male an der Flensburger Förde. Nirgendwo sonst waren wir in so kurzer Zeit häufiger. Kein anderer Ort – außer in Bremen bei den Heimspielen – hatte das Privileg, so regelmäßig die Gäste des Bremer Tabak-Collegiums zu beherbergen. Wir fühlen uns höchst wahrscheinlich sehr wohl in der Nähe zum Wasser und nahe an der Bundesmarine.
Die Festrede in der Collegiumsrunde hält heute Admiral Joachim Georg Rühle, der Chef des Stabes von Shape: Supreme Headquarter Allied Powers Europe, den wir mit großer Freude hier begrüßen.
Hausherr ist Oliver Berking, der Chef des Yachting Heritage Center, und der Silbermanufaktur Robbe und Berking und der Segelyachtwerft Robbe und Berking Classics, den wir mit ebenso großer Freude begrüßen. Wir danken Ihnen sehr, dass Sie uns diese Räumlichkeiten zur Verfügung stellen.
Die jüngeren unter Ihnen werden sich noch an das Collegium in der Marineschule Mürwik im Jahre 2005 erinnern. Wenige Meter von hier entfernt. Die Rede hielt der Marineinspekteur Lutz Feldt, Hausherr war der damalige Kommandeur der Marineschule Kapitän zur See Heinrich Lange, dessen Nachfolger Jens Nemeyer zur großen Freude ebenso unter uns ist. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen hielt ein bemerkenswertes Grußwort. Wir standen also schon damals unter dem besonderen Schutz der Bundesmarine und der Landesregierung.
Im Jahre 2015 begaben wir das Collegium im Schloss Glücksburg und standen unter dem Schutz des Hausherrn Alexander Prinz zu Schleswig-Holstein, der heute auch zu unserer großen Freude anwesend ist.
Territorial stehen wir heute unter der Obhut der Oberbürgermeisterin von Flensburg, Frau Simone Lange, die wir – wie könnte es anders sein – ebenfalls zu unserer großen Freude hier begrüßen können.

Um die Brücke zu schlagen zwischen dem Orte des Geschehens zum heutigen Thema der NATO, darf nicht unerwähnt bleiben, dass Flensburg wahrscheinlich weder durch das allseits beliebte Kraftfahrtbundesamt noch durch die ehemalige Firma Beate Uhse, vielleicht eher durch den Rum und klassische Yachten, aber gewiss als Sitz der letzten Reichsregierung im Mai 1945 in die internationale Geschichte eingehen wird. Ich erwähne dieses Ende des düstersten Kapitels der deutschen Geschichte nur deshalb, weil sich aus dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis heute nahezu alles thematisch ableiten lässt, was mit internationaler Sicherheitspolitik und Friedensordnungen zusammenhängt, in jedem Falle mit der NATO.
Für Vergleiche eignen sich Bremen und Flensburg in bester Weise. Für den geübten hanseatischen Begrüßungsredner hilft immer ein Blick in die Geschichte der Hanse, um verblüffend festzustellen, dass Flensburg nie Hansestadt war.
Zwar profitierte die Stadt vom hansischen Handel über die Jahrhunderte, doch erblühte Flensburg erst mit deren Niedergang. Flensburg besetzte sehr erfolgreich die durch die Hanse aufgegebenen Märkte und avancierte zu einer der größten Handelsstädte im dänischen Königreich. Denn es gehörte immer zum Königreich Dänemark, bis es 1867 preußisch wurde.
Nach dem deutschen Sieg über die dänische Armee auf den Düppeler Schanzen, nicht weit von hier gelegen, kam es später zum Friedensschluss, der die Abtretung Schleswigs und damit auch der Stadt Flensburg an Preußen bedeutete. Bismarck kam eine diplomatische Ungeschicklichkeit der Dänen zugute, die weitergehende Rechte an Schleswig zur Unzeit anmeldeten, und ihm damit den Anlass lieferten, die Reichstreue der anderen deutschen Staaten zu testen für seinen eigentlichen strategischen Schachzug, nämlich den Krieg von 1870/71 gegen Frankreich. Das Ergebnis ist allen bekannt. Man kann daher mit Fug und Recht sagen, dass die Flensburger Förde schon immer der Ort war, an dem Weltgeschichte geschrieben wurde.
Mit dieser zwanglos einleuchtenden Begründung wird erst klar, mit welcher geschichtsträchtigen Dimension das ‚Kleine Gremium‘ versucht, den Ort mit dem Thema und dem Redner des Tabak-Collegiums zu verbinden.
Bremen hingegen war globalgeschichtlich bescheidener. Es gab sich von je her den Genüssen des Weines, Tabaks, Kaffees und Bieres hin, also des Handels mit ebendiesen, wohingegen Flensburg erst 1727 mit dem Handelsprivileg auf Weinbrand, Wein, Salz, Bier und Tabak einen Neuanfang fand. 1765 nahm es den transatlantischen West-Indien-Handel mit den dänischen Karibik-Inseln auf, weshalb es fortan als Rum-Stadt galt.
Unter königlicher Herrschaft zu stehen, lohnt sich ja doch, wie Prinz Alexander bestätigen wird.
Bei der Etymologie der Städtenamen ergeben sich Unterschiede.
Bei Bremen ist es klar: das lateinische Brema bedeutet am Rande liegend, also am Rande der Weserdüne, auf der die erste Siedlung auf trockenen Fundamenten gebaut werden konnte.
Bei Flensburg war der Ursprung des Namens geschichtlich unklar. Man ging bisher davon aus, dass er sich von einer Burg eines Ritters Namens Fleno ableitet. Neuere Forschungen hingegen scheinen zu bestätigen, dass die Namensentwicklung viel älter ist. Im Frühmittelalter siedelten an der Förde die Wikinger, die bekanntlich ein Gebräu tranken, welches gemeinhin als Met bezeichnet wurde.
Der Begriff Met ging dabei auf den Verschluss der seinerzeitigen Gefäße zurück, nämlich Met steht für Metall, also die Metallbügel der altertümlichen Wikingerflaschen, die bei jüngsten Ausgrabungen sehr zahlreich um die Runensteine im Inneren der Flensburger Förde gefunden wurden.
In den Runensteinen eingemeißelt wurde das hiesige Met durchgängig mit dem Namen Flens bezeichnet. Es kann daher als gesichert gelten, dass der Name Flensburg aus dem „Flens“ genannten hiesigen Wikingerbier in einem Gefäß mit Metallbügelverschluss hergeleitet werden muss.
Die Brauerei feiert dieses Jahr ihr 100-jähriges Jubiläum!
Das Metall der Wikinger wurde später auch verbindendes Element im Schiffbau. Unser Hausherr Oliver Berking betreibt eine Holz-Schiffswerft, in der die schönsten, 12er genannten, klassischen Segelyachten gebaut oder neu aufgebaut werden, um damit eine symbiotische Verbindung zwischen Silbermanufaktur und Yachtmanufaktur zu erschaffen. Als literarisches Meisterwerk gilt ein weiteres Produkt aus dem Hause Berking, die für mich beste Segelzeitschrift: die Goose.
Ich habe eine Bitte an Sie alle, wenn sie kein 48-teiliges Silberbesteck bestellen wollen oder keinen klassischen

12er zum Aufarbeiten zu vergeben haben, dann doch bitte ein Abonnement der Goose abzuschließen. Entweder für sich selbst oder als ein Geschenk für jene, die schon ein 48-teiliges Silberbesteck und eine klassische Segelyacht haben oder für alle anderen, die sich das noch nicht leisten können, die können dann in der Goose wenigsten die Bilder dazu ansehen.
In der letzten Ausgabe der Goose ist ein ganz formidabler Artikel über die große Metallschiffswerft in Flensburg enthalten, über die Geschichte der FSG, der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft mbH & Co. KG, die in diesem Jahr ihr 150-jähriges Jubiläum feiert und die zu unserer Freude mit ihrem CFO, Herrn Wohlgemuth, vertreten ist, der – wie könnte es anders sein – aus Bremen kommt und noch wohnt und der charmanter Weise denselben Vornamen wie der Speaker des Abends führt, nämlich Patrick.
Wenn das nicht genug launige Begeisterung für die Bremer in Flensburg und die Flensburger für Bremen schafft, dann mag das allenfalls noch der Bremer Löffeltrunk sein, den ich sogleich mit dem Hausherrn Oliver Berking zelebrieren darf.
Bevor bitte der Schnaps ausgeschenkt wird, gebe ich Ihnen vorab die von mir bekannten und schon traditionellen „Hinweise und Richtlinien zum Löffeltrunk“. Ich bitte den Service erst nach diesen Hinweisen mit dem Ausschenken zu beginnen.
Sie stehen also Ihrem Nachbarn oder womöglich vorzugsweise Ihrer Nachbarin, den oder die Sie völlig wahllos aus Ihrer Umgebung auswählen, gegenüber.
Sie brauchen nicht viel über Ihren Nachbarn oder Ihre Nachbarin zu wissen, sollten allerdings spüren, dass er oder sie zu jenen gehört, die von der Hast und Betriebsamkeit unserer Zeit eher unberührt geblieben sind und mit Maß und Grenzen allen menschlichen Lebens vertraut, die Dinge mit ruhiger Besonnenheit betrachten.
Sofern Sie ein bremischer Gastgeber oder im Löffeltrunk-Trinkspruch bewandert sind, übernehmen Sie die Initiative und schauen Ihrem Gegenüber in die Augen, was ich dem Gegenüberstehenden seinem Gegenüber, also Ihnen, die ich zuerst angesprochen hatte, auch empfehle.
Sie dürfen dabei nichts verschütten, was leicht passiert, wenn Sie den bis an den Rand mit herrlichem Mittelwächter-Korn gefüllten Löffel nicht waagerecht ausgerichtet halten.
Nunmehr, beide mit einem mit Schnaps befüllten und waagerecht ausgerichteten Löffel bewaffnet, eröffnen Sie frohen Mutes das Wort an Ihr Gegenüber und sprechen mit sicherer, tragender Stimme:

„Ik seh Di.“
Darauf antwortet Ihr Gegenüber:
„Dat freut mi.“
Daraufhin erwidern Sie:
„Ik drink di to.“
Antwort – und bitte sprechen Sie sicher, tragend, ohne große Verzögerung oder womöglich Zittern in der Stimme, in also einer sich selbst Mut machenden Art:
„Dat doo.“
An dieser Stelle darf man auch ein schnelles: „Prost“ einwerfen und sich mit Augenkontakt zunicken.
Hiernach wird der Löffel an Ihre eigene Unterlippe gesetzt und mit einem schnellen Abkippen des Nackens nach hinten ergießt sich, übrigens in dieser Haltung völlig kleckerfrei, der Löffelinhalt seiner Bestimmung, sofern Sie mittlerweile die Lippen auch leicht geöffnet haben.
Wenn Sie stattdessen den Löffel wie bei einer Suppe in den Mund führen oder versuchen, diesen selbst mit senkrecht gehaltenem Kopf in den Mund zu kippen, wird es allein schon aufgrund der äußeren kreisrunden Kalottenform des Löffels schwierig, den vollständigen Inhalt seiner Bestimmung auf angenehme und schnelle Weise zu übergeben.
Anschließend strahlen Sie Ihr Gegenüber im fröhlichen Bewusstsein des feinbrotigen Schnapsgeschmackes und der sich langsam wärmenden Speiseröhre, also Ihren neugewonnenen Trinkkumpanen oder Trinkkumpanin, könnte man fast jetzt schon sagen, an und sagen:
„Ik heff di tosapen.“
Er antwortet ebenso fröhlich wie Sie:
„Hest den Rechten drapen.“
Wenn Sie diese kleine Kurzanleitung beachten mögen, werden Sie zu den versiertesten Löffeltrunkprostern zählen, die jemals an einem Bremer Tabak-Collegium teilgenommen haben. Auf geht’s!

Lieber Herr Berking, treten Sie hinzu:

Ick seh di (Ich sehe Dich)
Ick drink di to (Ich trinke Dir zu)
Dat freut mi (Das freut mich)
Dat do (Das tu)
– Prost! –
Ick heb di tosapen
(Ich hab` Dir zugetrunken)
Hest´n Rechten drapen
(Hast den Rechten getroffen)

194. Zusammenkunft am 29. September 2022 Yachting Heritage Centre in Flensburg

 1. Tischrede
Oliver Berking                                                                                                                                                                                            

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste, liebe Freunde,

noch einmal von dieser Stelle aus herzlich willkommen in der Robbe & Berking Werft.
Ich freue mich sehr, lieber Patrick Wendisch, dass Ihr Euch entschieden habt, die 194. Zusammenkunft hier bei uns abzuhalten. In Flensburg, einer Stadt über die nicht nur wir beide, liebe Frau Oberbürgermeisterin, immer sagen, es ist die- oder zumindest eine der – schönsten und liebenswertesten überhaupt. Es mag Gäste unter uns geben, die darüber diskutieren mögen. Nicht diskutieren kann man aber darüber – und ich muss ja irgendwie die Kurve zu dem Haus hinkriegen, in dem wir uns hier alle befinden, dass Flensburg eine Stadt mit ungewöhnlich langer Segeltradition ist. Hier auf der Flensburger Förde fand 1855 die erste Yachtregatta auf der westlichen Ostsee statt. Am vergangenen Wochenende haben wir das, wie in jedem Jahr, mit der Regatta 1855 gerade erst gefeiert. Und genau mit dem Thema Yachtsportgeschichte beschäftigen wir uns nebenan in unserer kleinen Robbe & Berking Museum, in dem wir uns nach dem Abendessen versammeln werden, und in gewisser Weise auch hier in der Robbe & Berking Werft.

Diejenigen von Ihnen, die den Namen Robbe & Berking schon einmal gehört haben, verbinden ihn vermutlich eher mit silbernen Bestecken und Tafelgeräten. Das tun wir in der Silbermanufaktur gleichen Namens tatsächlich seit bald 150 Jahren. Ich habe die Ehre und das Vergnügen, in nunmehr fünfter Generation seit 1985 für diese Firma verantwortlich zu sein. Eine mit 170 Mitarbeitern überschaubar große Firma, die aber schon seit ein paar Jahrzehnten immerhin Weltmarktführerin ist, wenn es um silberne Bestecke geht. Diese Werft hier ist daher noch ein Start-Up Unternehmen. Ich habe sie erst 2009 gegründet. Sie macht eigentlich genau das Gleiche. In reiner Handarbeit in Flensburg und damit in Deutschland und damit in einem Land, das nun nicht gerade als Billiglohnland bekannt ist, aus wunderschönen Materialien, hier Holz und dort Silber, Produkte, die niemals einer vorübergehenden Mode folgen, sondern so zeitlos schön und – wie wir zumindest finden – elegant sind, dass man sie nie wegschmeißt, sondern in die nächste Generation weitergibt. Das fast schon sprichwörtliche Familiensilber ebenso wie das Familienboot.

Beides sind sehr kleine Nischenmärkte und beide Firmen verkaufen sehr emotionale Produkte. Das ist einer der Gründe, warum wir vor 6 Jahren unser Werftmuseum gebaut haben. Unser Ziel ist es auch hier, das Mekka für Holzbootfreunde in der Welt zu werden, und wir freuen uns daher sehr, dass wir – zumindest, wenn man die Gäste unseres Museumsrestaurants mitzählt – fast 100.000 Besucher in jedem Jahr hier begrüßen können.

Im Museum zeigen wir mit einem kleinen Team drei bis vier Ausstellungen im Jahr, die sich ganz überwiegend mit dem Thema Yachtsportgeschichte beschäftigen. Ich will nur drei Beispiele nennen. Wir haben Carlo Riva, dem großen italienischen Motorbootdesigner und Werftbesitzer, eine ebenso wunderbare Ausstellung gewidmet wie der Werft Abeking & Rasmussen, nicht nur jedem Bremer natürlich, sondern jedem Segler ein Begriff. Und wir haben uns in einer Ausstellung mit der Geschichte des America‘s Cup beschäftigt und hatten die Ehre, während dieser Ausstellung auch Gastgeber der „America‘s Cup Hall Of Fame Induction Ceremony“ zu sein, die überhaupt erst einmal zuvor – während des damals in Valencia stattfindenden Cups – in Europa stattgefunden hatte. Die Deutsche Zeitschrift „Yacht“ schrieb ein paar Tage später darüber: „So viele America’s-Cup-Gewinner waren noch nie an einem deutschen Ort beisammen wie am Samstagabend im Robbe & Berking Yachting Heritage Centre in Flensburg.“

Aber wir widmen das Museum immer wieder auch einmal ganz anderen Themen, die uns aus besonderem Anlass gerade besonders am Herzen liegen. Nach dem ersten Lockdown im Mai 2020 waren es die Kunst- und Kultur – Schaffenden. 70 ausgewählte Malerinnen und Maler, Bildhauer, Grafiker und Kunsthandwerker luden wir ein, für 3,5 Wochen nicht nur ihre Arbeiten bei uns zu präsentieren, sondern auch ihre Ateliers zu uns in die Werft zu verlegen, um so endlich wieder mit Kunstinteressierten ins Gespräch zu kommen und natürlich Arbeiten zu verkaufen. Fast 15.000 Besucher kamen in diesen 3,5 Wochen hierher. Dieses KUNST SCHAFFEN veranstalten wir jährlich – nun schon zum dritten Mal in Folge.

Den ganzen letzten Sommer haben wir auch einem segelfremden Thema gewidmet, mithilfe des Flensburger Rathauses, nämlich dem Thema urbane Mobilität der Zukunft – ich könnte einen 1,5-stündigen Vortrag darüber halten. Das erspare ich Ihnen jetzt aber.

Drüben im Museum hatten wir bis zum 18. September 2022 eine Ausstellung dem 150-jährigen Jubiläum der großen Werft in dieser Stadt, die Flensburger Schiffbaugesellschaft auf der anderen Hafenseite gewidmet.
Und in der kommenden Woche eröffnen wir hier die WORLD PRESS PHOTO Ausstellung, auch das bereits zum dritten Mal. Sie war vorher in Schleswig-Holstein noch nie zu sehen. Wir sind der kleinste, oder zumindest einer der kleinsten Ausstellungsorte und finden es gut, in einem Atemzug mit den anderen Ausstellungsorten genannt zu werden. In diesem Jahr heißen sie u.a. Montreal, Wien, Kopenhagen, Budapest, Toronto, Barcelona, Taipei…………… und…Flensburg.

Zur maritimen Welt von Robbe & Berking gehört neben dem Museum auch eine Yachtsportbibliothek zu deren Füssen wir uns später versammeln werden. Eine große Bibliothek mit fast 10.000 antiquarischen Büchern und Magazinen zum Thema Yachtsportgeschichte vom späten 18. Jahrhundert bis heute. Zu ihr gehört der ursprünglich aus Hamburg kommende Yachtmakler Baum & König, der sich ebenfalls auf besondere Boote, ganz überwiegend klassische, spezialisiert hat. Zu unserer maritimen Welt gehört ein kleiner Verlag, in dem seit bald 30 Jahren jährlich ein Segelkalender mit den schönsten Fotos des jeweils vorangegangenen Robbe & Berking Sterling Cups erscheint und der seit 11 Jahren ein vierteljährlich erscheinendes zweisprachiges – Deutsch und Englisch – Magazin namens GOOSE herausgibt. GOOSE handelt vom Leben in, am und auf dem Wasser und GOOSE heißt GOOSE, weil sein Chefredakteur, der hier gerade vor ihnen steht, wie Nils Holgersson in der wunderbaren Geschichte von Selma Lagerlöf auf dem Rücken dieser Gans die schönsten Küsten, Meere und Seen der Welt überfliegt und seinen Leserinnen und Lesern seit 2011 viermal im Jahr von den spannendsten Erlebnissen seiner Reisen berichtet.

Sie finden nachher am Ausgang eine Tasche, die ich dort für jeden von Ihnen hingestellt habe, in der sich u. a. ein Exemplar von GOOSE befindet.

Im Mittelpunkt aller unserer maritimen Aktivitäten steht aber natürlich die Werft. In ihr bauen und restaurieren wir große und kleine Ruder-, Motor- und Segelboote und Yachten, die alle aus Holz sind. Bekannt sind wir unter den Seglern für die sog. 12er. Das sind über 20 Meter lange, schlanke und elegante Rennyachten, die selbst vielen Nichtseglern ein Begriff sind, weil mit ihnen von 1959 bis 1987 um den America‘s Cup gesegelt wurde. Zweimal hat Robbe & Berking die Welt- und zweimal die Europameisterschaft für diese Yachten auf der Flensburger Förde veranstalten dürfen. 2008, 2011, 2015 und 2017. Zehn dieser 12mR Yachten stehen – neben vielen anderen Booten – im Winter bei uns in den Hallen. Das gibt es in der ganzen Welt nicht noch einmal.
Darunter befindet sich „Sphinx“, mit deren umfangreicher Restaurierung unsere Werftgeschichte begann. 1939 bei Abeking & Rasmussen für den Norddeutschen Regatta Verein (NRV) gebaut. Eine inzwischen also 83-jährige Dame, schön und schnell wie eh und je. Gerade vor zwei Wochen erst hat sie das Blaue Band der Flensburger Förde als schnellstes hier beheimatetes Schiff gewonnen. Darunter befindet sich auch Jenetta, der zweitlängste je gebaute 12er ebenfalls aus dem Jahre 1939. Wie haben sie vor etlichen Jahren aus einem See in der Nähe von Vancouver geborgen, die Reste nach Flensburg gebracht und dann das Boot für eine Eignergemeinschaft eigentlich neu gebaut. Und darunter befindet sich „Nini Anker“, der vorletzte Lebensentwurf eines ganz berühmten Norwegischen Yachtkonstrukteurs: Johan Anker hieß er. 1939 zeichnete er diese 12mR Yacht, die dann aber durch den Beginn des Krieges nie gebaut wurde, bis wir Ankers alten Pläne fanden und das Boot mit 75-jähriger Verspätung für einen Dänischen Segler bauten. Führungen durch die Werft machen im Winter am meisten Spaß, wenn alle diese wunderbaren und geschichtsträchtigen Yachten hier nebeneinanderstehen.

Wer heute spontan ein Boot mitnehmen möchte, dem kann ich „Gretel“ empfehlen. Sagen sie Bescheid, und ich mache eine rote Schleife um sie. Sie steht draußen vor dieser Halle. „Gretel“ war der erste Australische America‘s Cup Herausforderer im Jahre 1962. Ein Stück australische Yachtsport-geschichte also.

Das alles ist natürlich nur mit leidenschaftlichen und ausgesprochen guten Bootsbauerinnen und Bootsbauern möglich. Sie haben die Hallen für den heutigen Abend vorbereitet, und ich habe ihnen versprochen, sie mitzunehmen. Dort vorne auf dem großen Bild können sie sie alle sehen. Es sieht aus, als stünden sie alle in einer Kathedrale. Es ist der auf dem Kopf stehende Rumpf eines 12ers, an dem wir gerade bauten, als das Bild entstand.

Ich wünsche Ihnen allen einen spannenden, fröhlichen und anregenden Abend.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                           

194. Zusammenkunft am 29. September 2022 Yachting Heritage Centre in Flensburg

2. Tischrede
Dr. Patrick Wendisch

Liebe Gäste,

nach dem Schinken zu sprechen, gib mir Gelegenheit, auf die Provenienz desselben hinzuweisen. In Schleswig-Holstein servieren wir Ihnen selbstverständlich nur Holsteiner Schinken.
Alles, was wir Ihnen hier auftischen, kann gottlob nicht kalt werden, weil es schon kalt ist. Denn zur betrüblichen Aussicht auf einen neuen Kalten Krieg passt nur Kaltes. Wir möchten Ihnen so viel gastfreundliche Zuwendung wie irgend möglich angedeihen lassen, indem wir einen kleinen Vorgeschmack auf zukünftige strom- und gaslose Winterdinner verabreichen.
Dass der Vorteil von kalten Gängen in der Aussicht für den Speaker besteht, seine Reden beliebig in die Länge ziehen zu können, ohne den Koch nervös zu machen, sei an dieser Stelle vorsichtshalber verschwiegen.
Der Bordeaux ist bei uns sowieso durchgängig auf Betriebstemperatur, um Ihre Gedanken fliegen und hoffentlich nicht Ihre Augenlider später den Gesetzen der Schwerkraft anheimfallen zu lassen.
Wie schon erwähnt, dokumentiert das Ende der letzten Marionettenregierung des Dritten Reiches das geschichtsträchtige Terrain, auf dem wir uns befinden. Die Siegermächte hatten sich bereits deutlich vorher Gedanken über eine Nachkriegsordnung gemacht, um festzustellen, dass aus vergangenen Verbündeten die zukünftigen Herausforderer der eigenen Ordnung erwachsen.
Was wir heute als neue Machtpolitik Russlands erleben, ist immer noch getrieben aus der Entwicklung nach 1945. Die Westalliierten gründeten die NATO, welche selbst als Verteidigungsbündnis Herrn Putin ein Dorn im Auge ist und deren Funktion der erste Generalsekretär Lord Hastings Lionel Ismay so treffend beschrieb:
“The function of NATO is to keep the Soviet Union out, the Americans in and the Germans down”. Positiv ausgedrückt war die 3. Funktion, Deutschland in ein geeintes und selbst auch mächtiges Europa eingebunden zu halten.
Die NATO war nicht nur gegen den kommunistischen Block und dessen ideologischen Expansionsgelüste aufgestellt, sondern sollte auch Europa einigen und mögliche innere europäische Konflikte durch amerikanische Präsenz unterbinden.
Um interne Konflikte zu lösen, lud Lord Ismay die Parteien stets zu einem informellen Lunch ein und löste so manches Problem, wie sein Ziehvater Winston Churchill, mit einem Whisky. Ähnlichkeiten mit den informellen Tabak-Collegien sind rein zufällig.
Man könnte sagen, die NATO lieferte (!) bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Wichtigkeit der NATO nicht mehr den Stellenwert genoss, weil das bisherige Bedrohungspotenzial zu schwinden schien. Man sonnte sich fortan in der sogenannten Friedensdividende.
Wie man sich täuschen kann. Als einem in militärischen Fragen nicht Vorgebildeten leuchtete mir jedoch auf dem Schulhof immer ein, dass ich nur so lange eine dicke Lippe riskieren konnte, wie ich selbst genug Muckies hatte oder mein älterer Bruder in der Nähe war. Wehe, er war einmal krank.
Atemberaubend festzustellen, wie schnell die eigentlich im US-Bashing langjährig geübten Linksintellektuellen – auch in der Bundesregierung – sich wieder dieser alte Schulhofweisheit bemächtigten, als ob sie nie etwas anderes gesagt hätten. Von dieser geistigen Metamorphose zeugt das heutige Thema: „Die NATO vom Hirntod zum Rettungsanker?“ Wer könnte uns professioneller in der Collegiumsrunde berichten als Admiral Rühle.
Hoffentlich außerhalb des spannend erwarteten Vortrages und angesichts eines durch nichts zu rechtfertigenden Angriffskrieges gegen ein friedliches und souveränes europäisches Land stellen sich mir darüber hinaus zwei teils provokante Fragen:
Erstens: Warum scheint unser westliches zivilisatorisches demokratisches Weltbild nicht oder nicht mehr attraktiv genug zu sein für die Mehrheit der Länder der Erde. Glaubt man uns nicht oder nicht mehr das Eintreten für eine überstaatliche Friedens-, Werte- und Demokratiegemeinschaft? Oder flapsig ausgedrückt: Warum empfindet Putin, aber auch z.B. China, unsere Art zu leben als Bedrohung, obwohl wir doch Softies und nice guys sein wollen.
Zweitens:
Haben wir eigentlich einen Plan, wie es nach dem Krieg mit oder in der Ukraine weitergehen kann, soll und muss?
Zu Erstens:
Der Westen – also die Sanktionskoalition gegen Putin – hat 600 Milliarden Entwicklungshilfe versprochen, um Länder mit unter unsere Sanktionsallianz gegen Russland zu ziehen. Erfolglos! Von uns die Milliarden und von Putin billiges Öl ist als Geschäftsmodell für diese Länder stattdessen unschlagbar.
Russland setzt sogar skrupellos den Hunger als Waffe ein, um unser Mitleid zu wecken und uns zum Einlenken im Konflikt zu zwingen. Man sollte denken, dass die größten Hungerleider der Welt damit automatisch unter die westliche Werteallianz schlüpfen. Doch weit gefehlt. Bei den Sanktionen gegen Russland ist kein Land aus Afrika, kein Land aus Lateinamerika und kein Land aus Asien, außer Japan, Südkorea und Taiwan und natürlich die „westlichen“ Staaten Australien und Neuseeland dabei.
Man gewinnt den Eindruck, die meisten Hungerländer geben dem Westen die Schuld, dass kein Getreide aus der Ukraine ihre Silos füllt. Ein mächtiger Block aus China, Indien, Brasilien und Südafrika arrangiert sich lieber mit Russland und ist willfähriger Abnehmer des von uns sanktionierten Öls und Gases. Selbst die Golfstaaten importieren billiges russisches Öl zu Spottpreisen für ihren eigenen Bedarf, damit sie mehr eigene Förderleistung zu Höchstpreisen an den Westen verkaufen können. Wir entreichern uns für politisch korrektes Öl, ohne uns an den Machenschaften dahinter zu stören. Dass uns manche für ziemlich blöd halten, kann man verstehen.

Die Frage ist: Stimmt unser westliches Paradigma noch?
Während wir den Entwicklungsländern Humanismus, Moral, Demokratie, Umweltschutz, Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit und teils auch für deren Zustimmung Bargeld anbieten, tauschen deren Herrscher lieber Rohstoffe gegen Infrastruktur und bieten sich willfährig dem neuen chinesischen Kolonialismus an. Russland wird nicht als Feind, sondern als billiger Rohstoffkumpan wahrgenommen. Die Leute wollen wohl zunächst etwas zu beißen haben und sich nicht unbedingt selbst schädigen – frei nach Berthold Brecht, erst das Fressen, dann die Moral.
Unser Trugschluss dabei ist, dass Marktwirtschaft als Wohlstandsmaschine nur mit Demokratie ginge. Das ist falsch, Marktwirtschaft geht auch ohne Demokratie, aber umgekehrt Demokratie eben nur mit Marktwirtschaft. Denn, dass der Markt für schmutziges russisches Öl und vermehrt auch Gas z.B. nach Indien und China funktioniert, wird keiner bestreiten. Das Angebot sucht sich seine Nachfrage, ob wir wollen oder nicht.

Es sei jedoch auch gesagt, dass sich jede neue Bundesregierung durch nahezu regelmäßige Markteingriffe und Verstaatlichungen, die nur Symptome bekämpfen, aber nie Ursachen, immer weiter vom Markt entfernte als die vorherige.

Dazu das skrupellose passende Bonmot: „Wir bekamen zwar Merkel aus der DDR, aber die DDR nicht aus Merkel heraus“.
Dabei ist die westliche hocheffiziente Marktwirtschaft, die übrigens die technologisch besten Rüstungsgüter produziert, das Einzige, wovor Putin sich fürchten muss, sofern wir eben genug Energie dazu haben.
Wenn ein Gut knapp ist, muss das Angebot erhöht werden, damit die Preise fallen. Wenn das deutlich geringere Angebotsgas in diesem Winter tatsächlich ausreichen sollte, dann nur deshalb, weil zu den exorbitanten Gaspreisen die energieintensive Produktion bereits nicht mehr lohnt und deshalb die Schwer- und Chemieindustrie schon vorher abschaltet. Für die Bäcker gilt dasselbe. Die Wirtschaft nippelt ab mit verheerenden Arbeitslosenzahlen und Rezession.
Das ist dann Deindustrialisierung und Verwerfung, in der der Staat der Wirtschaft mit einem gedeckelten Gaspreis sozusagen über den Winter helfen muss. Aber unter allen Umständen muss jetzt, jetzt im Sinne von sofort, ohne schuldhaftes Zögern das Angebot an Strom und Gas erhöht werden. Ich möchte sagen „what ever it takes“. Denn jedes zusätzliche Angebot senkt die Preise. Das ist VWL erstes Semester, und es stimmt.
Umso grotesker ist das deutsche Alleinstellungsmerkelmal, nach wie vor auf Schiefergas, selbst jetzt als Brückenenergie, zu verzichten, womit wir 30 Jahre lang unseren Eigenbedarf decken könnten, ebenso wie auf CO2-freie grundlastfähige Kernenergie, weil wir selbst in der akuten Krise nicht den Mumm haben, diesen törichten Ausstieg zumindest zeitweise zu revidieren, bis wir genug regenerative und in einiger Zukunft auch Fusionsenergie für eine großtechnische Wasserstoffwirtschaft haben. Ein kleinen Mini-Mumm hat Harbeck ja vorgestern immerhin gezeigt.
Bei den Regenerativen reden wir übrigens viel zu wenig über Geothermie. Wir sitzen nämlich auf einem grundlastfähigen heißen Erdinneren. Doch die Regenerativen dauern leider, weil meine heiß geliebte Altkanzlerin mehr den Ausstieg als Einstieg beherrschte.
Heute noch so zu handeln, kann nur mit latenter Lust an der eigenen wirtschaftlichen Apokalypse erklärt werden, oder eben, wenn Denken durch Glauben ersetzt wird. Vielleicht sind es gerade diese romantisierenden Ressentiments gegen wirtschaftlichen Wohlstand von saturierten Gesellschaftsingenieuren, weshalb das westliche Modell nicht als das attraktivste, was es für uns ja ist, für den Rest der Welt erscheint. Warum fällt mir jetzt bloß der Vergleich mit dem untergehenden Römischen Reich ein.
Zu Zweitens:
Hat der Westen einen Plan zur Nachkriegsordnung in der oder für die Ukraine?
Was wäre denn das Kriegsziel des Westens?
Ein Frieden auf Augenhöhe, eine Rückeroberung der besetzten Gebiete einschließlich der Krim oder etwa nur so viel, dass Putin sich nicht gedemütigt fühlt? Oder etwa ein Frieden durch russische Übermacht mit einer sich arrangiert habenden neuen ukrainischen Regierung unter dem Einfluss Moskaus?

Dass Putin den Westen gerade zwingen will, die Ukraineunterstützung einzustellen, weil die Ukraine nach einer Volksabstimmung im Osten, deren Ergebnis vor der Durchführung bereits feststand, andernfalls mit westlicher Unterstützung russisches Gebiet angriffe und besetzt hielte und er deshalb nun legitim mit Atomwaffen drohen kann, ist besonders perfide und mittlerweile als das Krimmodell bekannt.
Wenn wir man um Himmels willen nicht gezwungen werden, irgendwann zwischen Chamberlain und Churchill zu entscheiden. Bei der Frage der zwingenden Notwendigkeit einer europäischen Aufrüstung hat Churchill schon gewonnen. Die scheint alternativlos.
Wer entscheidet also mit über die Kriegs- und Friedensziele der Ukraine? Machen die das selbst oder müssen wir Anstöße liefern? Haben wir einen Plan?
Wie wollen wir in einer Nachkriegsordnung mit Russland weiter umgehen? Wird es wieder eine Annäherung geben oder werden wir die Verbindungen kappen, wenn Putin dies nicht selbst schon gemacht hat und damit eine Allianz mit China sucht?
Russland als Atomgarant der chinesischen Weltherrschaft, mit Europa in Schussweite? Schöne Aussichten!
Was, wenn unser Unterstützungsenthusiasmus in den kalten und dunklen Wohnzimmern oder unter den Arbeitslosen aus der Schwer- und Chemieindustrie oder bei der woken Generation Z mit 5% Restladung auf dem Handy, schneller dahinschmilzt als das Vanilleeis in unseren Gefriertruhen beim Blackout? Diktatoren können gegen das eigene Volk regieren, Demokratien nicht.
Kennen Sie den Unterschied zwischen Zivilisation und Anarchie?
Drei Tage Blackout!
Kein Konzept zu haben, warfen deutsche Friedenspolitiker gern den US-Amerikanern in deren Konflikten vor. Haben wir stattdessen ein realistisches erreichbares Konzept für eine Nachkriegsordnung? Und wann ist Nachkrieg?
Fragen über Fragen, aber wir haben keine Antworten, zumindest keine öffentlichen, oder vielleicht doch, Admiral Rühle?
Ich unterstelle einmal, die NATO liefert den westlichen Staaten nicht nur militärischen Schutz, sondern den Regierungen auch strategische Beratung. Hoffentlich nimmt die Politik nicht die strategische Beratung der NATO für das, was Laternenpfähle für Betrunkene sind: Sie geben Halt, nicht Licht.

Gottlob gibt uns der Chateau Bernateau nun Halt für den Käse und die Kerzen in der Collegiumsrunde das Licht.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

194. Zusammenkunft am 29. September 2022 Yachting Heritage Centre in Flensburg

Vortrag
Admiral Joachim Georg Rühle
„Krieg in der Ukraine und die NATO – vom Hirntod zum Rettungsanker“

Meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Wendisch, sehr geehrter Herr Berking! Verehrtes Tabak-Collegium!

Vielen herzlichen Dank für diese Einladung, dass ich erstmalig hier dabei sein darf. Mein Freund Volker Wieker hat mir schon öfter davon erzählt. Er schätzt diese Runde sehr. Als er mich fragte, ob ich bereit wäre hier vorzutragen, habe ich mit Freude zugesagt – nichtwissend, dass das Thema noch aktueller ist, als es zum Zeitpunkt der Anfrage war.
Ich fand auch Ihre Einführung, Herr Dr. Wendisch, sehr gut. Die erste Rede war schon ganz prima – allerdings weiß ich schon nicht mehr genau, wie das mit dem „Löffeltrunk“ funktioniert, hoffentlich kommt da heute keiner mehr auf mich zu …
In Ihrer zweiten Rede haben Sie den Bogen gespannt, dessen, was auch gesellschaftspolitisch zu betrachten ist. Sie haben geendet, hoffentlich beraten wir als NATO dann auch entsprechend. Ich kann Ihnen versichern, das tun wir.
Zunächst einmal möchte ich mich ganz herzlich für die Einladung zu dieser so traditionsreichen Zusammenkunft bedanken und Ihnen, lieber Herr Berking, zu diesem wirklich außergewöhnlichen Museum gratulieren.
Die Ästhetik und Eleganz der Yachten aus Holz spricht Bände – beneidenswert!
Und glauben Sie mir, als ehemaliger Schnellbootfahrer und Kommandant eines Zerstörers kann ich Ihnen nur sagen: Militärische Ästhetik auf hoher See folgt da eher sehr nüchternen Kriterien … Bis auf meinen Zerstörer Mölders, den ich kommandieren durfte! Die Charles F. Adams Klasse waren formschöne schnittige Schiffe. Ich denke sehr gerne an diese Zeit zurück.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch den Choreographen des heutigen Abends meine Anerkennung zollen.
Der ausgefeilte, komplementäre Dreiklang aus
• Flensburg,
• der Uniformfarbe des Vortragenden Rates und
• der gewissermaßen fast schon genialen semantischen Nuancierung des Themas –
„vom Hirntod zum Rettungsanker“
verspricht hoffentlich anregende Zutaten für gute Diskussionen und Gespräche bei anschließendem Mittelwächter und Bremer Bier zu liefern.

Da nun augenscheinlich nur noch ich zwischen letzterem und Ihnen stehe, bemühe ich mich, die Redezeit nicht zu sehr zu strapazieren und die ein oder andere Minute am Ende für Fragen anzubieten.
Vor inzwischen mehr als 44 Jahren habe ich meinen Dienst als Offiziersanwärter der Crew VII/78 an der Marineschule in Mürwik angetreten – einen Steinwurf von hier entfernt.

In einer Zeit, in der sich die NATO von der Sohle bis zum Scheitel auf den Warschauer Pakt als Gegner ausgerichtet hat – und Struktur, Ausrüstung und Selbstverständnis der Bundeswehr dieser Ausrichtung folgten.
BLAU, das waren wir.

ROT, das waren aus hiesiger maritimer Sicht vor allen Dingen die durchaus offensiv ausgerichtete Baltische Flotte der Sowjetunion und die Volksmarine der DDR.
Um die damalige Aufstellung des Heeres zu ergründen, lade ich Sie ein, sich anschließend vertrauensvoll an den Artilleristen Ihres Kleinen Gremiums zu wenden, Herrn General Volker Wieker … Lieber Volker ich grüße Dich von dieser Stelle in kameradschaftlicher Verbundenheit ganz herzlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
die vermeintliche Schlichtheit und Berechenbarkeit dieser damaligen Bipolarität im Kalten Krieg ist inzwischen einer umfassenden geopolitischen Neuordnung gewichen.

Eine Neuordnung, in der Deutschland mithin eine Rolle angenommen hat, die nicht nur militärisch einer Gratwanderung zwischen historischer Verpflichtung und sicherheitspolitischer Verantwortung gleichkommt. Marschgepäck und Gewehr stehen meist bereit – den souveränen Kompass zu kalibrieren ist da schon schwieriger.

Ebenso eine Neuordnung, die ein traumatisiertes, mithin zynisches Russland zurückließ, das sich nicht in eine nachhaltige europäische Sicherheitsarchitektur einbauen lassen wollte. Die zunehmend autoritär russische Denkweise, eine „gewollte“ Großmacht zu sein, ist mit der modernen international verflochtenen Welt und der Politik der westlichen Staatenbündnisse einfach nicht vereinbar.
In dieser Deutlichkeit stellen wir das jetzt erst fest – wie lange wir es schon wissen, ist eine andere, eher unangenehme Frage.
Und eine Neuordnung schließlich, die zwar das Gesicht und die Spannweite der NATO erheblich verändert hat, ihren Wesenskern aber stets unberührt ließ: kollektive Bündnisverteidigung, der berühmte „Artikel 5“.
Auch wenn das im Lichte der Einsätze auf dem Balkan und in Afghanistan gelegentlich etwas aus dem Bewusstsein gerückt wurde.

Die oft zitierte französische Diagnose des Hirntodes (November 2019), inklusive aller Risiken und beabsichtigten Nebenwirkungen einer solchen Aussage, beschreibt im Nachhinein nicht nur eine Momentaufnahme im Lichte Trump’scher Turbulenzen – sondern vielmehr auch ein konstantes Ringen um die Deutungshoheit zum Gesundheitszustand des Bündnisses.

Knapp drei Jahre nach jenem vermeintlichen Hirntod – und das bemesse ich auch am französischen militärischen Beitrag in Folge des russischen Angriffs – würde der Élysée-Palast wohl zu einer optimistischeren Diagnose kommen und den Vitalfunktionen der Allianz ein besseres Zeugnis ausstellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
der durch nichts zu rechtfertigende Angriff auf die Ukraine hat das herbeigeführt, was wir im militärischen Sprachgebrauch eine grundlegende Lageänderung nennen.
Ich kann all jene verstehen, die der Versuchung erliegen, Putin ausschließlich zu dämonisieren. Wer wollte das angesichts der Bilder aus Mariupol, Butscha oder Isjum schon bestreiten? Wer ist nicht im Mark getroffen, schockiert angesichts der hässlichen Fratze dieses Krieges in Europa? Eine Katastrophe.
Aber die Fixierung auf einen Dämon, eine oftmals um sich selbst kreisende Ohnmacht und Wut, führt kein Jota weiter. Sie erklärt nichts, manchmal kann sie sogar zu einem Alibi werden – einem schwachen Alibi.
Zudem waren vereinzelte Kommentare von der Seitenlinie, zugegeben auch aus dem uniformierten Establishment, nicht immer besonders hilfreich, und mancher war sich der Wirkung seiner Worte erst recht spät bewusst.
Der ältere Moltke hat einmal festgehalten, dass „Unterlassen und Versäumnis schwerer wiegen können, als ein Fehlgreifen in der Wahl der Mittel.“
Vielleicht ist diese Aussage ja in ihrer preußischen Absolutheit für die NATO nicht immer in Gänze zutreffend – aber an dieser Stelle sei gesagt: Sorgfältiges Ausloten, Abwägen und Kommunizieren der Möglichkeiten des Handelns, auch und ganz besonders im Vorfeld des Angriffs, waren mitentscheidend für erfolgreiche Abschreckung.
Ich komme darauf später noch ausführlicher zu sprechen.

Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich allerdings mit ein paar grundsätzlichen Feststellungen zum Gegenspieler des alliierten Rettungsankers beginnen. Ich glaube, dieser Rahmen ist hilfreich, um die Reaktion der NATO vor und nach dem 24. Februar angemessen einordnen und bewerten zu können.
Russland ist das größte Land der Erde. 17 Millionen Quadratkilometer, 11 Zeitzonen.
Seine Geographie ist immer schon ein Treiber seiner Sicherheitspolitik.
Russlands strategische Tiefe, das Klima, der Ural als natürliches Hindernis machen es einem jeden potenziellen Angreifer schwer.
Mit einer Ausnahme: im Westen ist es verwundbar, denn hier öffnet es sich zur nordeuropäischen Tiefebene und zwischen Ostsee und Karpaten ist dieser Korridor nur knapp 500 Kilometer breit.
Dort liegt Polen, seit 1999 Mitglied der NATO.

Die russische Exklave Kaliningrad grenzt an Polen – auch an Litauen – und seine Rolle als Schlüsselgelände für Moskau erschließt sich aus diesem geografischen Blick. Für Weißrussland und seine bisherige Nibelungentreue gilt dasselbe.
Ein weiterer Treiber ist das Eis oder besser: Die strategische Bedeutung von ganzjährig eisfreien Häfen, um Flottenverbände zum Einsatz zu bringen.
Jene Flottenverbände, deren Auftrag es ist, in den Nordatlantik vorzudringen und die NATO auch an anderen Stellen des Bündnisgebietes mit einem „strategischen Dilemma“ zu belegen.
Im Wesentlichen reden wir über zwei Häfen, die diesen Anforderungen gerecht werden: Murmansk nördlich des Polarkreises – und eben seit 2014 Sewastopol auf der annektierten Krim.
Diese beiden Faktoren beschreiben einen Kontext, in dem Wladimir Putin über den Grad der Besessenheit hinaus eine destruktive Traumatherapie betreibt, um seiner Meinung nach die „größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ mit militärischer Gewalt zu korrigieren: den Zusammenbruch der Sowjetunion.

Meine Damen und Herren,
ein Wort zu den russischen Streitkräften, die das brutale Werkzeug dieser imperialistischen Gewaltschneise sind:
Der bisherige Kriegsverlauf zeigt, dass die Russen ihre eigenen Fähigkeiten überschätzt und Kampfkraft, Moral und Widerstandswillen der ukrainischen Truppen erheblich unterschätzt haben. Hohe Verlustzahlen sind die Folge.
Russland ist nicht in der Lage, eine mögliche Verhandlungsposition der Stärke mit „Fakten auf dem Boden“ zu untermauern.
Gerade die stark abgenutzten Landstreitkräfte mit dem inzwischen zur grauenhaften Ikone stilisierten weißen Z als Erkennungszeichen können gegenwärtig in kaum einer Form zusammenhängende Operationen durchführen. Die westlichen Waffenlieferungen zeigen Wirkung.
Ein entscheidender Raumgewinn – aus russischer Sicht – ist im Moment nicht zu erwarten. Eher das Gegenteil ist der Fall.
Dies wird verstärkt durch Defizite auf der planerisch-operativen und taktischen Ebene und eine zunehmende Verrohung der Soldaten, deren brutalen Ausdruck wir immer wieder in Kriegsverbrechen ertragen müssen.

Dennoch: Ich bin zurückhaltend, dem russischen Militär mitsamt seiner Führung generelle Handlungsunfähigkeit zu bescheinigen oder es gar mit Hohn und Spott zu belegen. Denn ein Kreml, der mit dem Rücken an der Wand steht, kann unter Umständen zu einem sehr irrationalen Akteur werden.
Ein irrationaler Akteur, in dessen Verfügungsgewalt sich nicht nur endliche fossile Energie, sondern auch ein atomares Waffenarsenal befindet.
Daraus ist eine diffuse Drohkulisse erwachsen, die weitreichende Folgen haben kann:
Wenn es Putin gelingt, unter dem Schild eben dieser Drohkulisse einen konventionellen Angriffskrieg fortzuführen und seinen persönlichen Machterhalt vorerst abzusichern, dann müssen wir die Rolle von Atomwaffen als praktisches Instrument der internationalen Beziehungen insgesamt neu bewerten.
Ich hoffe, dass Krisen- und Kriegsdiplomatie verhindern, dass diese nukleare Figur auf dem Schachbrett anfängt, sich zu bewegen.
Denn auch im russischen Verständnis des Schachspiels käme ein solcher Zug im übertragenen Sinne dem Wesen einer „Fesselung“ nahe:
„Die gefesselte Figur darf oder kann eigentlich nicht ziehen, da sonst der hinter ihr stehende König ins Schach käme.“

Perspektivenwechsel:
Wie hat nun die NATO im Vorfeld des Angriffs gehandelt und in welche Richtung bewegt sich das Bündnis? Jenes Bündnis, dessen Zweck sein erster Generalsekretär Lord Ismay in den 50er-Jahren wie folgt beschrieb:
„To keep the Americans in, the Russians out and the Germans down.” Ich lasse das jetzt einmal so unkommentiert stehen.
Meine Damen und Herren,
zunächst kann ich als Augenzeuge bestätigen, dass der russische Überfall die NATO nicht unvorbereitet getroffen hat. Bereits 2021 gab es hinreichend glaubwürdige Indikatoren, dass die massive Konzentration russischer Truppen entlang der Grenze zur Ukraine über Wesen und Umfang der von Moskau apostrophierten „Manöver“ und „Einsatzbereitschaftsüberprüfungen“ hinausgeht.
Seriöse militärische Planung zeichnet sich mithin dadurch aus, dass sie antizipiert – und somit das Risiko minimiert, durch die normative Kraft des Faktischen vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.
Der damalige Alliierte Oberbefehlshaber, US-General Tod Wolters, hat durch umsichtige Führung, vertrauensvollen Dialog und frühes Handeln drei wesentliche Dinge erreicht:
1. Er hat dazu beigetragen, 30 Hauptstädte mitsamt ihrer sehr unterschiedlichen Empfindsamkeiten davon zu überzeugen, dass Geschlossenheit im Bündnis und Konzentration der Kräfte der Schlüssel zum Erfolg sind.
Eine Konzentration der Kräfte im Osten und Südosten seines Verantwortungsbereichs, die zu keinem Zeitpunkt dazu geführt hat, an anderer Stelle offene Flanken zu bieten.
Offene Flanken übrigens auch gegenüber dem internationalen Terrorismus.
Und dieser Verantwortungsbereich, meine Damen und Herren, reicht von der Ostküste des nordamerikanischen Kontinents bis in das Baltikum, von der Arktis bis zum Wendekreis des Krebses. In Summe etwa 8% der Erdoberfläche.

2. Er hat unmittelbar nach dem russischen Angriff und nach sehr zügiger politischer Autorisierung durch den Nordatlantikrat – binnen weniger als fünf Stunden – die zeitgleiche Aktivierung von fünf einzelnen Eventualfallplänen befohlen.
Dieser ambitionierte Schritt hat nicht nur einen kohärenten Operationsraum mit klaren Verantwortlichkeiten von Skandinavien bis zum Schwarzen Meer geschaffen, sondern auch den erstmalig „scharfen“ Einsatz von Teilen der NATO Response Force ermöglicht.

Dabei wurde von klassischen militärischen Grundsätzen nicht abgewichen: Das Vorhalten einer schnell verfügbaren strategischen Reserve ebenso wie die fortdauernde Anpassung von Plänen, um Überraschungen, Missverständnissen und russischer Hybris entgegenwirken zu können.

3. Letztlich wurde die sogenannte Vornepräsenz der NATO entlang der Ostflanke qualitativ verdoppelt.
Zu den schon bestehenden vier multinationalen Gefechtsverbänden in den baltischen Staaten und Polen – Deutschland führt den Verband in Litauen – kamen weitere in Ungarn, der Slowakei, in Rumänien und Bulgarien hinzu.
Dies wurde komplettiert durch die Bereitschaft der Nationen, dem – ihrem! – Supreme Allied Commander Europe Truppen zu unterstellen und dabei den sogenannten Transfer of Authority auszusprechen.
In Zahlen meint das über 42.000 Frauen und Männer bei den Landstreitkräften, zeitweise über 120 Kampfflugzeuge und mehr als 25 Schiffe, Flugzeugträgergruppen mit eingeschlossen.

Meine Damen und Herren,
das Motto der Allianz – Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit – hat sich materialisiert. Gerade in den ersten Wochen, in denen eben nicht klar abzusehen war, ob sich der Konflikt ausweitet, war diese Form der spürbaren Rückversicherung ein Pfund.
Ein Pfund, das jener, eingangs beschworener Geschlossenheit ein glaubwürdiges und schlagkräftiges Gesicht gegeben hat – und weiterhin gibt.
Russland ist gegenüber der NATO nie in einem Vorteil gewesen. Das gilt unverändert.
Moskau hat diese Botschaft verstanden. Unser eigenes strategisches Konzept wurde dadurch validiert.
Die jüngst durch Putin bekanntgegebene Teilmobilmachung wird in den kommenden Monaten zunächst wohl keinen Effekt „am Boden“ haben.
Und es besteht gegenwärtig auch keine Notwendigkeit, in Folge dieser Ankündigung den Ansatz der NATO grundlegend neu zu justieren.
Dennoch, und da komme ich noch einmal auf die eben angesprochene Wachsamkeit zurück, werden die Folgen dieses Schrittes genau beobachtet und bewertet.

Eskalation muss nicht immer ein Indiz von Stärke sein, manchmal dient sie auch der Saturierung von Fakten, die den eignen Machtapparat stützen. Wir werden sehen, ob diese Entscheidung nicht auch Bruchstellen in Putins Regime offenlegt, die sich in das Gegenteil dessen verkehren, was er ursprünglich erreichen wollte.
Zurück zur NATO.
Seit Juli haben wir einen neuen Oberbefehlshaber. General Chris Cavoli – in Würzburg geboren – war zuvor Kommandeur der US Army Europe und hat den amerikanischen Staffelstab in einer Zeit übernommen, die wohl kaum fordernder sein kann.
Das meint nicht nur den andauernden, zermürbenden Krieg, sondern auch die Tatsache, dass sich das Bündnis gerade in einer umfassenden militärischen Transformation befindet.
Eine Transformation, die eine neue „Familie an Plänen“ als Ergebnis haben wird. Diese Pläne versetzen uns bestmöglich in die Lage, das Bündnisgebiet ganzheitlich zu verteidigen. Sie berücksichtigen regionale Besonderheiten, definieren Raumverantwortung und integrieren die moderne Komplexität militärischer Operationen in verschiedenen Dimensionen: Land, Luft, See, Cyberspace und Weltraum.
Ebenso zielen sie auf die überragende Bedeutung des Themas Logistik ab – NATO-Englisch: Enablement. Deutschland kommt hierbei aufgrund seiner zentralen Lage in Europa eine Schlüsselrolle als strategische Drehscheibe zu.
Und manchmal stellen wir dann fest, dass es ganz einfach an Eisenbahn-Flachwagen und geeigneten Verladerampen an Bahnhöfen mangelt, um zügig schweres Gerät von A nach B zu verlegen.
Ein moderner Kampfpanzer wiegt zwischen 60 und 70 Tonnen – den bekommen Sie nicht mal eben „zack zack“ über weite Strecken bewegt. Und wenn Sie ihn bewegt haben, dann müssen Sie ihn auch instand setzen und versorgen können. Ein Kampfpanzer ohne Treibstoff und Munition ist ein zwar schweres, aber nutzloses Gefährt.
Sie wissen, worauf ich hinauswill.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
diese „Familie an Plänen“ muss unterfüttert werden mit einer effizienten Führungsorganisation, die über die bloße Anzahl an Hauptquartieren und Posten weit hinausgeht.

Sie muss weiter hinterlegt werden mit einsatzbereiten Truppen, die im Idealfall ihren zugewiesenen Operationsraum bereits im Frieden kennen, über Netzwerke verfügen und auf ein logistisches System zurückgreifen können, das vor allen Dingen eines ermöglicht: Geschwindigkeit.

Am Ende des Tages ist jene bruchfreie Zusammenführung von Plänen, Organisation und einsatzbereiten Truppen zwar auch einer Frage der Glaubwürdigkeit unserer eigenen Ambition, aber trotzdem nur eine Seite der Medaille.
Die andere Seite ist die politische Entschlossenheit, dies umzusetzen und im Fall der Fälle zur Wirkung zu bringen.

Für die eine und die andere Seite dieser Medaille kommt unserem Land eine einflussreiche, mithin auch führende Rolle zu.
Die Erwartungshaltungen an Deutschland sind hoch – nicht ganz unberechtigt.
“Let´s talk about Zeitenwende” hört man öfter auf den langgestreckten Fluren des Hauptquartiers in Mons und dabei kommt in erster Linie zum Ausdruck:
Liebe Deutsche, was und wann liefert ihr denn jetzt ab?
Ich denke nicht, dass wir uns bisher verstecken müssen. Ganz im Gegenteil:

Das Heer richtet seinen Fokus auf das Baltikum und baut jene bewährten und anerkannten Strukturen aus, die in Litauen seit 2017 zu Rückversicherung, Abschreckung und Verteidigung beitragen.
Das ist ja nicht nur ein militärischer Auftrag, sondern vor allen Dingen eine Botschaft, die sich an die Protagonisten auf beiden Seiten des Grenzzauns richtet.
Die Luftwaffe beteiligt sich mit Kampfflugzeugen an der Sicherung und Überwachung des Luftraums und stellt unverändert Flugabwehreinheiten PATRIOT in der Slowakei.
Die Marine unterstützt die ständigen maritimen Einsatzverbände der NATO und zeigt starke Präsenz im Ostseeraum.
Die „Enabler“ der Streitkräftebasis stellen sicher, dass sich die vorhin genannte logistische Drehscheibe auch wirklich dreht und alliierte Truppenteile „auf der Durchreise“ sicher, aufgetankt und wohl genährt an ihren Bestimmungsort kommen.
Der Sanitätsdienst unterstützt und koordiniert die Evakuierung und Versorgung Verwundeter.
Im kommenden Jahr stellt zudem die Panzergrenadierbrigade 37 aus dem sächsischen Frankenberg den Kern der sogenannten NATO-Speerspitze. Das bedeutet: Innerhalb von 48 bis 72 Stunden bereit zu sein, um dorthin verlegt zu werden, wo die Truppe gebraucht wird. Größenordnung: über 15.000 Frauen und Männer.

Und der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass sich am heutigen Tage mehr als 3.500 deutsche Soldatinnen und Soldaten in 13 unterschiedlichen Einsätzen auf 3 Kontinenten befinden.

Meine Damen und Herren,
vom Hirntod zum Rettungsanker. Das war die Ausgangsposition.
Ich zäume das Schlachtross einmal von hinten auf:
Würden sich Stockholm und Helsinki einem Patienten anvertrauen?
Eine so weitreichende Entscheidung treffen, wenn dieser Patient eine Diagnose besitzt, die einer umfassenden Todesdefinition gleicht?
Oder doch einem lebenden Organismus anschließen, der in existenziellen Situationen zu jenem sturmerprobten Ankerplatz wird, der Stabilität, Solidarität und Sicherheit gewährt?
Das schließt nicht aus, dass es innerhalb des Bündnisses nicht ab und an auch leidenschaftlich und kontrovers zugeht …, aber aus der argumentativen Vielfalt erwächst ja bekanntlich Stärke.

Verehrtes Tabak-Collegium,
vielen Dank für Ihr Interesse. Ich lasse es nun beim Gesagten bewenden und freue mich, vielleicht die eine oder andere Frage aufnehmen zu können.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Prof. Thomas Albert
Intendant
Musikfest Bremen

Dieter Ammer
Geschäftsführender Gesellschafter
AMMER ! PARTNERS, Hamburg

Oliver Berking
Geschäftsführer
Robbe & Berking Silbermanufaktur seit 1874
GmbH & Co. KG,
Flensburg

Wilhelm von Boddien
Geschäftsführer
Förderverein Berliner Schloß e.V., Hamburg
ehem. Mitglied ‚Kleines Gremium‘,
Bremer Tabak-Collegium

Honorarkonsul Hylke Huibert Boerstra
Mitglied des Kuratoriums
Peter Krämer Stiftung, Hamburg
Honorarkonsulat des Königsreichs der
Niederlande, Bremen

Matthias Böhm
Mitglied der Geschäftsleitung
Lampe & Schwartze KG, Bremen

Kapitän zur See Nils Brandt
Stv. Kommandeur und Leiter Lehre
Marineschule Mürwik, Flensburg

Tarek Brauer
Mitglied der Geschäftsleitung
Werder Bremen GmbH & Co. KG aA, Bremen

Dr. Jörg Bremer
Journalist, Historiker und Autor, Berlin/Rom
ehem. Korrespondent und Redakteur der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Mitglied ‚Kleines Gremium‘,
Bremer Tabak-Collegium

Dr. Thomas Brinkmann, LL.M. (Tulane)
Rechtsanwalt u. Notar
Dr. Schackow & Partner – Rechtsanwälte und
Notare, Bremen
Sprecher ‚Kleines Gremium‘,
Bremer Tabak-Collegium

Ulf Brothuhn
Vorsitzender des Vorstandes
Bremische Volksbank eG, Bremen

Olaf Buske
Partner
KPMG AG, Bremen

Dipl.-Ing. Richard Damm
Präsident
Kraftfahrt-Bundesamt, Flensburg

Andrés Ebhardt
Executive Director Wealth Management
UBS Europe SE, Hamburg

Peter Carsten Ehlers
Mitglied des Vorstands
Getreide AG, Hamburg

Prof. Dr. Steen Ethelberg
Senior Scientist
Statens Serum Institut, Kopenhagen/Dänemark

Jürgen Fitschen
Vorsitzender des Vorstandes
Deutsche Bank Stiftung, Frankfurt am Main
Mitglied ‚Kleines Gremium‘,
Bremer Tabak-Collegium

Prof. Dr. Herwig Guratzsch
Hamburg
ehem. Direktor Stiftung Schleswig-Holsteinische
Landesmuseen, Schleswig
ehem. Mitglied ‚Kleines Gremium‘,
Bremer Tabak-Collegium

Carl-Johan Hagman
CEO
Stena Line, Viken/Dänemark

Jan Peter Hartmann, CFA
Co-Founder
WH Inv. Man. SICAV, Küsnacht/Schweiz

Dr. jur. Peter Haßkamp
Bremen
ehem. Vorsitzender des Vorstandes der Bremer
Landesbank
ehem. Sprecher ‚Kleines Gremium‘, Bremer
Tabak-Collegium

Detlev Herrmann
Vorstand
Bremische Volksbank eG, Bremen

Honorarkonsul Kay Christian Hillmann
Geschäftsführer
KCH Management GmbH, Bremen
Schweizer Honorarkonsul

Andreas Hoetzel
Gesellschafter
Restaurant Osteria
Savino Pinto & Andreas Hoetzel GbR, Bremen

Carsten Hofmeister
Geschäftsführer
Seghorn GmbH, Bremen

Günther Hörbst
Leiter der Unternehmenskommunikation
OHB SE, Bremen

Frank Imhoff, MdBB
Präsident
Bremische Bürgerschaft, Bremen

Bianca Jasching
Prokuristin
Ospig GmbH & Co. KG, Bremen

Harry Jasching-Oechsin
Geschäftsführer
Ospig GmbH & Co. KG, Bremen

Markus Joppien
Geschäftsführender Gesellschafter
NBI Norddeutsches Bewachungsinstitut
GmbH & Co. KG, Bremen

Georg Jürgens
Geschäftsführender Gesellschafter
Care Pflegegesellschaft mbH, Bremen/Höchstadt
an der Aisch

Pamela Jürgens
Vertriebs- und Marketingleitung
OMNILAB-LABORZENTRUM GmbH & Co. KG

Generalleutnant a.D. Roland Kather
Berlin
ehem. deutscher Militärischer Vertreter bei der
NATO und der Europäischen Union

Dr. rer. pol. Johannes F. Kirchhoff
Geschäftsführender Gesellschafter
Kirchhoff Gruppe Umwelttechnik
GmbH & Co. KG, Iserlohn

Arne Klarmann
Geschäftsführender Gesellschafter
Lampe & Schwartze KG, Bremen

Dr. Christoph B. Klosterkemper
Geschäftsführender Gesellschafter
Atermann König & Pavenstedt GmbH & Co. KG,
Bremen

Dr. Malte Köster
Rechtsanwalt
Willmerköster Rechtsanwälte und
Insolvenzverwalter, Bremen

Julius Kramer
Geschäftsführer
J. Heinr. Kramer Holding GmbH & Co. KG,
Bremerhaven

Rebecca K. Kreuzgrabe
Generalbevollmächtigte und Mitglied
‚Kleines Gremium‘,
Bremer Tabak-Collegium GmbH, Bremen

Honorarkonsul Thomas M. Kriwat
CEO
Mercmarine Group of Companies, Bremen
Honorarkonsul der Demokratischen
Sozialistischen Republik
Sri Lanka für Bremen und Niedersachsen

Matthias Kues
Mitglied des Aufsichtsrates
Glücksburg Consulting AG, Hamburg

Dominik Lamminger
Mitglied der Geschäftsleitung
Bundesverband Öffentlicher Banken
Deutschlands, VÖB, e.V., Berlin

Albert Lamotte
Geschäftsführer
Henry Lamotte Services GmbH, Bremen

Hans-Dieter Lampe
Geschäftsführender Gesellschafter
Handelsgesellschaft Frantz Kragh GmbH, Bremen
Mitglied ‚Kleines Gremium‘,
Bremer Tabak-Collegium

Oberbürgermeisterin Simone Lange
Oberbürgermeisterin
Stadt Flensburg

Dr. Uwe Lebens
Geschäftsführer
Genuport Trade GmbH, Hamburg

Dr. Stefan Lehnert
Vector Foiltec Holding GmbH, Bremen

Hans-Ruprecht Leiß
nordeutscher Zeichner und Maler, Flensburg

Dr. Claus Liesner
Geschäftsführender Gesellschafter
AMC Asset Management Consulting GmbH,
Hamburg

Dr. Frauke Lindemann
Berlinagency, Berlin

Christian Lürßen
Geschäftsführer
COL Geschäftsführungs- und
Verwaltungsgesellschaft mbH,
Schwanewede

Dipl.-Kfm. Jens Lütjen
Geschäftsführender Gesellschafter
Robert C. Spies KG, Bremen

Markus Mainka
Leiter der Kommunikation Standort Bremen
Mercedes Benz AG – Werk Bremen

Korvettenkapitän d.R. Jenny May-Barg
Journalistin, Film- und Fernsehwissenschaftlerin M.A., Berlin

Prof. Dr. h.c. Rudolf Mellinghoff
Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D.
Präsident des Bundesfinanzhofes a.D.
Mitglied ‚Kleines Gremium‘,
Bremer Tabak-Collegium

Dr. Armin Müller
Niederlassungsleiter
UBS Europe SE, Hamburg

Jörg Müller-Arnecke
Geschäftsführender Gesellschafter
Canvas Solutions GmbH, Bremen

Flottillenadmiral Jens Nemeyer
Kommandeur
Marineschule Mürwik, Flensburg

Cornelius Neumann-Redlin
Hauptgeschäftsführer
Die Unternehmensverbände im Lande Bremen
e.V., Bremen

Sabine Niemeyer
Mitglied der Geschäftsleitung
Deutsche Bank AG, Bremen

Jan-Peter Nissen
Geschäftsführer
Kreutzträger Kältetechnik GmbH & Co. KG,
Bremen

Dr. Erik Ohde
Partner
Ernst & Young GmbH, Hamburg

Christoph S. Peper
Geschäftsführender Gesellschafter
Peper & Söhne Projekt GmbH, Bremen

Klaus-Peter Prien
Directør
Nordic Foto ApS, Kiel

Fregattenkapitän Christian Reil
Sachgebietsleiter Underwater Warfare
Marineoperationsschule, Bremerhaven

Prof. Dr. Werner Reinhart
Präsident
Europa-Universität, Flensburg

Dr. Ariane Reinhart
Mitglied des Vorstandes
Continental Aktiengesellschaft, Hannover
Mitglied des Aufsichtsrates Vonovia SE

Rendel Rieckmann
Vice President Transformation
Secop Group Holding GmbH, Flensburg

Jürgen Roggemann
Gesellschafter
Enno Roggemann GmbH & Co., Bremen

Axel Rohrssen
Geschäftsführer
Stena Logistics GmbH, Bremen

Admiral Joachim Georg Rühle
Chef des Stabes
SHAPE – Supreme Headquarters Allied Powers
Europe,
Casteau/Belgien

Hanjo Runde
Mitglied des Vorstandes
HanseYachts AG, Greifswald

Senator E.h. Prof. Dr. h.c. mult. Klaus Gerhard Saur
München
ehem. Geschäftsf. Gesellschafter Walter
de Gruyter GmbH Verlag, Berlin
ehem. Mitglied ‚Kleines Gremium‘,
Bremer Tabak-Collegium

Dr. Peter Schinzing
Geschäftsführer
Elefant fünfacht GmbH, Oldenburg
S.H. Alexander Prinz zu Schleswig-Holstein
Holstein Consult, Hamburg

Albert Schmitt
Geschäftsführer
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
GmbH

Prof. Dr. Hans-Joachim Schreiner
Glücksburg
ehem. Volkswagen AG

Kai Schubert
Vorstandsmitglied
Raiffeisenbank Südstormarn Mölln eG, Trittau

Hellmut Seemann
ehem. Präsident
Klassik Stiftung Weimar
Mitglied ‚Kleines Gremium‘,
Bremer Tabak-Collegium

S.H. Alexander Freiherr von Sobeck-Skal
Hamburg
Journalist u. Publizist

Ralf Stapp
Vorsitzender der Geschäftsführung
Bremer Aufbau-Bank GmbH, Bremen

Johann Gottfried Stehnke
Geschäftsleitung
Gottfried Stehnke Bauunternehmung
GmbH & Co. KG, Osterholz-Scharmbeck

Christoph Steinkuhl
Geschäftsführer
A.W. Niemeyer GmbH, Hamburg

Stefan Storch
Geschäftsführender Gesellschafter
D.F. Rabe + Co., Bremen

Georg Strangemann
Geschäftsführender Gesellschafter
MLC Firmengruppe, Bremen

Senator Gert Stuke
Ehrenpräsident
Industrie- und Handelskammer Oldenburg
Mitglied des Vorstandes der Metropolregion
NORDWEST

Honorarkonsul Chawkat Takla
Gesellschafter
Miditec Datensysteme GmbH, Bremen
Honorarkonsul der Syrischen Arabischen
Republik

Dr. Tammo Vitens, LL. M.
Rechtsanwalt
Dr. Schackow & Partner – Rechtsanwälte und
Notare, Bremen

Philipp Wacker
Geschäftsführer
Vollers Group GmbH, Bremen

Franziska Wedemann
Geschäftsführerin
WIK Wedemann Immobilien Kontor Gmbh & Co
KG, Hamburg
1. Vorsitzende Wirtschaftsverein für den
Hamburger Süden

Prof. Dr. Iris Wenderholm
Professorin für Europäische Kunstgeschichte der
Frühen Neuzeit
Hamburg

Dr. Patrick Wendisch
Geschäftsführender Gesellschafter
Lampe & Schwartze KG, Bremen
Mitglied ‚Kleines Gremium‘,
Bremer Tabak-Collegium
Präsident der Eiswette von 1829

Lukas Wendisch
HDI Global SE, Hamburg

General a.D. Volker Wieker
Ganderkesee
Generalinspekteur der Bundeswehr a.D.
Mitglied ‚Kleines Gremium‘,
Bremer Tabak-Collegium

Alexander Winterling
Managing Director Europe
Huma Therapeutics Limited, London

Dr. Jörg Wissdorf
Mitglied des Vorstandes
Sikora AG, Bremen

Patrick Wohlgemuth
Chief Financial Officer
FSG-Nobiskrug Holding GmbH, Flensburg

Nils Wrogemann
Mitglied der Geschäftsleitung
Deutsche Bank AG, Bremen

Dr. Matthias Zimmermann
Geschäftsführender Gesellschafter
WWB Weser-Wohnbau Holding GmbH & Co. KG, Bremen