Herr Senator, Herr Bürgerschaftspräsident, meine Herren, als der Abend begann, erinnerte mich Herr Treusch daran, warum ich eigentlich nicht hier sein sollte, und warum Sie längst einen anderen Gastredner hätten wählen sollen.
Das Versäumnis liegt aber natürlich ganz bei den Verantwortlichen des Abends, denn er sagte, vor drei Jahren haben wir uns gesehen und ich habe damals gesagt, ich habe im Augenblick noch keine Zeit; ich bin noch relativ neu im Vorstandsvorsitz von E. ON, ich muss noch ein paar Dinge regeln. Aber in drei Jahren habe ich Zeit. Dann ist alles erledigt. Dann kann ich auch nach Bremen kommen und mal eine schöne Rede halten.
Wie wir alle wissen, habe ich sehr geirrt. Es ist nicht alles geklärt und es noch Vieles offen. Dieser Mangel an Weitsicht hätte es gerechtfertigt, mich noch auszuladen! Jetzt weiß ich nicht, ob ich aus Mangel an Alternativ-Rednern oder aus der Neugierde, wie ich dies denn erkläre, doch da bin. Aber ich versuche es irgendwie zu überstehen!
Als ich mir habe erklären lassen, wie der Rahmen ist – ich wusste es nicht vor drei Jahren – war ich herausgefordert. Ich habe verstanden, man bekommt ein sehr reichhaltiges Essen, in gutem Maße verschiedenen Alkohol und dann wird das Licht ausgemacht.
Ich bin 56! Ich weiß, was ich dann tue! Jetzt bin ich Hin und Her gerissen, ob meine gute Erziehung, mein gutes niedersächsisches Elternhaus es gebieten, dass ich besonders leise spreche und eintönend rede, damit ich keinen störe, oder ob ich doch noch den Versuch unternehme, den ein oder anderen ins Gespräch zu ziehen. Ganz ehrlich – ich weiß es noch nicht so richtig! Wir werden mal schauen, was daraus wird!
Aus den Vorbemerkungen von Professor Treusch und aus den Vorbemerkungen des Senators gab es ja verschiedene Anregungen, ehrlich gesagt auch aus dem Titel des angekündigten Vortrages.
Jeder von Ihnen, der schon einmal einen Vortrag gehalten hat, weiß, dass solche Titel relativ früh entstehen; weit bevor die Rede entsteht. Und auch weit bevor die Gelegenheit da ist. Deswegen habe ich mir am Ende überlegt, dass ich zwischen den Textbausteinen, die ich mitgebracht habe und den Tischgesprächen, die ich schon erlebt habe, Hin und Her wandern werde. Ich hielt es nicht für angemessen, nur über die Deutsche Energiewende zu sprechen. Ich werde mich schon bemühen, angesichts dieses beeindruckenden Rahmens der Bremer Kaufleute, die immer auf die Welt ausgerichtet waren, und nicht nur auf ihr Umland und nicht nur auf ihre Scholle, sowohl global-europäische, deutsche und auch regionale Themen anzureißen.
Es ist aber völlig unmöglich, über alle Themen zu reden, die auch nur angedeutet worden sind, es sei denn, Sie wollen hier morgen früh noch sitzen. Von daher überlasse ich es Ihrer Neugier, vielleicht im Gespräch nachher den einen oder anderen Aspekt aufzurufen, der Ihnen völlig gefehlt hat. Und warum Sie der Meinung sind, dass das Thema verfehlt war. Aber wir kommen dann schon irgendwie darauf! Ich glaube man muss schon Deutschland verlassen, wenn man über Energiewende und Energie redet, weil die großen Themen eben nicht nur in Deutschland stattfinden, sondern weltweit.
Manchmal hatte unser Land, wie kaum ein anderes, die Fähigkeit, in Selbstbespiegelung sich zu versenken, und die harsche Wirklichkeit der Welt da draußen dient dann allenfalls als wohliger Schauer.
Der Mitarbeiter, der mich hier unterstützt hat, hat – das fand ich ganz eindrucksvoll – aus dem „Faust“ meinen Einstieg gefunden:
„Nichts besseres, weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen, als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei, wenn hinten, weit in der Türkei, die Völker aufeinanderschlagen. Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus und sieht den Fluss hinab die bunten Schiffe gleiten. Dann kehrt man abends froh nach Hause und segnet Fried und Friedenszeiten.“
In unseren Tagen ist wohl auch der letzte deutsche Biedermann aufgeschreckt. Die ungemütliche Welt da draußen rückt uns doch sehr nah. Sie ist bei uns angekommen. Im Krisenbogen von Nordafrika über den nahen Osten bis Afghanistan ist einer der derzeit ergiebigsten Nährböden für Fanatismus und Terrorismus entstanden. Wir in Europa stehen nicht mehr am Rande und schauen zu, wie zuletzt die schrecklichen Anschläge in Paris gezeigt haben oder der Absturz der russischen Passagiermaschine über Ägypten. Oder der Abschuss eines russischen Bombers durch die Türkei. Nervosität breitet sich aus – und auch Angst. Dass Deutschland sich mit Aufklärungstornados, Tankflugzeugen und einer Fregatte engagiert, ist jedenfalls aus meiner Sicht notwendig, wenn Solidarität noch zählt.
Natürlich fragt man sich, was als nächstes kommt. Wenn man dann weiter schaut: China und andere Schwellenländer verschieben unaufhörlich die über Dekaden gelernten weltwirtschaftlichen und geopolotischen Gleichgewichte. Im pazifischen Raum, in der südchinesischen See. Sie stellen auch die Balance der Währung völlig neu in Frage. Und wie die Chinesen, auch mit wiederholten Abwertungen, schaffen sie neue Fakten. Geopolitische Krisen haben auch im Osten Europas unsere Haustür erreicht. Wenn man weiß, dass man von Wien schneller im Osten der Ukraine ankommt, als in der westlichsten Landesgrenze Österreichs, begreift vielleicht der Letzte, dass die Dinge da sind.
Seit dem wir erleben, dass täglich tausende von Flüchtlingen nach Europa und besonders nach Deutschland kommen, ist, glaube ich, die Betrachtung der Welt aus einer deutschen Brille auf die deutsche Scholle überholt.
Francis Fukuyama postulierte nach dem Ende des „Kalten Krieges“, dass das Ende der Geschichte erreicht sei. Er hat sich geirrt! Und als habe die Geschichte diese unerhörte Provokation ganz besonders übel genommen, hat sie sich mit brachialer Gewalt zurück gemeldet.
Es wird wieder Geschichte gemacht in unseren Tagen und zwar von vielen Akteuren, mit den unterschiedlichsten Interessen und Zielen.
Was hat das mit Energie zu tun?
Mit der Geschichte ist die Geopolitik und mit der Geopolitik auch die Energiepolitik auf die Weltbühne zurückgekehrt. Von provinzialer Betrachtung auf die ganz große Bühne. Großes Kino – immer wenn es um Energie geht! Energiefragen stehen heute inmitten der heftigsten Veränderungen, ohne dass es jeder gleich identifiziert. Öl und Gas aus dem Nahen Osten, insbesondere Saudi Arabien und dem Iran, stehen mit den Produkten aus dem amerikanischen Fracking in einem der aufsehenerregendsten Mengen- und Preiskrieg, den man auf Produktmärkten seit Dekaden erlebt hat – mit völlig ungewissem Ausgang. Ich bin nicht sicher, ob die meisten in diesem Raum wissen, dass im Jahre 2014 die Vereinigten Staaten von Amerika Saudi Arabien als weltweit größten Ölproduzent überholt haben. Chinas enormer Energiehunger ist trotz langsamerem Wachstums noch lange nicht gestillt. Russland eröffnet sich in der Arktis mit einer Flotte von Eisbrechern und Flüssiggashäfen völlig neue Transport- und Exportweg nach Osten und Westen. Viele der großen Themen haben bei genauem Hinschauen etwas mit Energie zu tun und ihrer geopolitischen Rolle.
Für uns in Europa: wo stehen wir?
Wir sind bisher der Kontinent, mit der größten Energieimportabhängigkeit aller Kontinente dieser Welt.
Der Kontinent mit der größten Energieimportabhängigkeit zu sein, ist keine attraktive Rolle. Die eigenen fossilen Reserven schwinden und die Zukunft der Energie wird weltweit neu verhandelt.
Die Antworten: Großbritannien will die Kernengerie mit chinesischen und französischen Partnern neu massiv ausbauen. Frankreich als Partner der Aktion, will sie langsam reduzieren. Deutschland steigt aus!
Die Kohle spielt aufgrund ihrer weltweit guten Verfügbarkeit, der relativ geringen Produktionskosten und der leichten Transportfähigkeit immer noch die führende Rolle. Fast 30% des Weltenergieverbrauchs kommt aus Kohle. Wenn man die Kohlediskussion dieser Tage in Deutschland in Zeitungen verfolgt, sollte man nicht meinen, dass man über die größte Energiequelle der Welt liest. Gleichzeitig steigen aber auch aufgrund der mit ihr verbundenen klimapolitischen Herausforderungen immer mehr Länder und Industrien auch aus ihr aus. In Europa hält Polen an ihr fest und baut neue Kohlekraftwerke. Während die englische Energieministerin vor einigen Tagen erklärt hat, dass sie in der nächsten Dekade den Ausstieg prüfen will. Deutschland schwankt mit neuen Kompromissen, was die richtige Rolle neben dem Kernenergieausstieg sein könnte. Gaskraftwerke haben weltweit ein rasantes Wachstum erlebt, während sie in Europa geschlossen werden. Kohle ist heute billiger und CO2 kostet fast nichts – als sei das Weltklima schon gerettet. Wir wissen – und Herr Professor Treusch erinnerte uns daran – das es ohne konventionelle Energie noch über Dekaden nicht gehen wird. Aber wie das Verhältnis ist, welche Rolle sie spielen kann, wie es sich einfügt in Anderes, ist völlig unsicher. Wenn ich mit meinen amerikanischen Kollegen und Energieversorgern rede – und dort ist nicht das Klima das Hauptthema – sagt jeder meiner amerikanische Kollegen, die riskanteste Investmententscheidung, die wir treffen müssen, ist etwa in ein fossiles Kraftwerk. Nicht weil es Demokraten oder Republikaner sind, sondern weil es einfach in einem völlig neuen Wettbewerbsverhältnis steht. Und warum? Was hat die Welt denn noch? Sie hat immer mehr erneuerbare Energien. Wenn man manchmal hinschaut denkt man, das sei ein reines deutsches Thema. Das ist eine fehlerhafte Wahrnehmung. Im Jahr 2014 hat die Welt 270 Milliarden US-Dollar in erneuerbare Energien investiert. Deutschland war im Jahre 2014 bei Weitem nicht in der Führungsgruppe. Die erneuerbaren Energien sind das größte Investitionsthema weltweit, wenn in Energien investiert wird! Wir sehen uns immer an der Spitze. Wir sind es nicht notwendig. Dazu kommt gesteigerte Energieeffizienz, Digitalisierung, neue Steuerungstechnologien, neue Informationstechnologien, eine bis heute immer noch unterschätze Energie- und Flexibilitätsquelle. Ist es also denkbar, mindestens träumbar, dass ein großer Anteil erneuerbarer Energien mit einem Rückgrat an konventionellen Energien die Zukunft globaler, europäischer und deutscher Systeme sein kann? Ich weiß nicht, was man aufgrund meiner Aufgabe von mir erwartet. Aber die Antwort ist, ich glaube ja! Aber nur, wenn wir es richtig machen. Und wenn wir es verantwortlich machen. Und wenn wir unser Energiesystem und seine Balance von Kosten von Strukturen, von Sicherheit alle Zeit im Auge behalten. Wenn wir uns auch darüber im Klaren bleiben, dass eine hochentwickelte Industrieregion noch Jahrzehnte nicht vollständig nur von erneuerbaren Energien leben kann, sondern nur von der Balance. Aber zugleich ist eben allein die Verminderung der Importabhängigkeit von fossilen Energien ein überzeugendes geopolitisches Argument für eine gelingende, gut gemachte Energiewende. In einer stürmischer werdenden Welt wird das Gelingen der Energiefrage ein entscheidender Wettbewerbsfaktor sein. Es werden nicht die Arbeitskosten-Delta sein; aber es kann schon sein, dass die überlegende Antwort auf die Energiefrage über das Schicksal und den Wohlstand der Nationen und Regionen entscheidet. Aus dieser Perspektive ist eine gelingende Energiewende keineswegs Öko-Spinnerei, sondern liegt im langfristigen Interesse unseres Landes und unseres Kontinents. Das Gelingen der Energiewende ist eine der entschiedenen Fragen für das Schicksal Europas in diesem Jahrhundert und vielleicht noch mehr für das Schicksal dieser Nation, die ein Industriestandort sein will und bleiben will. Von daher hängt von der Energiefrage hier noch mehr ab, als bei anderen Nationen. Wenn wir das Europa, das wir seinen Schwächen zum Trotz schätzen und das Deutschland, das wir hier in diesem Raum sicherlich lieben und unseren Kindern und Kindeskindern erhalten wollen, müssen wir ihnen vor allem eins hinterlassen: ein starkes und wettbewerbsfähiges ökologisches Energiesystem, das auf klimafreundlichen und nachhaltigen Energiequellen basiert.
Was ist heute nötig, um die Energiewende zum Erfolg zu führen? Sie sind herzlich eingeladen, nachher zu fragen, was Sie mögen.
Ein Baustein ist nach meiner Auffassung eine neue, von gegenseitigem Vertrauen und Verlässlichkeit geprägte Rollenverteilung in Zusammenarbeit zwischen Staat, Unternehmen und Bürgergesellschaft. Denn es ist eine beträchtliche Verwirrung darüber entstanden, was die Aufgabe des Staates ist, was er Unternehmen überlassen muss, und was die Rolle seiner Bürger ist und wo all dieses zusammenwirken soll.
Ich habe mir eigentlich einmal vorgenommen in diesem Land nicht mehr über Kernenergie zu reden, sondern dies allenfalls ein Gericht entscheiden zu lassen, weil hier mit großen Mehrheiten Entscheidungen gefällt worden sind. Aber ich glaube, in diesen Tagen ist es noch einmal Zeit, die Kernenergie quasi als Erinnerungsposten zu nutzen, um über übergroße Nähe, gescheitertes Vertrauen und Zukunft zu reden. Denn ihre Geschichte zeigt wie in einem Brennspiegel die Chancen, Frustration, Implikation und Konsequenzen einer engen, einer manchmal zu engen und fehlenden Verzahnung von Staat, Unternehmen und Bürgergesellschaft. Mit der Begründung des Bundesministeriums für Atomfragen 1955 unter Franz- Josef Strauß wurde die friedliche Nutzung der Kernenergie zu einem staatlichen Ziel unserer Republik.
Und dies im breiten Konsens von Bürgern und allen staatstragenden Parteien dieser Tage. Ein Zitat aus jener Zeit:
„Dies ist die Hoffnung dieser Zeit, dass der Mensch im atomaren Zeitalter sein Leben erleichtern, von Sorgen befreien und Wohlstand für alle schaffen kann. Wenn er seine täglich wachsende Kraft über die Naturmächte nur für friedliche Zwecke einsetzt.“
Herr Senator, Herr Bürgerschaftspräsident, welche Quelle habe ich zitiert? Es ist das Godesberger Programm der SPD.
Selbst Ludwig Erhard hat bei aller marktwirtschaftlichen Strenge als Wirtschaftsminister persönlich an die Vorstände meines späteren Konkurrenten, der RWE, appelliert, „endlich ihrer gesamtwirtschaftlichen und politischen Verantwortung gerecht zu werden und der Kernenergie zum Durchbruch zu verhelfen.“ Haben also damals die heute sog. Stromkonzerne, die damals übrigens alle staatliche Unternehmen waren, mit ihrem angeblich so einflussreichen Lobbyapparat die Kernenergie aufgebaut? Keineswegs! Günter Karweina, wieder kein ausgesprochener Freund der Atomkraft noch der Stromkonzerne, schrieb 1984:
„Heute ist man leicht geneigt, den Stromkonzernen die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben, dass wir vorschnell in die zivile Nutzung der Kernenergie eingestiegen sind. Damit (nicht mit allem anderen) tut man ihnen unrecht. Zur Verblüffung der branchenfremden Planer, Strategen und Propagandisten konnte nämlich die Elektrizitätswirtschaft der Atomkraft anfänglich keinerlei Reize abgewinnen.“ Das damalige Widerstreben der Unternehmer oder Staatsbeamten, die diese Unternehmen führten, beträchtliches Kapital über Jahrzehnte zu binden, ist rückblickend nur zu verständlich.
Es gab natürlich immer auch Leute, die begeistert waren. Aber die Haltung der verantwortlichen Gremien blieb lange bestimmt von der kaufmännischen Vorsicht gegenüber den sog. Physiker-Kraftwerken. Es waren eben keine, die dampften und rauchten und so funktionierten, wie man es von den Kohlekraftwerken kannte seit Dekaden.
Die Skepsis wurde überwunden durch die aktive – auch finanzielle Mitwirkung des Staates, die man ihm heute vorwirft. Kernenergie gibt es heute und seit Dekaden in Deutschland nur, weil sie von Anfang an als politisches Projekt in Auftrag gegeben wurde und dann von Unternehmen und Staat gemeinsam realisiert wurde. Es gibt sie nur, weil man sich darauf verlassen konnte, dass der Staat in der Verantwortung steht. Das staatliche Interesse wuchs danach sogar noch. Die Kernenergie war ein zentraler Teil der deutschen Antwort auf die Ölkrise. Ich bin Jahrgang 1959. Ich bin in den 70er Jahren auch auf der Autobahn spazieren gegangen mit meinen Eltern. Anfang und Ende der 70er Jahre in den Energieprogrammen – auch im Regierungsprogramm der sozial-liberalen Koalition von 1973 – wurde der Bau von über 40 Kernkraftwerken bis 1985 für notwendig erklärt. Helmut Schmidt, der gerade als weitsichtig und fehlerfrei gelobt wurde, sprach in einer Rede von 1990 davon, dass man mindestens 67 Kernkraftwerke bräuchte und man sich mal etwas eilen müsse.
Diese Zahlen wurden aus heutiger Sicht Gott-sei-Dank nie erreicht. Aber die dann gebauten 19 kommerziellen Atomraftwerke haben über die ersten Dekaden die Erwartungen der Politik und der Wirtschaft, die sie versorgt haben, erfüllt. Sie haben zu einer sicheren und kostengünstigen Energieversorgung beigetragen. Es hätte das bayrische Chemie-Dreieck nicht gegeben. Und es gäbe es auch heute noch nicht, wäre nicht damals die Region mit Sonderpreisen aus Kernkraft versorgt worden.
Was die Bergarbeiter für die Aufbaujahre nach dem Krieg waren, waren, wenn man fair bleibt, in einigen Dekaden die Kraftwerke und auch die Kernkraftwerke für die Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs in den 70er und 80er Jahren. Nur – das muss man zugeben – dass ihre Arbeit – im Unterschied zu den Kumpeln unter Tage – weitaus weniger hart und gefährlich war.
Sie taten beide ihren Dienst im Bewusstsein, einen politisch gewollten Dienst an der Gesellschaft zu verrichten. Natürlich hat man dann später auch Geld verdient! Der erste der Geld verdient hat war wieder der Staat, der die Unternehmen privatisiert hat. Dann waren es die Unternehmen und ihre Aktionäre. Einige Jahre. Bis 2000 war man reguliert. Da gab es keine exzessiven Gewinne. Die Gewinne waren festgesetzt. Einige Jahre exzessive Gewinne – viel davon falsch investiert und verjubelt. Keine Frage!
Kurzzeitige Börsenhöchststände. Auch mein Unternehmen war für einige Woche das wertvollste Unternehmen im DAX. Natürlich wurden darauf Gehälter, Dividenden, Steuern und Investitionen bezahlt. Wie ich sagte, auch die Falschen. Aber: alle haben profitiert.
Wenn man da zurückschaut, vielleicht ein viel zu enges, ein viel zu symbiotisches Verhältnis von Wirtschaft, Staatswirtschaft und Staat. Und wie immer, wenn Verhältnisse nicht geordnet sind, bleiben später dann Verletzungen zurück und ungeordnete Verhältnisse. Man kennt das im Privaten.
Heute ist das Verhältnis zwischen Energiewirtschaft und Teilen von Politik und Medien zu einem schwierigen, verminten Terrain geworden. Wem kann man noch trauen? Erklärt der eine seine Ziele, vermutet der andere eine Hidden Agenda, macht der eine einen Vorschlag, liest der andere das Kleingedruckte. Wie kommen wir zum Ende des Kapitels und zu einem neuen Verhältnis von Staat, Gesellschaft und Bürgergesellschaft?
Ich glaube, es kann keinen Zweifel daran geben, dass der Ausstieg aus der Kernenergie unumkehrbar ist. Wenn Sie mich persönlich fragen, ich glaube auch an keine Zukunft der Kernenergie. Und zwar an keine Zukunft nirgendwo. Und zwar nicht, weil die deutsche Bürgergesellschaft aus guten Gründen zu besorgt oder überbesorgt ist.
Die Kernenergie wird simpel an ihren Kosten scheitern.
Sie ist im Verhältnis zu günstigeren Fossilen und immer günstiger werdenden erneuerbaren Energien und in der Kombination von digitaler Technik und erneuerbarer Technik simpel nicht wettbewerbsfähig. Sie wird wie andere, auch das Steinzeitalter, nicht am Mangel an Steinen scheitern. Sie wird an ihrer Wirtschaftlichkeit scheitern.
Aber wir müssen ein Kapitel, das Kapitel der Kernenergie, wie das Kapitel der Kohle und wie vielleicht irgendwann das Kapitel der Windenergie, als Bürgergesellschaft gemeinsam angehen, verantwortlich strukturieren und wir müssen es auch immer gemeinsam zu Ende bringen.
Unsere Antwort bei E. ON auf die Veränderungen der Welt war diesmal eine gründliche Sicht.
Wir haben lange Jahre eher kleinere Schritte getan. Wir haben uns vor zwei Jahren hingestellt und haben uns angeschaut und uns die Frage gestellt: Ist die Energiewende eigentlich nur ein deutsches politisches Konstrukt?
Das ist denkbar. Es gibt rein politische Konstrukte, die nie irgendwo kopiert werden und einfach ein zufälliges Ereignis sind. Oder gibt es etwas, was wir Energiewende nennen, was andere anders nennen, was aber fundamental ist? Wir haben die Überzeugung gewonnen, und wir sind wirklich noch einmal durch die Welt gereist, weil wir gesagt haben, dass man sich in solchen Zeiten nicht nur vergewissern darf, indem man sich selbst betrachtet. Wir sind in Australien gewesen, in Nordamerika, in Kanada, in Südafrika.
Energiewende als Titel gibt es nicht überall. Aber ein ähnliches Phänomen gibt es überall.
Es gibt eben heute die Möglichkeit durch kleinteilige erneuerbaren Produktionen auf der einen Seite, durch digitale Mess- und Regeltechnik in einer ganz anderen Intelligenz, Energie einzusetzen, sie zu nutzen, mit Nachbarn zu teilen und über sie über das Internet zu verhandeln, die völlig neue Möglichkeiten eröffnen, die die Welt nicht hatte. Deswegen wird so etwas wie die Energiewende weltweit stattfinden. Deswegen werden konventionelle Energien schrittweise an Bedeutung verlieren. Und die Kernenergie vielleicht besonders früh.
Aber es geht eben immer nur, weil wir über Investitionen und über Dekaden und Verantwortung bei Kernenergie über Jahrtausende reden, wenn man es als gemeinsame Verantwortung erkennt, annimmt und strukturiert. Und deswegen waren wir – ich gebe es zu – schon verblüfft, als wir gesagt haben, ich glaube als einer der ersten Energieunternehmen der Welt, etwas vermessen, wobei ich zugebe, wenn Sie mal nach Southern Edison in Los Angeles fahren, werden Sie ähnliches feststellen, was wir gemacht haben, andere nennen es etwas kleiner, vielleicht haben wir mit großer Münze gesprochen, es wird eine Welt stattfinden, wo zwei Energiewelten nebeneinander koexistieren.
Es gibt weiter die konventionelle Systemwelt. Sie werden nach meiner Überzeugung noch in Dekaden ein Stahlwerk nicht aus einer Summe von Solarpanels und intelligenter Solartechnik versorgen können. Wer jemals begriffen hat, welche gewaltigen Energiemengen beim Schmelzprozess kurzfristig eingesetzt werden, der wird sich in keinem Modell dieser Welt vorstellen können, wie dieses das mal soeben darstellt.
Die anderen sind die verletzlichen Kunden. Ich kenne jetzt die Bremer Stadtteile nicht genau, aber wenn Sie in einem Arbeiterstadtteil im Bremer Süden irgendwo sind und Sie wohnen im 7. von 14. Stockwerken eines Hochhauses, dann können Sie auf Ihr Dach ganz schlecht ein Solar-Panel legen, weil da noch sieben Parteien über Ihnen wohnen. Sie sind völlig abhängig davon, dass die Gesellschaft Ihnen den Zugang zu Energie bietet. Ihre Möglichkeiten zur Eigengestaltung gehen gegen null. Wenn die Gesellschaft sich endsolidarisiert und Ihnen nicht die Teilhabe an Breitband, an Energie an anderen Möglichkeiten gewährleistet, sind Sie das Prekariat von Morgen.
Deswegen wird man noch über Dekaden ein Energiesystem, eine Struktur brauchen, die für energieintensiven und für die energieverletzlichen Kunden sicherstellt, dass Energie verhandelbar bleibt und der Zugang zu fairen Bedingungen gewährleistet ist. Deswegen wird es diese konventionelle, klassische Energiewelt, der großen Autobahnen, der Netze, der konventionellen, vielleicht klimafreundlichen Energie immer geben. Es muss sie geben. Wenn man sie scheitern lässt, lässt man einen Teil seiner Gesellschaft scheitern.
Daneben gibt es eine völlig neue, spannende, hochagile Welt. Die Welt rings um die Energiekunden, die unmittelbaren Zugang zur Eigengestaltung haben. Sei es zur Eigenproduktion auf Solar-Basis, auf kleiner konventioneller Basis, die mit ihren Nachbarn über eigene kleine areale Netze digitale Energie teilen, transportieren, verhandeln, die über virtuelle Kraftwerke mit tausenden, wie ein Schwarm, eine Eigenoptimierung durchführen, die in dieser Welt immer mehr Möglichkeiten generieren, immer mehr Effizienz generieren, und immer wettbewerbsfähiges, zukunftsorientiertes und klimafreundliches Energiesystem der Zukunft gestalten. Diese Welten muss es beide geben. Aber sie sind extrem unterschiedlich. Ich versuche es immer einfach zu machen: In der einen Welt konkurrieren Sie mit Gasprom und in der anderen Welt konkurrieren Sie mit google. Beide fangen mit „G“ an – aber da enden die Gemeinsamkeiten.
Die Investitionszyklen, die Innovationszyklen, die Kapitalkosten, die Lieferanten, die Kunden, die Partner sind anderen.
Die Gesellschaft braucht beides. Aber sie braucht beides in ihren Spezifika. Wir bei E. ON haben die Überzeugung gewonnen, wenn Sie versuchen, beides abzudecken, werden Sie in beiden medioker enden und beides nicht gut machen. Die moderne Welt, und das gilt für viele ihrer Branchen, unter den Kaufleuten hier im Raume auch, führt zu immer höherer Spezialisierung und nicht zu immer höherer Generalisierung.
Man muss sich spezialisieren.
Deswegen, weil wir es in Australien gesehen haben, weil wir es in Kanada gesehen haben, im Nahen Osten und in Südafrika gesehen haben, deswegen teilen wir uns entlang dieser neuen Bruchstelle der Energiewelt von morgen. Man wird beides brauchen und man wird in beidem Erfolg haben können. Man wird aber nicht in beiden gleichzeitg Erfolg haben können.
Da schließt sich nochmal der Weg nach gestern. Zur Kernenergie. Dieser Schritt, den wir angekündigt haben, von dem wir glauben, dass er in verschiedener Art und Weise in der Welt Wiederholungstäter finden wird, wurde von vielen in Deutschland, bis zur „Grünen Seite“ (auch mit vielen grünen Abgeordneten esse ich gerne mal in irgendwelchen guten Italienern – und mit Roten und Schwarzen auch) an sich mit Interesse begrüßt.
Aber dann begann wieder der Pawlowsche Reflex – der unbewältigte Vergangenheitskomplex. Es wurde sofort wieder vermutet, das tun die ja nur, um der Kernenergie zu entkommen.
Wenn man solche Reaktionen liest, fragt man sich immer, Leute ist es nicht mal Zeit vom Bauzaun in Brokdorf runter zu krabbeln und mal gemeinsam die Themen zu verhandeln und nicht in der automatischen Reflexreaktion der Bösen, Guten und Schönen zu verharren.
Bis in die Bundespolitik hinein begangen dann Aktivitäten. Nachhaftungsgesetz – haben vielen von Ihnen vielleicht mal gehört und sich gesagt, das wird schon angemessen sein.
Ich übersetze das immer ganz einfach: in dem Gesetzt steht drin, alles, was Sie machen, Sie bleiben immer verantwortlich. Wenn Sie sich scheiden lassen (ich weiß weiß nicht, ob das angemessen ist, das müssen Sie beurteilen) und Sie machen einen hübschen Zugewinnausgleich und Sie sollen garantieren, dass Ihre Frau den Zugewinn auch sorgfältig aufhebt, einschließlich der nächsten 5 Generationen nach ihr, und wenn das nicht so gut gelingt, dass haften Sie nochmal für den Zugewinnausgleich. Lassen Sie mich raten, lassen Sie sich scheiden und zahlen Sie? Ich glaube eher nicht.
Das ist eine Anmutung, wo Haftung, Verantwortung und Vermögen getrennt wird, das geht nicht. Das würde kein Kaufmann machen. Eine Bürgschaft für fünf Generationen ausstellen geht nicht. Aber die Folge, die damit verbunden ist, eine Unbeweglichkeit, das weiß auch jeder Kaufmann, fünf Generationen, die nicht unternehmerisch gestalten können; geht auch nicht. Denn welches Ihrer Unternehmen hat vor fünf Generationen eigentlich so, wie es heute ist, existiert? Ich nehme an keins!
Selbst die mit langen Traditionen nicht. Die haben sich immer neu erfunden. So wie wir uns neu erfinden werden müssen.
Deswegen schließt sich der Kreis. Wenn Energiewende gelingen soll, reicht nicht das Bekenntnis, dass ich abgelegt habe, dass es möglich ist, wenn man es gut macht, sondern auch, dass man angemessen mit der Vergangenheit gemeinsam umgeht. Wenn man das jetzt nicht lernt, werden wir auch lernen, dass keiner von uns heute weiß, was wir in zwei Generationen wissen.
Ich weiß nicht, was in zwei Generationen Teil der Lösung ist. Ich weiß, dass mein Unternehmen heute – und das knüpft an die Bemerkung des Senators an – weltweit die Nummer zwei von Offshore-Windenergie-Unternehmen ist.
Wir sind das zweitgrößte Unternehmen der weltweiten Offshore-Windenergie! Wir haben in den letzten Jahren 10 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investiert, und wir haben in diesem Jahr zwei Offshore-Windparks in Betrieb genommen. Im Frühjahr einen in England; im Herbst einen in Deutschland.
Keiner von denen wurde auch nur an einem Tag seines Lebens aus Diesel betrieben.
Diese Projekte sind Sechs-Jahres-Projekte und sie wurden entweder am Tag, an dem sie sechs Jahre vorher geplant wurden, in Betrieb genommen oder zwei Monate vorher, und sie sind präzise im Budget. Das sind technologische Fähigkeiten, auf die wir durchaus stolz sind.
Aber ich kann Ihnen nicht versprechen, ob in 20 Jahren Offshore-Wind zur Zukunft gehört. Das wissen wir alle nicht.
Wir wissen nicht, was Ingenieurskunst und hoffentlich auch deutsche Ingenieurskunst, noch erfinden wird.
Wir alle sollten uns wünschen, dass es gigantisch und noch besser ist, als Offshore- Wind, wobei ich glaube, es ist eine tolle Energieform. Aber wenn es etwas besseres gibt, dann muss es erfunden werden – und hoffentlich in Deutschland – aber auch dann werden wir nicht einfach rückwirkend den Stecker ziehen können und sagen können, das waren die anderen. Sondern solche Investitionen müssen in einer Verantwortungsgemeinschaft begonnen und beendet werden. Das ist gerade bei Energie, wo über Generationenfragen verhandelt wird, existenziell.
Da schließt sich der Kreis meiner Kernenergiebemerkung – und deswegen bin ich froh, dass im Augenblick die Bundesregierung eine Kommission eingesetzt hat, die, so lese ich ihren Auftrag, die Fragen klären soll, wie kann man nicht nur den friedlichen Einstieg, sondern auch den friedlichen Ausstieg aus der Kernenergie bewerkstelligen im Anerkenntnis der gemeinsamen Elternschaft für sie und im Anerkenntnis einer über tausende Jahre währenden staatlichen Verantwortung für ihren endgültigen sicheren Ausstieg.
Die gleichen Fragen werden sich an anderer Stelle stellen.
Deswegen ist für eine gelingende Energiewende ein erwachsener Umgang mit Geschichte und Zukunft vielleicht fast genauso wichtig, wie die richtige Beantwortung von technologischen Fragen. Deswegen ist es auch z.B. auch differenziert zu diskutieren, wie wir die gelingende Energiewende z.B. im Bereich der Solartechnik gewährleisten wollen.
Sie wissen, dass wir hunderte von Milliarden Euro ausgegeben haben in diesem Land für die ersten Generationen von Solarenergie. Es ist ganz simpel.
Wenn Deutschland ein börsendotiertes Energieunternehmen wäre, was sich am Markt verdienen müsste, würde dieses Unternehmen in diesen Tagen eine hunderte Milliarden Impairment-Entscheidung zu treffen haben auf die ersten Generationen von Solarenergie. Weil sie natürlich im Markt komplett überfordert und gescheitert war.
Aber ist das eigentlich die ganze Antwort? Sie ist es natürlich nicht! Wenn dieses Land nicht diese Entscheidung getroffen hätte, und nicht für die ganze Welt den Durchbruch zur Solarenergie bezahlt hätte, hätten wir niemals diese Möglichkeit als Weltbürgerschaft – jedenfalls nicht zeitnah – um diese Energie, die ich für entscheidende Energieform der Zukunft mithalte, überhaupt zu gewinnen. Wenn Sie es so formulieren, haben wir halt für ein paar hundert Milliarden Euro das vielleicht klimapolitisch und entwicklungspolitisch einzige jemals gute Entwicklungsprogramm der Welt bezahlt.
So what! Wir können es uns leisten!
Es war wahrscheinlich, wenn man es so einordnet, keine schlechte Investition. Es war betriebswirtschaftlich nicht so intelligent. Es war wohlmöglich noch nicht einmal volkswirtschaftlich besonders intelligent. Für die Energieversorgung der Welt war es wichtig und gut!
Es schließt ein wenig den Zyklus, den ich aufgerufen habe.
Es ist eben nicht so verdammt einfach zu fragen, ob man die Fragen der Energie aus globaler Sicht, aus europäischer Sicht, aus deutscher oder aus Bremer Sicht beantwortet. Das gleiche Thema stellt sich manchmal sehr, sehr unterschiedlich da. Ich schließe ein bisschen mit der Region:
Dieses Unternehmen ist wirklich durch schwierige Zeiten gegangen. Ich sage Ihnen mal ganz ehrlich – es hätte wirklich bessere Jahre gegeben, in denen man da als Vorstandsvorsitzender hätte antreten können, aber auch darauf kommt es, wie bei den anderen Fragen, so gar nicht drauf an. Dieses Unternehmen, für das ich die Ehre habe als 7. Vorstandsvorsitzender seit 1929 zu stehen, ist ein unglaublich gutes Unternehmen, das durch jeden Sturm geworfen wird, den man sich gerade mal ausdenken kann – ein paar fremdverschuldet, ein paar eigenverschuldet, who cares. Es ist in der Lage, sich immer wieder neu zu erfinden.
Da danke ich Ihnen, Herrn Senator, für Ihre Bemerkung – und ich rede nicht für meine Konkurrenten da müssen Sie Verständnis haben mag es sie geben oder auch nicht, ich kann da nur relativ egoistisch für uns reden – ich teile das, ohne Unternehmen wie E. ON die Offshore-Windenergie niemals Erfolg haben würde.
Kein anderes Unternehmen, außer Dong in Dänemark, hat in so kurzer Zeit so viel Offshore gebaut. Wir machen das nicht aus Bremen, wir machen das aus Hamburg – es tut mir leid! Das ist aber aus Sicht der Welt nicht so weit weg.
Den größten Anteil erneuerbarer Energien in den Netzen verarbeiten unsere Netze. Mehr als die Hälfte erneuerbaren Energien werden in E. ON-Netzen eingespeist. Noch vor 10 Jahren hätten unsere Techniker nicht gewusst, wie sie eine Sonnenfinsternis beherrschen sollen oder wie sie einen Sturm beherrschen sollen, bei diesen Netzstrukturen. Wir haben es gelernt. Wir können es.
In Dänemark sind wir der größte Betreiber von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität. In Hamburg haben wir gerade eine Anlage in Betrieb genommen, die überschüssigen erneuerbaren Strom in Erdgas umwandelt und in das Erdgasnetz einspeichert. In der Amrum-Bank haben wir den größten Offshore-Windpark gebaut in diesen Wochen.
Wir haben im November ein Start-Up-Unternehmen in Kalifornien gekauft, das cloud-basierte Energieanwendungen für mobile Schnittstellen in Echtzeit anbietet, so dass Haushalte ihren Energieverbrauch steuern können. Wir haben für Procter & Gamble gerade die größte Wärmelösung in Betrieb genommen.
Wir haben in Hamburg Stapelfeld das größte deutsche Blockheizkraftwerk im Norden in Betrieb genommen, das dort Energieeffizienz liefert. Ein ähnliches Projekt haben wir hier mit der Gemeinschaft Kraftwerke Bremen verwirklicht. In der gleichen Zeit haben wir Solarkraftwerke im industriellen Maßstab in Arizona und Kalifornien ans Netz gebracht.
Dieses Unternehmen ist eben nicht übersetzbar als ein Kerntechnik-Unternehmen. Wir haben noch drei Kernkraftwerke. In sechs Jahren sind die letzten zu. Es ist kein Kohle-Unternehmen, kein Gas-Unternehmen. Es ist das Unternehmen Zukunft, das nach unserer Aufteilung, das 33 Millionen Kunden in Europa und der Türkei versorgt.
Wenn ich über Fremdenfreundlichkeit und Fremdenfeindlichkeit nachdenke vielleicht noch ein kleiner Hinweis: Wer versorgt Istanbul mit Energie? Wer versorgt Ankara mit Energie? Wer versorgt Adana, die größte Industriestadt der Türkei, mit Energie? Neun Millionen türkische Kunden? Wir! Welches Land hat denn seine größten Städte einem ausländischen Energiepartner anvertraut?
Mein Apell ist einfach: Lassen Sie uns, wenn Energiewende gelingen soll, die Feindschaften und die Gegnerschaften der Vergangenheit und die Bauzäune der 80er Jahre endlich hinter uns lassen. Lassen Sie uns die Konflikte und die Kriege der Vergangenheit aufräumen und zwar im Anerkenntnis gemeinsamer Verantwortung. Lassen Sie uns gemeinsam aus Deutschland, für Deutschland, für Europa und für die Welt, Energiewende gelingen lassen und zwar als Projekt einer staatlichen Initiative, großer industrienutzender Unternehmen aber auch der Bürgerschaft, die eine entscheidende Rolle als Kunden, als Produzenten als Verbraucher spielen wird.
Das kann gelingen, aber das setzt den richtigen Spirit voraus.
Meine Hoffnung ist, dass ein Feld wie Bremen, mit seiner Tradition von Bürgergesellschaft, Kaufleuten und Weltläufigkeit jedenfalls ein Anlass war, hierfür einen Apell auszusprechen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!