Begrüßung
Dr. Patrick Wendisch
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit großer Freude begrüße ich Sie im Namen des ‚Kleinen Gremiums‘ des Bremer Tabak-Collegiums. Seit dem Jahre 2005 sind wir bereits zum dritten Male an der Flensburger Förde. Nirgendwo sonst waren wir in so kurzer Zeit häufiger. Kein anderer Ort – außer in Bremen bei den Heimspielen – hatte das Privileg, so regelmäßig die Gäste des Bremer Tabak-Collegiums zu beherbergen. Wir fühlen uns höchst wahrscheinlich sehr wohl in der Nähe zum Wasser und nahe an der Bundesmarine.
Die Festrede in der Collegiumsrunde hält heute Admiral Joachim Georg Rühle, der Chef des Stabes von Shape: Supreme Headquarter Allied Powers Europe, den wir mit großer Freude hier begrüßen.
Hausherr ist Oliver Berking, der Chef des Yachting Heritage Center, und der Silbermanufaktur Robbe und Berking und der Segelyachtwerft Robbe und Berking Classics, den wir mit ebenso großer Freude begrüßen. Wir danken Ihnen sehr, dass Sie uns diese Räumlichkeiten zur Verfügung stellen.
Die jüngeren unter Ihnen werden sich noch an das Collegium in der Marineschule Mürwik im Jahre 2005 erinnern. Wenige Meter von hier entfernt. Die Rede hielt der Marineinspekteur Lutz Feldt, Hausherr war der damalige Kommandeur der Marineschule Kapitän zur See Heinrich Lange, dessen Nachfolger Jens Nemeyer zur großen Freude ebenso unter uns ist. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen hielt ein bemerkenswertes Grußwort. Wir standen also schon damals unter dem besonderen Schutz der Bundesmarine und der Landesregierung.
Im Jahre 2015 begaben wir das Collegium im Schloss Glücksburg und standen unter dem Schutz des Hausherrn Alexander Prinz zu Schleswig-Holstein, der heute auch zu unserer großen Freude anwesend ist.
Territorial stehen wir heute unter der Obhut der Oberbürgermeisterin von Flensburg, Frau Simone Lange, die wir – wie könnte es anders sein – ebenfalls zu unserer großen Freude hier begrüßen können.
Um die Brücke zu schlagen zwischen dem Orte des Geschehens zum heutigen Thema der NATO, darf nicht unerwähnt bleiben, dass Flensburg wahrscheinlich weder durch das allseits beliebte Kraftfahrtbundesamt noch durch die ehemalige Firma Beate Uhse, vielleicht eher durch den Rum und klassische Yachten, aber gewiss als Sitz der letzten Reichsregierung im Mai 1945 in die internationale Geschichte eingehen wird. Ich erwähne dieses Ende des düstersten Kapitels der deutschen Geschichte nur deshalb, weil sich aus dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis heute nahezu alles thematisch ableiten lässt, was mit internationaler Sicherheitspolitik und Friedensordnungen zusammenhängt, in jedem Falle mit der NATO.
Für Vergleiche eignen sich Bremen und Flensburg in bester Weise. Für den geübten hanseatischen Begrüßungsredner hilft immer ein Blick in die Geschichte der Hanse, um verblüffend festzustellen, dass Flensburg nie Hansestadt war.
Zwar profitierte die Stadt vom hansischen Handel über die Jahrhunderte, doch erblühte Flensburg erst mit deren Niedergang. Flensburg besetzte sehr erfolgreich die durch die Hanse aufgegebenen Märkte und avancierte zu einer der größten Handelsstädte im dänischen Königreich. Denn es gehörte immer zum Königreich Dänemark, bis es 1867 preußisch wurde.
Nach dem deutschen Sieg über die dänische Armee auf den Düppeler Schanzen, nicht weit von hier gelegen, kam es später zum Friedensschluss, der die Abtretung Schleswigs und damit auch der Stadt Flensburg an Preußen bedeutete. Bismarck kam eine diplomatische Ungeschicklichkeit der Dänen zugute, die weitergehende Rechte an Schleswig zur Unzeit anmeldeten, und ihm damit den Anlass lieferten, die Reichstreue der anderen deutschen Staaten zu testen für seinen eigentlichen strategischen Schachzug, nämlich den Krieg von 1870/71 gegen Frankreich. Das Ergebnis ist allen bekannt. Man kann daher mit Fug und Recht sagen, dass die Flensburger Förde schon immer der Ort war, an dem Weltgeschichte geschrieben wurde.
Mit dieser zwanglos einleuchtenden Begründung wird erst klar, mit welcher geschichtsträchtigen Dimension das ‚Kleine Gremium‘ versucht, den Ort mit dem Thema und dem Redner des Tabak-Collegiums zu verbinden.
Bremen hingegen war globalgeschichtlich bescheidener. Es gab sich von je her den Genüssen des Weines, Tabaks, Kaffees und Bieres hin, also des Handels mit ebendiesen, wohingegen Flensburg erst 1727 mit dem Handelsprivileg auf Weinbrand, Wein, Salz, Bier und Tabak einen Neuanfang fand. 1765 nahm es den transatlantischen West-Indien-Handel mit den dänischen Karibik-Inseln auf, weshalb es fortan als Rum-Stadt galt.
Unter königlicher Herrschaft zu stehen, lohnt sich ja doch, wie Prinz Alexander bestätigen wird.
Bei der Etymologie der Städtenamen ergeben sich Unterschiede.
Bei Bremen ist es klar: das lateinische Brema bedeutet am Rande liegend, also am Rande der Weserdüne, auf der die erste Siedlung auf trockenen Fundamenten gebaut werden konnte.
Bei Flensburg war der Ursprung des Namens geschichtlich unklar. Man ging bisher davon aus, dass er sich von einer Burg eines Ritters Namens Fleno ableitet. Neuere Forschungen hingegen scheinen zu bestätigen, dass die Namensentwicklung viel älter ist. Im Frühmittelalter siedelten an der Förde die Wikinger, die bekanntlich ein Gebräu tranken, welches gemeinhin als Met bezeichnet wurde.
Der Begriff Met ging dabei auf den Verschluss der seinerzeitigen Gefäße zurück, nämlich Met steht für Metall, also die Metallbügel der altertümlichen Wikingerflaschen, die bei jüngsten Ausgrabungen sehr zahlreich um die Runensteine im Inneren der Flensburger Förde gefunden wurden.
In den Runensteinen eingemeißelt wurde das hiesige Met durchgängig mit dem Namen Flens bezeichnet. Es kann daher als gesichert gelten, dass der Name Flensburg aus dem „Flens“ genannten hiesigen Wikingerbier in einem Gefäß mit Metallbügelverschluss hergeleitet werden muss.
Die Brauerei feiert dieses Jahr ihr 100-jähriges Jubiläum!
Das Metall der Wikinger wurde später auch verbindendes Element im Schiffbau. Unser Hausherr Oliver Berking betreibt eine Holz-Schiffswerft, in der die schönsten, 12er genannten, klassischen Segelyachten gebaut oder neu aufgebaut werden, um damit eine symbiotische Verbindung zwischen Silbermanufaktur und Yachtmanufaktur zu erschaffen. Als literarisches Meisterwerk gilt ein weiteres Produkt aus dem Hause Berking, die für mich beste Segelzeitschrift: die Goose.
Ich habe eine Bitte an Sie alle, wenn sie kein 48-teiliges Silberbesteck bestellen wollen oder keinen klassischen
12er zum Aufarbeiten zu vergeben haben, dann doch bitte ein Abonnement der Goose abzuschließen. Entweder für sich selbst oder als ein Geschenk für jene, die schon ein 48-teiliges Silberbesteck und eine klassische Segelyacht haben oder für alle anderen, die sich das noch nicht leisten können, die können dann in der Goose wenigsten die Bilder dazu ansehen.
In der letzten Ausgabe der Goose ist ein ganz formidabler Artikel über die große Metallschiffswerft in Flensburg enthalten, über die Geschichte der FSG, der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft mbH & Co. KG, die in diesem Jahr ihr 150-jähriges Jubiläum feiert und die zu unserer Freude mit ihrem CFO, Herrn Wohlgemuth, vertreten ist, der – wie könnte es anders sein – aus Bremen kommt und noch wohnt und der charmanter Weise denselben Vornamen wie der Speaker des Abends führt, nämlich Patrick.
Wenn das nicht genug launige Begeisterung für die Bremer in Flensburg und die Flensburger für Bremen schafft, dann mag das allenfalls noch der Bremer Löffeltrunk sein, den ich sogleich mit dem Hausherrn Oliver Berking zelebrieren darf.
Bevor bitte der Schnaps ausgeschenkt wird, gebe ich Ihnen vorab die von mir bekannten und schon traditionellen „Hinweise und Richtlinien zum Löffeltrunk“. Ich bitte den Service erst nach diesen Hinweisen mit dem Ausschenken zu beginnen.
Sie stehen also Ihrem Nachbarn oder womöglich vorzugsweise Ihrer Nachbarin, den oder die Sie völlig wahllos aus Ihrer Umgebung auswählen, gegenüber.
Sie brauchen nicht viel über Ihren Nachbarn oder Ihre Nachbarin zu wissen, sollten allerdings spüren, dass er oder sie zu jenen gehört, die von der Hast und Betriebsamkeit unserer Zeit eher unberührt geblieben sind und mit Maß und Grenzen allen menschlichen Lebens vertraut, die Dinge mit ruhiger Besonnenheit betrachten.
Sofern Sie ein bremischer Gastgeber oder im Löffeltrunk-Trinkspruch bewandert sind, übernehmen Sie die Initiative und schauen Ihrem Gegenüber in die Augen, was ich dem Gegenüberstehenden seinem Gegenüber, also Ihnen, die ich zuerst angesprochen hatte, auch empfehle.
Sie dürfen dabei nichts verschütten, was leicht passiert, wenn Sie den bis an den Rand mit herrlichem Mittelwächter-Korn gefüllten Löffel nicht waagerecht ausgerichtet halten.
Nunmehr, beide mit einem mit Schnaps befüllten und waagerecht ausgerichteten Löffel bewaffnet, eröffnen Sie frohen Mutes das Wort an Ihr Gegenüber und sprechen mit sicherer, tragender Stimme:
„Ik seh Di.“
Darauf antwortet Ihr Gegenüber:
„Dat freut mi.“
Daraufhin erwidern Sie:
„Ik drink di to.“
Antwort – und bitte sprechen Sie sicher, tragend, ohne große Verzögerung oder womöglich Zittern in der Stimme, in also einer sich selbst Mut machenden Art:
„Dat doo.“
An dieser Stelle darf man auch ein schnelles: „Prost“ einwerfen und sich mit Augenkontakt zunicken.
Hiernach wird der Löffel an Ihre eigene Unterlippe gesetzt und mit einem schnellen Abkippen des Nackens nach hinten ergießt sich, übrigens in dieser Haltung völlig kleckerfrei, der Löffelinhalt seiner Bestimmung, sofern Sie mittlerweile die Lippen auch leicht geöffnet haben.
Wenn Sie stattdessen den Löffel wie bei einer Suppe in den Mund führen oder versuchen, diesen selbst mit senkrecht gehaltenem Kopf in den Mund zu kippen, wird es allein schon aufgrund der äußeren kreisrunden Kalottenform des Löffels schwierig, den vollständigen Inhalt seiner Bestimmung auf angenehme und schnelle Weise zu übergeben.
Anschließend strahlen Sie Ihr Gegenüber im fröhlichen Bewusstsein des feinbrotigen Schnapsgeschmackes und der sich langsam wärmenden Speiseröhre, also Ihren neugewonnenen Trinkkumpanen oder Trinkkumpanin, könnte man fast jetzt schon sagen, an und sagen:
„Ik heff di tosapen.“
Er antwortet ebenso fröhlich wie Sie:
„Hest den Rechten drapen.“
Wenn Sie diese kleine Kurzanleitung beachten mögen, werden Sie zu den versiertesten Löffeltrunkprostern zählen, die jemals an einem Bremer Tabak-Collegium teilgenommen haben. Auf geht’s!
Lieber Herr Berking, treten Sie hinzu: